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Rocking Horse Road (German Edition)

Rocking Horse Road (German Edition)

Titel: Rocking Horse Road (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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erst mal ein ziemlich großes Loch. Es maß etwa zwei Meter in der Länge und Breite und war beinahe ebenso tief, mit senkrechten Wänden. Harte Arbeit. Als wir damit fertig waren, sammelten wir lange, dünne Stücke Treibholz und legten sie gitterförmig über das Loch. Mit den Spaten hackten wir Lupinen um und breiteten die Zweige über die Stöcke. Von der Milch der Lupinen wurden unsere Hände klebrig.
    Roy Moynahan hatte sogar daran gedacht, einen Köder mitzubringen. Seine Mutter hatte am Abend zuvor ein Huhn gebraten, und Roy hatte die Knochen dabei, in Zeitungspapier eingewickelt. Er packte sie aus und warf sie in das Loch. Dann verdeckten wir auch noch die letzte Lücke mit Lupinen.
    Am nächsten Morgen kamen wir vor der Schule zu unserer Falle. In der Nacht hatte es heftig geregnet, und der Sand war von einer dunklen Kruste überzogen, die unsere Schuhe durchbrachen. Wir dachten, der Regen habe jegliche Chance, etwas zu fangen, zunichte gemacht, doch schon von weitem sahen wir, daß die Stöcke und Lupinen eingestürzt waren. Als wir uns hinknieten und in das dunkle Loch schauten, erkannten wir zwei Dinge, die wir nicht erwartet hatten: Erstens war das Loch halb voll Wasser. Die Flut war hoch und hatte den Wasserspiegel über den Boden unseres Lochs angehoben. Das Meerwasser war durch den Sand aufgestiegen und hatte sich mit dem Regen vermischt. Und zweitens hatten wir einen kleinen braunweißen Hund gefangen, Al Penny zufolge einen Jack Russell. Der Leichnam des Hundes schwamm neben den Hühnerknochen auf dem Wasser, dessen Oberfläche von Fettschlieren bedeckt war.
    Ein größerer Hund hätte auf dem Boden des Loches stehen können und sein Kopf wäre über Wasser geblieben. Aber ein Jack Russell hat nun mal sehr kurze Beine. Man konnte die Kratzspuren an den Rändern des Loches sehen, er hatte verzweifelt versucht hochzuklettern. Doch der Sand gab nach und fiel auf ihn herunter. Irgendwann haben ihn dann wohl die Kräfte verlassen, und er ertrank.
    Al brachte die Frage auf, wie wir überhaupt wissen konnten, daß es dieser Hund war, der die Vögel getötet hatte. Tatsächlich hatten wir keine Ahnung. Vermutlich war er einfach nur das Haustier von irgend jemandem. Die Falle erschien uns nun als komplette Schnapsidee, gefährlich, unverantwortlich, kindisch gar.
    Mark Murray stieg ins Loch und fischte den toten Hund heraus. Seine Eltern hatten immer Hunde gehabt, und er war an sie gewöhnt; doch hatte er noch nie einen toten Hund hochgehoben, und er sagte, er sei überrascht, wie schwer er war. Mark legte das tote Tier auf ein Büschel Tussockgras, damit sich kein Sand in seinem Fell festsetzte. Die Beine waren steif und der Leib ganz hart, so als wäre das nie ein lebendiges Tier gewesen, sondern etwas, was jemand in seiner Garage aus Fiberglas zusammengeschustert hatte. Der Hund hatte einen bösen Gesichtsausdruck, seine Lefzen waren hochgezogen, und die glasigen Augen standen offen, so als hätte er den Tod mit seinem Blick bezwingen wollen.
    Natürlich schütteten wir das Loch zu, damit kein anderes Tier oder, schlimmer noch, ein Kind – hineinfallen konnte (warum hatten wir eigentlich daran nicht früher gedacht?). Diesmal hatten wir keine Schaufeln, darum mußten wir es mit den Händen machen, und das dauerte ganz schön lange. Dann begruben wir den Hund. Wir standen ums Grab herum und schwiegen betreten. Wir waren schon zu spät dran für die Schule, spürten aber, daß noch etwas gesagt oder getan werden sollte. Schließlich ergriff Roy Moynahan das Wort. Er sprach zu dem Hund, als könnte der uns noch hören, sagte, wie leid es uns tat, ihn getötet zu haben, und daß wir das nicht gewollt hatten. »Ich hoffe, es gibt einen Hundehimmel und du bekommst dort alles, was du dir immer gewünscht hast.« Dann stapften wir durch die Dünen zu unseren Fahrrädern und fuhren zur Schule.
    Etwa eine Woche später hing im Supermarkt ein handgemaltes Plakat mit einem Bild des Hundes, den wir ertränkt hatten. Er hieß Mac, und es sollte eine Belohnung geben, wenn man ihn heil zurückbrachte. Wir riefen die angegebene Nummer nicht an. Wie sollte man jemandem erklären, daß man seinen Hund in eine Falle gelockt und ertränkt hatte? Wir stimmten überein, daß es für Macs Besitzer besser war zu glauben, der Hund wäre einfach weggelaufen. Dann blieb ihnen immerhin die Hoffnung, das Tier hätte eine nette neue Familie gefunden. Die Eltern konnten ihren Kindern weismachen, daß Mac irgendwo ein gutes Leben

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