ROD - Die Autobiografie
einem Pimmel aufzuwerten. Auf dem Höhepunkt meiner Pimmel-Manie tauchte der kleine Freund regelmäßig in fremden Reisepässen auf. Aber auch beispielsweise erst kürzlich nach einem gemeinsamen Flug von Dublin nach London in den Pässen aller drei Mitglieder der Boyband McFly. »Was soll ich jetzt machen?«, rufen die Leute in ehrlicher Panik, wenn sie einen Kugelschreiber-Phallus auf der Fotoseite ihres offiziellen internationalen Reisedokuments finden.
Worauf wie eh und je die wirkungsvollste Antwort lautet: Stell dich blöd und sag, dein Dreijähriger hat es gemalt.
Abgesehen von den Kritzeleien und den Ruhestörungen litten die Beziehungen zwischen den Faces und ihren Hoteliers unter anderem unter unserer Angewohnheit, das gesamte Publikum nach der Show in unser Hotel einzuladen. Ich sprach die Einladung von der Bühne aus, erzählte allen, wo wir wohnten und in welchem Stock. Und als Resultat hatten wir manchmal buchstäblich Hunderte von Leuten draußen auf dem Flur, wobei ich hinzufügen sollte, dass die meisten sich ausgesprochen respektvoll benahmen. Manche brachten ihren eigenen Wein mit, und man konnte seine Zimmertür offen lassen, ohne dass am nächsten Morgen etwas fehlte. Allerdings lässt sich nicht bestreiten, dass im fortgeschritteneren Stadium dieser Abende hin und wieder nackte Menschen im Swimmingpool zu finden waren und es darüber hinaus oben in den Schlafzimmern durchaus zu sexuellen Handlungen kommen konnte. Als junger Mann lange Haare zu tragen, in einer Rockband zu spielen und Engländer zu sein war damals der Anziehungskraft auf junge Amerikanerinnen ausgesprochen förderlich. Keiner von uns war auf Tournee besonders treu. Wir redeten uns ein, dass wir nicht rumvögeln würden, wären wir nicht auf Tour. Ziemlich lausige Logik, aber so war das nun mal.
Einmal waren wir mit Deep Purple unterwegs, und ich verriet die Adresse von ihrem Hotel, nicht von unserem. Das kam nicht so gut an.
Natürlich waren solche Aktionen unter finanziellen Gesichtspunkten nicht gerade klug. Dauernd musste die Band größere Summen aufbringen, um die Manager demolierter Hotels zu beschwichtigen und zu verhindern, dass sie die Polizei einschalteten. Billy Gaff wurde beim Auschecken nicht gefragt: »Hatten Sie gestern Abend etwas aus der Minibar, Sir?«, sondern: »Hier ist Ihre Rechnung für die anstehenden Renovierungskosten im neunten Stock.« In Cleveland sah sich Gaff einmal einem zornigen Manager und dem örtlichen Sheriff gegenüber, die ihm den Weg versperrten. Er musste 5000 Dollar in bar springen lassen, damit sie ihn gehen ließen. Und das war nicht das einzige Mal.
Dieses Benehmen kostete unseren Tourneetross die Zusammenarbeit mit Holiday Inn. Nachdem ein Badezimmer zu viel unter Wasser gestanden hatte, setzte man uns schließlich auf die schwarze Liste und verbannte uns aus sämtlichen Holiday-Inn-Häusern – soweit ich weiß, waren wir die erste Rockband, der das passierte. Um das Hausverbot zu umgehen, fingen wir an, als Fleetwood Mac einzuchecken. Als das herauskam, nannten wir uns The Grateful Dead. Es gibt immer Möglichkeiten, solche Probleme zu umschiffen.
Kokain hatte ich vor meiner Zeit mit den Faces noch nie angerührt, doch auf Tournee in Amerika war das Zeug überall problemlos zu bekommen. Wir mochten es. In der Band wurde auch Dope geraucht, aber ich hatte Angst, dass meine Stimme dadurch Schaden nahm. Sehr selten kaute ich ein Stück Haschisch, als Mutprobe oder einfach, um mal mitzumachen. Kokain gefiel mir besser. Und in seiner reinen pharmazeutischen Form fanden wir Kokain am allerbesten.
Abgesehen von der unmittelbaren Euphorie, die es erzeugte, war das Gute an dieser Sorte Kokain, dass man – wie wir begeistert feststellten – trotzdem noch eine Erektion bekommen konnte. Bei anderem, weniger reinem Kokain von der Straße war es, als wollte man – wie man so sagt – ein Boot mit einer Leine rudern. Das richtig reine Zeug schien keinen unmittelbaren Nachteil zu haben. Mac hatte eine Plastiknelke im Knopfloch seines Bühnenjacketts, in die er vor der Show etwas Koks streute; so konnte er während des Gigs seine Nase hineinstecken und sich eine belebende Prise reinziehen. Wenn wir anderen kurz schniefen wollten, um in Schwung zu bleiben, mussten wir hinter die Verstärker treten. Es mag aus heutiger Sicht vielleicht seltsam klingen, dass uns die Kokserei ein so harmloses Vergnügen zu sein schien, fast wie ein Pennälerstreich. Und wirklich hatte das Vergnügen viel
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