ROD - Die Autobiografie
es echt drauf, ein paar Minuten zu überbrücken oder etwas über den Song zu erzählen, bevor er ihn sang. Erst bei den Faces fing ich an, seine Lektionen ernsthaft in die Praxis umzusetzen.
Im März 1970 verließen wir Großbritannien, um achtunddreißig Termine einer Nordamerika-Tournee zu spielen, die mit der Veröffentlichung des First-Step -Albums zusammenfiel und in Toronto begann. Wie bei der Jeff Beck Group herrschte die einhellige Meinung, dass Großbritannien schwer zu knacken sei, Amerika einem dagegen weit offen stehe, sofern man bereit war, dafür zu arbeiten und große Entfernungen zurückzulegen. Es schien, als hätte man jenseits des Großen Teichs besonders viel Interesse an frechem, kraftvollem britischem Rock’n’Roll. Und auch diesmal lagen wir mit diesem Eindruck richtig. In Toronto spielten wir in der Varsity Arena als Vorprogramm der MC5 und Canned Heat und mussten uns nicht verstecken. Am nächsten Tag sollten wir nach Boston fliegen, um drei Abende im Boston Tea Party zu spielen, einer umgebauten Lagerhalle mit 1500 Plätzen an der Lansdowne Street und damals der angesagteste Rockclub der Stadt. Leider lag Boston im Nebel, sodass unser Flug gestrichen wurde. Billy Gaff erklärte uns, wir müssten den ersten Gig absagen, und buchte uns auf den einzigen Flug, den wir kriegen konnten, nur leider ging der nach New York. Da saßen wir alle im Flieger, etwas trübselig wegen des abgesagten Gigs, als wir die Stimme des Flugkapitäns aus den Lautsprechern hörten. »Es tut uns leid. Da New York im Nebel liegt, wird dieser Flug nach Boston umgelenkt.« Begeisterung! Das Schicksal schien auf unserer Seite zu sein.
In Boston war es arschkalt. Woody und ich kannten die Stadt schon und hatten schlauerweise Mäntel eingepackt. Für alle anderen aus der Band war es der erste Besuch in Amerika, und sie bibberten in ihren Jäckchen. Bis dahin waren sie Woodys und meinen Geschichten über das Touren in Amerika mit einem leicht trotzigen »Ja, ja« begegnet, jetzt hieß es: »Ihr hättet ja mal was sagen können!«
An diesem Nachmittag stellte Mac beim Soundcheck fest, dass seine Hammond-B3-Orgel aufgrund der unterschiedlichen Stromspannung in Amerika um fast (aber nicht ganz) einen vollen Ton verstimmt war. Das E vom Rest der Band war mehr oder weniger Macs F, und beim ersten Gig musste er die Songs während des Spielens transponieren. Trotzdem lag er nur fast richtig. Es war ein unglücklicher, misstönender Beginn, doch zum Glück schaffte Pete Buckland, unser Chef-Roadie, das Problem am zweiten Abend aus der Welt.
Besonders in Detroit mochte man uns. Bei diesem ersten Besuch spielten wir zwei Abende im Eastown Theater als Vorprogramm für Savoy Brown. Die Kids in Detroit hatten den Ruf, ein hartes Publikum in einer harten Stadt zu sein; wenn ihnen allerdings was gefiel, flippten sie richtig aus, und treue Seelen waren sie auch. Sie fuhren voll darauf ab, dass unsere Konzerte wie Partys waren, und als uns diese erste Tour für drei weitere Abende nach Detroit führte, kamen viele, um uns noch mal zu sehen. Im Laufe der folgenden fünf Jahre sollte das Eastown Theater für die Faces so etwas wie eine Heimat in der Fremde werden und gleichzeitig unser Versuchslabor. Es war auch der Ort, an dem David Ruffin von den Temptations, der uns mochte, manchmal auf die Bühne kam und »(I Know) I’m Losing You« sang – für mich als seinem großen Bewunderer war das eine Riesenehre.
Wohin wir auch kamen, fanden wir neue Fans. Diese erste Amerika-Tournee dauerte insgesamt zehn Wochen und schweißte die Band richtig zusammen, auf der Bühne und auch sonst. Im Sommer wieder nach England zurückzukehren, war nicht einfach – eine harte Landung. Nachdem man uns in den Staaten in großen, gut organisierten Konzerthallen gefeiert hatte, mussten wir uns mit dem verhältnismäßig geringen Interesse in Läden wie Cooks’s Ferry Inn im Londoner Stadtteil Edmonton begnügen. Das Publikum in unserer Heimat brauchte erheblich länger, mit uns warm zu werden. Für viele Leute waren wir nur besoffene Stricher und Cockney-Prolls. Andere waren misstrauisch, weil sie nicht genau wussten, was es mit uns und den Small Faces auf sich hatte, deren Chart-Hits in den Sechzigern bei manchem das Image einer »Teenieband« hinterlassen hatten.
Unter diesen Voraussetzungen gingen die Faces im Juni bei einem Open-Air-Konzert für den WWF im Dudley-Zoo in den West Midlands nach der Edgar Broughton Band auf die Bühne, die richtig gut
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