Rockoholic
Arbeit.«
»Dann geh halt zur Arbeit.« Er fängt an den Katalog durchzublättern, die Seiten mit den Gartenschläuchen, und tut so, als sei er brennend interessiert.
»Ich hole dir noch ein paar Anziehsachen von meinem Opa«, sage ich zögernd und frage mich, womit er mir als Nächstes kommen wird.
»Nein, ich will meine eigenen Klamotten.«
»Du kannst deine eigenen Klamotten aber nicht haben. Die sind in deinem Tourbus.«
»Dann dampf ab und schaff sie her.«
»Kann ich nicht.«
»Doch, kannst du. Wenn du mich unbemerkt aus einer Konzerthalle verschleppen kannst, dann kannst du mir auch meine Klamotten beschaffen.«
»Ich hab dir doch gesagt, wir sind nicht mehr in Cardiff. Wir sind noch nicht mal im Umkreis davon.«
»Nichts in England ist weiter entfernt als zwanzig Minuten, egal, wo man ist.«
»Wo hast du denn das gehört?«, frage ich spöttisch. Meine Augen sausen automatisch zu seinem Schoà hinunter, dann zurück zu seinem Gesicht, und dort versuche ich sie zu belassen. »Und auÃerdem liegt Cardiff in Wales. Das ist also gar nicht mehr England.«
»Tja, dann musst du eben zum Flughafen. Flieg nach Wales und hol mein Zeug.«
»Nee, man kann von hier aus nicht da hinfliegen. Wir könnten fahren, aber â¦Â«
»Also, wo ist dein Auto?«
»Das war nicht mein Auto. Das war Macs Auto.«
»Das war Macs Auto«, äfft er wimmernd meine Stimme nach. »Dann hol eben Macs Auto.«
»Kann ich nicht. Wir hatten Zoff.«
»Na schön«, sagt er und gibt sich endlich geschlagen. »Dann geh und kauf mir neue Klamotten. Ich will nicht die Sachen von irgendeinem alten Knacker anhaben.« Er lehnt sich mit dem Rücken an die Wand.
»Sprich nicht so von meinem Opa. Und überhaupt, Mum hat nur Sachen aufgehoben, die er nie angehabt hat.« Er sieht mich an und seufzt. »In der Stadt gibtâs einen Kingsbury. Da kann ich hingehen und dir was kaufen, wenn du willst.«
»Einen was?«, sagt er.
»Kingsbury. Das ist ein Supermarkt.«
»Nein. KLAMOTTEN«, schreit er. »Ich trage keine Supermarkt-Kacke. Dass ich alle meine Klamotten verloren habe, ist deine Schuld, also musst du sie mir ersetzen. Gucci-Anzüge, D&G-Shirts, Nappalederhosen â¦Â«
»Ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass man hier irgendwo Gucci kriegt. Mac hat eine Sonnenbrille von Gucci, aber die hat er online bestellt. Mittwochs ist da immer so ein Typ, unten bei den Markthallen, der verkauft Moochi. Er sagt, das ist ein Designer â¦Â«
»Wer zur Hölle ist Moochi? Das ist kein Designer, von dem ich jemals was gehört habe.«
»Keine Ahnung. Ich kenne mich mit Designern nicht aus.«
»Herrgott noch mal«, seufzt er und sein Blick wandert zu einem Kotzehaufen. »Das solltest du besser wegputzen, bevor die ganze Bude anfängt zu stinken. Und stell hier drinnen ein paar Blumen oder so was auf, der Gestank bleibt nämlich âne Weile in der Luft hängen. Mit Kotze kenn ich mich aus. Du weiÃt ja wohl, wo man frische Blumen herkriegt, oder?«
»Ja«, sage ich kleinlaut. Und dann zählt er an den Fingern ab, was er sonst noch alles haben möchte.
»Meine blackberries . Zigaretten. Marlboros, nicht die Lights. Einen Magermilch-Karamell-Macchiato ohne Sahne, mit einer SüÃstofftablette und einer kleinen Prise EiweiÃpulver. Und bring mir noch einen Teller mit frischem Obst, okay? Und gnade dir Gott, wenn da irgendwo âne braune Stelle dran ist. Ich esse kein Matschobst.« Er schlägt im Katalog die Schmuckseite auf.
Ich stehe da und glotze auf seinen Mund. »Ich habe keine Ahnung, was du da gerade gesagt hast.«
»Kaffee, verdammt noch mal. Wenn ich schon âne Weile in dieser stinkenden Höhle hausen soll, dann brauche ich eine Monsterdröhnung Kaffee.«
»Es gibt da ein kleines Café in der High Street, aber ich muss jetzt zur Arbeit. Ich kann dir einen Instantkaffee machen.«
Er sieht mich an, als hätte sich gerade jemand vor seinen Augen den Brustkorb geöffnet. »Instantkaffee? Ich trinke keinen Instantkaffee. Dann kann ich mir ja gleich âne Ladung Milzbrandbakterien durch die Kehle spülen.«
»Warum bist du bloà so?«, sage ich, bevor ich darüber nachdenken kann, warum ich diese Frage stelle.
»Wie denn?«, fragt er unschuldig und fährt dann mit seiner Liste von Forderungen
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