ROD - Die Autobiografie
erwähnen, dass Jugendstil eine wichtige Rolle spielte. Im Ankleidezimmer waren die Schranktüren aus Art-déco-Glas. Wir hatten eine Ledersofagarnitur, dazu Elefantenstoßzähne, einen Satz Silbertischchen und ein Paar lebensgroße Deko-Pelikane – nicht gerade bescheiden. Ich fand es toll, es war wie ein Traumpalast. Tony Toon bekam das Gästehaus im Garten. Britt, die Tonys Charme gegenüber genauso resistent zu sein schien wie Dee, bestand dar auf, dass er unser Haus nur auf Einladung betreten durfte. Trotzdem kam er morgens gelegentlich mit einer Zigarette im Mundwinkel in die Küche geschlurft, machte sich eine Tasse Tee und schlurfte wieder hinaus.
Und nahezu jeden Tag schien die Sonne. Das Exil offenbarte allmählich seine Vorzüge.
Weil Britts kleine Kinder häufig bei uns waren, blieben wir meist zu Hause, was wir sehr genossen. Wenn wir jedoch abends ausgingen, fiel die Wahl oft auf das Restaurant Le Dôme. Es war von Eddie Kerkhofs eröffnet worden, einem belgischen Gastronomen, der ein enger Freund werden sollte. Eddie war der Ansicht, er müsste es nur schaffen, dass regelmäßig Prominente in seinem Restaurant essen, das sei schon die halbe Miete, um den Laden wie eine angesagte Adresse wirken zu lassen. Also heckte er ein Eröffnungsangebot aus, bei dem jeder, der 3000 Dollar investierte, im Wert von 5000 Dollar speisen durfte. Er bot diesen Deal mir, Elton John, Dudley Moore, Olivia Newton-John, diversen Mitgliedern von Pink Floyd und anderen an, und bald versammelte er so einige Berühmtheiten um sich.
Damals war Le Dôme einer der wenigen Läden in L.A., die länger geöffnet hatten, bis ein oder zwei Uhr nachts. Und selbst danach war Eddie häufig nur zu gerne bereit, die Außenbeleuchtung auszuschalten, abzuschließen – und diejenigen bleiben zu lassen, die noch nicht nach Hause wollten. Die Räumlichkeiten besaßen außerdem praktischerweise einen Hinterausgang zum Parkplatz, sodass jeder, der völlig hinüber war oder jemanden mit nach Hause nahm, den er besser nicht mitnehmen sollte, das relativ diskret tun konnte.
Angesichts der Stammgäste und deren Vorlieben war es unvermeidbar, dass die unteren Toiletten im Le Dôme sehr schnell als eine Art Spielwiese für den Konsum stimmungsaufhellender Substanzen dienten sowie gelegentlich auch für sexuelle Tändeleien – sozusagen zwischenmahlzeitlicher Verkehr. Um zu veranschaulichen, wie wild es auf diesen stillen Örtchen zugehen konnte: Elton John bevorzugte es, die Behindertentoilette im oberen Stockwerk zu benutzen, da die untere mehr Rock’n’Roll bot, als er vertragen konnte. Selbst nach regelmäßigen Renovierungsaktionen blieb immer ein leichter Duft nach Kokain zurück. Und trotz allem war die Toilette lange Zeit mit einem Gentleman namens Gil besetzt, der ungeachtet der Ausschweifungen, die um ihn wüteten (oder gerade deswegen), still in seiner Ecke saß, in der Bibel las und einem auf dem Weg nach draußen ungerührt ein Handtuch anbot. Es fiel schwer, sich dabei nicht ein wenig schäbig vorzukommen.
Eines Abends saß ich mit den Spielern der Exiles (meiner Fußballmannschaft, dazu später mehr) an einem großen Tisch im Le Dôme, und Dudley versuchte, quer durch den überfüllten Raum meine Aufmerksamkeit zu erlangen, indem er ein Schweinekotelett in hohem Bogen in meine Richtung warf. Es folgte eine riesige Essensschlacht, womöglich die schlimmste, an der ich je teilgenommen habe – es hagelte Fleischklößchen und gemischtes Gemüse. Das brachte sogar den normalerweise so gleichmütigen Eddie aus der Fassung. Er bekam einen Anfall und erteilte uns beiden augenblicklich Hausverbot. Wir waren allerdings bald wieder zurück.
Mein Gott, was liebte ich meinen Job in jenen Tagen – und liebe ihn noch immer. Ich meine, wer würde das nicht tun? Ein Rockstar sein – das ist schon super. Vor allem Mitte der Siebziger. Das war gutes Timing – die Sechziger als Lehrjahre und der Durchbruch in den Siebzigern, als alles noch neu und überraschend war und es den Anschein hatte, dass man einen größtenteils unerschlossenen Weg beschritt. Ich liebte die damit verbundene Romantik und genauso die Ausschweifungen. Ich befand mich in einem Zustand ständigen Staunens, dass das Leben von jemandem mit einem ziemlich einfachen und bescheidenen Hintergrund plötzlich eine solch rasante Wendung nahm – in eine völlig außergewöhnliche und alles verändernde Richtung. Ich glaube, dieser Zustand der Verwunderung ist nie ganz gewichen. Er
Weitere Kostenlose Bücher