ROD - Die Autobiografie
größer wurde. Unsere Beziehung war eigentlich bereits gescheitert, doch niemand hatte wirklich den Mut, den endgültigen Schlussstrich zu ziehen. Um 1974 herum bekamen wir uns zunehmend in die Haare – und immer häufiger endeten die Streitereien damit, dass Dee wütend aus dem Haus lief und zurück zu ihren Eltern fuhr. Prompt machte ich mir Vorwürfe und wollte sie zurückholen – und hatte doch immer Angst vor der klärenden Aussprache. Ich bat in solchen Fällen Micky Waller, meinen alten Kumpel aus den Jeff-Beck-Group-Tagen, bei ihr anzurufen und die Lage zu sondieren. »Wenn Rod anruft – würdest du mit ihm sprechen?« Und wenn sich die dickste Luft verzogen hatte, rief ich sie umgehend an, lud sie zum Lunch ins Pub in High Wycombe ein und flehte sie an, zurückzukommen. Und alles fing wieder von vorne an.
Während einer dieser Trennungsphasen – sechs Wochen in diesem Fall – besuchte ich eine Veranstaltung, bei der erfolgreiche Fußballspieler ausgezeichnet wurden, und lernte dort die Schauspielerin Joanna Lumley kennen. Das war noch zu einem Zeitpunkt, bevor sie mit der Neuauflage von Mit Schirm, Charme und Melone bekannt wurde – und all denen, die sie gerne zu meiner »endlosen Liste von Blondinen« hinzufügen möchten, sei gesagt, dass sie zum damaligen Zeitpunkt schwarze Haare hatte.
Sie war extrem gebildet und auch ein bisschen snobistisch. Ich erinnere mich, dass sie einmal von den »Tapisserien in unserem Familienbesitz« sprach und ich mich fragte, ob sie damit wohl banale Teppiche meinte – bis mir letztlich doch noch ein Licht aufging. Sie war mit Sicherheit nicht die erste Dame, die sich mit einem Rock’n’Roller abgab, der auf den ersten Blick wie ein räudiger Straßenköter wirkte. Derartige Herausforderungen habe ich eigentlich immer geschätzt. Irgendwie schien es zwischen uns beiden auch zu funken, und sollte je einmal unsere gesellschaftliche Herkunft thematisiert werden, hätte ich vielleicht die Gelegenheit, jenen Satz vom Stapel zu lassen, den ich für unschlagbar snobistisch hielt:
»Möchten Sie vielleicht übers Wochenende mit auf meine Jacht in Spanien kommen?«
In der Tat: Ich besaß eine Jacht. Es war ein 23 Meter langes, in Holland gebautes Boot mit Stahlrumpf, das ich auf den Namen The Gay Intruder getauft hatte. Zunächst ankerte es auf der Themse bei Richmond, und ich hielt es für eine großartige Idee, zur Jungfernfahrt meine Mum auf eine kleine Spritztour einzuladen. Ich fragte Cyril, meinen Chauffeur, ob er sich zutraue, das Boot zu manövrieren. »Klar kann ich das«, antwortete er. »Ich war schließlich bei der Marine.«
Wir gehen also an Bord und tuckern gemütlich die Themse hinauf, wobei sich Cyril als der geborene Kapitän erweist. Was gibt es Schöneres, als an einem warmen Sonntagnachmittag mit Mum über das Wasser zu gleiten und dazu einen gepflegten Wein zu trinken?
»Okay, Cyril«, sage ich nach einer Weile. »Wir sollten jetzt wohl besser umdrehen und zurückfahren.« Das Boot ist ganz schön lang, die Themse hingegen an dieser Stelle bereits ziemlich schmal. Cyril ist natürlich ein Meister der Navigation, manövriert das Boot genau quer zum Fluss und legt den Rückwärtsgang ein. Plötzlich hören wir das grässliche Geräusch von berstendem Holz: Wir haben mit dem Heck meiner schwimmenden Kaschemme eine kleine Flotille bunt bemalter Ruderboote zermalmt, die am Ufer vertäut waren.
Nach diesem kleinen Vorfall hielt ich es doch für sinnvoller, das Boot nach Puerto Banús in Spanien zu verlegen. Wie es der Zufall wollte, lebte im Ort ein Schotte – angeblich die Zuverlässigkeit in Person –, der in meiner Abwesenheit ein Auge auf das Boot werfen sollte. Vor meiner Anreise würde er dafür sorgen, dass die Jacht wieder startklar war – wie etwa vor dem Wochenende, an dem ich aufkreuzen würde, um bei Joanna Lumley Eindruck zu schinden.
Ein Wagen brachte uns zum Hafen, wo ich – leger in Leinen gekleidet, passend für ein Wochenende auf See – mit meiner Begleitung die letzten Meter zum Boot ging. Es war eine von mehreren sündhaft teuren Jachten, die dort an der Landungsbrücke in der Sonne glänzten, und voller Vorfreude zeigte ich Joanna, welches der Prachtstücke denn meines sei. Schließlich kamen wir am Boot an, und meine Begleitung warf einen ersten Blick auf das Deck.
Es sah aus, als habe jemand den Inhalt eines Abfallcontainers aus einem Restaurant gleichmäßig darauf verteilt. Wir standen bis zu den Knöcheln in
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