ROD - Die Autobiografie
Institutionen von Los Angeles tapern musste.
Mit Beginn der Achtzigerjahre musste ich mich an einer Vielzahl von Fronten musikalischen Herausforderungen stellen. Was die Musikkritiker anging, war ich ungefähr so willkommen wie ein Loch in einem Fallschirm. Der Rummel um »Da Ya Think I’m Sexy?« hatte bei den Musikschreibern die Überzeugung aufkommen lassen, dass mich glitzernde Discokugeln und der Hollywood-Lifestyle auf Abwege geführt hätten, von denen es kein Zurück mehr gab. Natürlich war das nur ein Popsong, aber wenn man zu dieser Zeit eine Musikzeitschrift las, musste man den Eindruck bekommen, ich hätte in einem unterentwickelten Teil der Welt eine Chemiefabrik eröffnet und würde das dortige Grundwasser verseuchen.
Was ich allerdings selbst eingestehen muss ist: Ich verlor wohl so zwischen 1979 und 1981 etwas den Überblick. Ich bin mir nicht ganz sicher, was die tatsächlichen Gründe dafür waren, aber ich vermute, dass zu viele lange Nächte, zu viele Partys, zu viel Alkohol und ein etwas zu großzügiger Umgang mit der einen oder anderen Nasenerfrischung ihren Teil dazu beigetragen haben. Eines der unübersehbaren Anzeichen dafür, dass etwas schieflief, waren zum Beispiel meine Verspätungen. Ich war vorher immer jemand gewesen, der auf pünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz bestand, und tue das bis heute. Aber in jenen Jahren Ende der Siebziger/Anfang der Achtziger wurden Aufnahmesessions in der Regel für zwei Uhr mittags anberaumt – und wenn ich dann tatsächlich gegen fünf auftauchte, empfand das die Band schon als Glücksfall. Es lief alles ein bisschen aus dem Ruder, und als ich mir schließlich irgendwann dessen bewusst wurde, war auch schon so einiges den Bach runtergegangen.
Wie ich dieses Verhalten damals vor mir hätte rechtfertigen können? Na ja, hätte ich wohl geantwortet, die Pflicht eines Rockstars besteht doch wohl darin, verdammt viel zu trinken, viel zu vögeln und sich generell danebenzubenehmen. Und der Tag habe eben nur eine begrenzte Anzahl von Stunden. Falls deswegen andere Aspekte meines Rockstar-Berufs – sagen wir mal Songschreiben oder Proben – für eine Weile in den Hintergrund treten müssten, wäre das eben unvermeidlich, denn wir alle hätten damit zu kämpfen, dass uns unser Arbeitsleben zu wenig Freizeit lässt.
Außerdem wäre ich zu jener Zeit niemals auf die Idee gekommen, dass der »Sich-wie-ein-Rockstar-verhalten«-Aspekt meines Rockstar-Daseins irgendwie unpassend war oder dass ich mich gar dafür entschuldigen müsste. Ganz im Gegenteil erschien es mir, dass man a) eine Menge Spaß dabei haben konnte und b) dass das genau der Grund war, weswegen man dieses Leben anstrebte. Darum ging es doch eigentlich. Wenn ich die Sache mit dem Trinken/Vögeln/Danebenbenehmen nicht als Teil meines Berufsbilds aufgefasst und nicht in diesen Bereichen mein Bestes gegeben hätte, hätte ich das Gefühl gehabt, die Werte dieser Zunft verraten zu haben.
Ist meinen Veröffentlichungen aus der Übergangsphase in die Achtziger meine etwas lockere Interpretation der Rolle als Sänger und Schallplattenkünstler anzuhören? Für die Beantwortung dieser Frage möchte ich euch bitten, eure eigenen Schlüsse zu ziehen. (Die betreffenden Veröffentlichungen sind im Foyer für jeden käuflich zu erwerben, falls jemand sie noch einmal einer kritischen Neubewertung unterziehen möchte.) Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass »Passion« vom Album Foolish Behaviour von allen Songs, die ich je geschrieben habe, derjenige ist, der meiner Mum am wenigsten gefiel. Mit anderen Worten: Es ist ein Song, den nicht mal eine Mutter lieben kann. Dabei war sie auf diesem Gebiet ziemlich loyal.
Sie war schon im hohen Alter, als ich sie einmal mit ins Wimbledon Theatre zu einem Auftritt von Max Bygraves mitnahm, den sie verehrte. Max war sogar so freundlich, sie vor seiner Show in ihrer Loge zu besuchen, und fragte: »Elsie, gibt es einen Song, den ich heute Abend für Sie singen soll?« Und meine Mum antwortete: »Können Sie ›Sailing‹ singen?«
Max Bygraves wirkte etwas angesäuert bei seinem Abgang.
Foolish Behaviour nahmen wir, wie die eine oder andere meiner Platten, in den Record Plant Studios in Los Angeles auf, die wir, auch das war typisch für die Zeit, für unsere Zwecke geblockt hatten. Zusätzlich stand uns ein anscheinend grenzenloses Budget der Plattenfirma zur Verfügung. Natürlich denkt man da sofort: Was soll die Hektik? Ist doch nicht mein Geld, das hier
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