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ROD - Die Autobiografie

ROD - Die Autobiografie

Titel: ROD - Die Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rod Stewart
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im Traum gekommen wäre, geschweige denn, dass ich sie mit meinen Fingern und meinem eigenen begrenzten Geklimper hätte nachspielen können. Martin, der in Sussex lebte, wohnte für die Dauer der Aufnahmesessions bei mir. Das Grundgerüst von »Maggie May« arbeiteten wir eines Abends im Wohnzimmer aus.
    Der gesamte Song war nach zwei Takes im Kasten – ohne Schlagzeugbecken. Als die Beatles »Please Please Me« eingespielt hatten, soll George Martin über die Sprechanlage in den Aufnahmeraum gesagt haben: »Herzlichen Glückwunsch, Jungs, ihr habt gerade eure erste Nummer eins aufgenommen.« Was ich wohl nach »Maggie May« gesagt habe? Vielleicht: »Fertig. Ist, glaube ich, ganz okay geworden. Will jemand ’nen Drink?«
    Ich meine, der Song ist schon ganz schön. Die Geschichte auch. Hübscher Mandolinen-Part, für den Ray Jackson von der Folk-Rock-Band Lindisfarne zuständig war – und Mandolinen bekommt man in einem Popsong nicht oft zu hören, aber ich habe diesen bestimmten Klang in der Folk Musik immer gemocht. Trotzdem war ich überhaupt nicht der Meinung, dass er zur Single taugte. Eigentlich hatte ich zuerst auch nicht vor, ihn mit aufs Album zu nehmen. Es gab ja überhaupt keinen Refrain, nur diese sich ewig hinziehenden Strophen. Und keine Hookline, die im Ohr hängen blieb. Wie konnte man denn auf eine Hit-Single hoffen bei einem Song, der nur aus Strophen bestand, keinen Refrain hatte und keine Hookline? Noch dazu war er richtig lang, mehr als fünf Minuten – für die Maßstäbe einer Pop-Single war das ja schon die reinste Opernarie. Letztendlich wurde »Maggie May« auf die B-Seite von »Reason To Believe« abgeschoben, da schien es mir gut aufgehoben. »Reason To Believe« hatte eher das Zeug dazu, im Radio gespielt zu werden.
    Und dann kommt da irgendein Radiomoderator bei einem amerikanischen Sender, angeblich in Cleveland, Ohio, und spielt »Maggie May« statt »Reason To Believe«. Entweder hat ihm der Song besser gefallen, oder er hatte die Single mit der falschen Seite aufgelegt. Spielt ja auch keine Rolle. Es dauerte nur ein paar Wochen, bis es ihm die Radioleute in den Staaten und Großbritannien gleichtaten und die Plattenfirma damit zwangen, »Maggie May« zur A-Seite zu ernennen.
    Ich hatte genug Bob Dylan gehört, um eigentlich wissen zu müssen, dass ein Song nicht unbedingt einen eingängigen Refrain in der Mitte brauchte, um bekannt zu werden: Auch für ausufernde und textlastige Lieder gab es einen Platz. Trotzdem hätte ich nie gedacht, dass etwas in der Geschichte, die der Text erzählt, an der Stimmung des Songs oder des Arrangements – wahrscheinlich eine Kombination aus allem – so den Nerv der Leute treffen würde. Den Nerv verdammt vieler Leute: Im Oktober 1971 stieg »Maggie May« auf Nummer 1 der UK-Charts. Und gleichzeitig auf den ersten Platz in den Staaten. Und als Folge der Begeisterung für »Maggie May« kletterte Every Picture Tells A Story sowohl in Großbritannien wie den USA auf Rang 1 der Album-Charts. Zu meiner eigenen geradezu schwindelerregenden Verblüffung – vom Stolz gar nicht zu reden – trugen auf einmal die meistverkaufte Single und das meistverkaufte Album meinen Namen, und das auf beiden Seiten des Atlantik. Es war, als ob alle Sterne auf einmal richtig standen. Das war niemandem zuvor gelungen, nicht einmal Elvis und auch den Beatles nicht.
    Schließlich verdrängte John Lennons Imagine das Album von der Spitze, doch die Woche darauf holte sich Every Picture den ersten Platz zurück. Das einzige Album, das sich 1971 besser verkaufte als Every Picture , war Bridge Over Troubled Water von Simon & Garfunkel. Und »Maggie May« wurde einzig und allein von George Harrisons »My Sweet Lord« überholt.
    Plötzlich wurde ich weltberühmt, und es regnete Geld. Wie ich wohl damit fertig werden würde? Ich hatte keine Ahnung, konnte es aber kaum erwarten, das herauszufinden.
    Den ersten drei folgten zwei weitere Langspielplatten für Mercury: Never A Dull Moment im Jahr 1972 und Smiler 1974. Es war eine hektische Zeit. Unglaublich hektisch. Man könnte sogar sagen: unvernünftig hektisch. Denn man darf dabei die winzige Kleinigkeit nicht aus dem Auge verlieren, dass ich während dieser ganzen Zeit auch noch in einer Band war. In einer ziemlich guten Band.

KAPITEL 9
    In welchem sich unser Held mit den ramponierten Überresten der Small Faces zusammentut und widerwillig lernen muss, wie gefährlich es sein kann, zwei Karrieren gleichzeitig zu verfolgen.

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