Rockoholic
Speck-Sandwiches bereitgestellt und ich bringe sie hinaus zu Jackson. Er sagt kein Wort, sondern schlingt nur drei davon hinunter, eins nach dem anderen, und befingert dabei die ganze Zeit den Schlüssel an dem Band um seinen Hals. Er sinkt wieder zurück in meine Kissen und schläft ein. Ich lege ihm die Hand an die Stirn. Er fühlt sich heià an, darum ziehe ich den Stecker des Heizlüfters heraus und nehme ihm die Kapuze ab. Ich gehe zurück ins Haus und stelle eine kleine Beschäftigungskiste zusammen für später, wenn er aufgewacht ist â ein paar Stephen-King-Bücher, ein DIN-A4-Block und ein Federmäppchen, ein Reiseschachspiel und drei neue Tennisbälle aus Halleys Sporttasche.
Realitätsprüfung: Uaah! Was ⦠zum ⦠Teufel ⦠habe ⦠ich ⦠getan? Was werde ich tun, wenn Mum wieder nach Hause kommt? Wenn Halley nach Hause kommt? Ich muss mir schnell einen Plan überlegen. Ich schaue auf die Uhr â 9.20 Uhr. Ich müsste um zehn bei der Arbeit sein. Hmm, schwierig. Ich hatte gerade erst zwei Tage frei, einen für das Konzert, den hatte ich schon vor einer Ewigkeit klargemacht, und davor den für die Beerdigung.
Ich ziehe mir für die Arbeit ein frisches T-Shirt und eine saubere Jeans an, binde meine Etnies zu und gehe zurück in die Garage, um nachzusehen, ob Jackson vielleicht irgendwas braucht, bevor ich gehe. Der Gestank trifft mich wie ein Schlag, kaum dass ich die Tür geöffnet habe. Er hat sich übergeben. Ãberall ist Kotze. Und er ist von Kopf bis Fuà voll davon.
»Bööööörrrrgggggh. Böööööörggggh.« Hust, hust, hust. »Uäääh. Bööööööörrrrgh.« So geht das. Mehrere Male. Gefolgt von trockenem Würgen. Ich stehe einfach nur in der Tür und schaue zu.
Und dann fängt es an â¦
»Was zur Hölle war in diesen Sandwiches?«, schreit er und hustet dabei. Ich starre ihn an und frage mich, wie er sich innerhalb von zwanzig Minuten von einem friedlichen, engelsgleich schlummernden jungen Mann in einen krampfartig kotzenden Wahnsinnigen verwandeln konnte. »Welche Sorte â¦Â«, er erschauert, »â¦Â von Speck?« Hust, hust. Böööööörggggh.
»Keine Ahnung, Speck eben«, erwidere ich.
»Schweinespeck?«
»Nein, tibetischer Grunzochsen-Speck. Natürlich Schweinespeck.«
Von der Anstrengung des Würgens hängen ihm die Augen fast an Stielen aus den Höhlen. »Der war vergammelt.«
»Nein, war er nicht. Meine Mutter achtet peinlich genau auf die Haltbarkeitsdaten.« Und dann denke ich, vielleicht hat Mum den vegetarischen Speck gebraten. Wenn man kein Vegetarier ist, findet man das Zeug echt widerlich.
»Sieh mich an! Du hast mich vergiftet!«, faucht er und schält sich aus dem vollgekotzten schwarzen Langarmshirt meines Opas und knüllt es zusammen. Dann schleudert er es mir entgegen und mein sauberes Arbeitsshirt wird mit Sprenkseln von halb verdautem Sandwich bespritzt. Er hat auch auf die Picknickdecke gekotzt. Er zieht die nagelneue Jogginghose aus und steht wieder splitternackt vor mir und ich weià nicht, wo ich hinsehen soll. Er atmet aus, spuckt auf den Teppich, dann lässt er sich in die Kissen fallen und bedeckt seinen Schoà mit einem alten Argos-Katalog. Er richtet einen Finger auf mich, als wäre es ein Zauberstab, mit dem er mich gleich in eine Ratte verwandelt. »Falls du versuchst mich umzubringen, das wird nicht klappen. Ich bin immun gegen Gift. Ein Stalker hat das auch schon mal probiert.«
»Ich versuche dich nicht umzubringen«, rufe ich. »Meinst du nicht, das könnte eher an dem ganzen Zeug liegen, das du in den letzten vierundzwanzig Stunden geschluckt hast, dem Wodka und den Pillen und dem Flusswasser?«
Er guckt mich herablassend an und ich weiÃ, dass ihm die Argumente ausgegangen sind. Er verzieht das Gesicht, als hätte er einen richtig ekligen Geschmack auf der Zunge. »Bring mir meine blackberries und Wasser. In Flaschen, nicht den Scheià aus der Leitung.«
»Oh, dann flitze ich mal los und schöpfe einen Eimer aus unserem Bergbrunnen, wennâs recht ist?«, fauche ich. »Ich habe deine Blackberrys nicht und wir trinken kein Flaschenwasser. Mum findet, das ist rausgeschmissenes Geld. Und ich hab jetzt keine Zeit, das hier alles wegzuputzen. Ich muss zur
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