Rockoholic
Dabei sollte ich die Einzige sein, die so eins anhat!
18:09 Uhr
Ich spüre den letzten Curly Wurly in der Cargotasche meiner Hose. Diese Entdeckung hebt kurz meine Stimmung. Ich hole ihn raus und reiÃe oben das Papier ab, aber der Gestank meiner klebrigen Haare nimmt mir den Appetit und ich schiebe ihn zurück in meine Tasche.
18:23 Uhr
Eine Welle erwartungsvoller Erregung durchläuft meinen Körper, oder vielleicht ist es auch nur die Kälte. So langsam nähern wir uns der ganzen Sache. Die Schwarzhändler sind aufgetaucht. Kleine Männer mit Baseballkappen und weiÃen Turnschuhen gehen die Schlange auf und ab und rufen: »Regulator-Tickets. Kommt und holt euch euer Regulator-Ticket.« Alle zeigen ihnen die kalte Schulter. Leute in Anzügen und Röcken und Stöckelschuhen kommen klickerdieklack aus der Stadt. Ich schaue hinter mich auf die Schlange. Sie ist jetzt endlos lang. Da stehen bis weit hinten Hunderte von Leuten an.
Mac taucht in der Menge auf und bahnt sich einen Weg zu mir durch. Ich bin dermaÃen froh, ein vertrautes Gesicht zu sehen, dass ich am liebsten heulen würde. Das ist bestimmt die Anspannung, weil mir klar ist, dass ich knapp davorstehe reinzukommen.
Ihm fällt mein Geruch auf. »Himmel, wer hat denn da gekotzt?«
Ich nicke in Richtung Grüner-Blazer-Wichser, der ein Stück weiter hinten neben der Mauer liegt, die Arme über den Augen. Besagter grüner Blazer ist unter seinem Kopf zu einem Kissen zusammengeknüllt.
»Aber der Geruch kommt von dir«, sagt Mac und lacht. »Du stinkst. Hat er dich etwa vollgekotzt, oder was?«
»Ja. Und er hat einfach dagestanden und gelacht. Er ist allerdings ziemlich von der Rolle.«
Mac hört auf zu lachen. Ein Blitz der Erkenntnis zuckt über sein Gesicht. »Hattest du den iPod bei dir?«
Ich ziehe ihn aus meiner Tasche. »Alles schick, er hat nichts abgekriegt. Ich hatte ihn hier drin.«
Ohne ein Wort pflügt Mac durch den Menschenpulk, bis er bei Blazer-Boy ankommt, und zieht ihm mit einem Ruck den Blazer unter dem Kopf weg, so dass sein Schädel gegen die Mauer knallt.
»Hey!«
Mac springt auf die Mauer, beugt sich hinunter und packt den Jungen am T-Shirt. Er zerrt ihn hoch, schreckt vor seinem Atem zurück. Er verpasst ihm eins voll auf die Zwölf. Er ist echt groà und sieht fit aus im Vergleich zu Grüner Blazer, der ganz blass und schlaff wie eine Lumpenpuppe ist.
»Behalt deine Kotze für dich, klaro? Sonst wirst du das nächste Mal aus dieser Flasche nicht trinken, sondern man wird sie dir splitterweise rausziehen. Kapiert?«
Der Junge nickt und Mac schubst ihn weg. Er kommt zu mir zurück, das Gesicht angewidert verzogen, als hätte er gerade etwas total Versifftes angefasst.
»O Mann, warum hast du das gemacht?«, frage ich ihn.
Er zuckt mit den Achseln und zieht seine Handdesinfektionslösung aus der Jackentasche. »Weil duâs nicht gemacht hast.« Sein Gesicht ist hart, er wirft einen Blick zurück in Richtung Blazer-Boy und schüttelt den Kopf. Würde sich Mac jetzt nicht die Hände desinfizieren, wäre das ein ziemlich kerniger Auftritt gewesen. Er hält mir die Flasche hin.
Ich strecke meine Hände aus. »Das war ja ganz schön männlich.«
»Na ja, ich bin ein Mann, oder nicht?«, sagt er und kratzt sich mit einem schwarz lackierten Fingernagel an der Nase.
»Wie war eigentlich der Film?« Ein paar Sicherheitsleute sprechen hinter den offenen Fenstern der Konzerthalle in Funkgeräte. Gleich ist es so weit!
Mac schiebt seine Finger in die Hosentaschen. »Als ob dich das jetzt interessieren würde. Du bist doch das reinste Nervenbündel.«
»Ich kann nicht anders. Es ist kurz vor sieben. Wir werden gleich da reingelassen.«
»Muss sich anfühlen, als ob du gleich Freigang kriegst. Okay, viel SpaÃ. Ich seh dich später.«
»Okay. Danke«, rufe ich hinter ihm her, als er mit der Menge verschmilzt. Er sagt etwas und hebt die Hand, aber bevor ich ihn bitten kann es zu wiederholen, ist er verschwunden.
19:00 Uhr
Wir stehen zusammengequetscht an den Türen. Sie werden jetzt jede Sekunde aufmachen. Sicherheitsleute in gelben T-Shirts sind aufgetaucht und groÃe, fette, glatzköpfige Typen in schwarzen glänzenden Jacken bellen Anweisungen, dass wir nicht schubsen und nicht rennen sollen, sobald wir drin sind. Mein Handy vibriert in der Tasche.
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