ROD - Die Autobiografie
noch groovt, weiß man, dass man auf dem richtigen Weg ist.
Vermisste ich Ronnie Wood, Micky Waller und meine alten Kumpel von den fünf Mercury-Alben? Nun ja, Woody war mit den Stones auf Tour, als Atlantic Crossing aufgenommen wurde, also hätte er sowieso nicht mitmachen können. Natürlich fehlte mir ihre Gesellschaft. Andererseits hatte sich Tom die Faces angehört und angedeutet, dass sie musikalisch nicht flexibel genug seien für das, was ihm vorschwebte. Und hier stand ich nun und sang mit den legendären R&B-Instrumentalisten, den MGs: mit Al Jackson, »Duck« Dunn, Steve Cropper und (bei einem Track, der es nicht aufs Album schaffte, ein Cover von »To Love Somebody« von den Bee Gees) mit Booker T. Das war ein ziemlich starker Trost. Ein Traum ging in Erfüllung.
Das Einzige, was diese Albumsessions überschattete, war, dass Alabama ein »trockener Staat« war, in dem man nur schwierig an Alkohol kommen konnte. Steve, Duck und ich hatten eine Flasche Rum im Holiday Inn, wo wir übernachteten. Wir mussten sie Tag für Tag strecken, und an dem Morgen, als Tom mich um zehn Uhr anrief, um mir zu sagen, dass ich kommen und »Sailing« singen solle, war kein Tropfen Alkohol mehr übrig. Ich geriet in Panik. Noch nie hatte ich ohne Drink etwas im Studio gesungen – geschweige denn eine solche Hymne. Und ich hatte noch nie so früh am Morgen gesungen, egal was und egal wo. Sechs oder sieben Anläufe später hatte ich es geschafft. »Sailing« aus der Feder von Gavin Sutherland wurde ein weiterer Riesenerfolg für mich – und in Großbritannien gleich zweimal zum Hit, zuerst 1975 und ein Jahr später, als es für die Titelmusik einer BBC-Dokumentarserie über das Leben in der Marine wiederbelebt wurde. Natürlich war ich, genau wie bei »Maggie May«, vehement dagegen, diesen Track als erste Single des Albums zu veröffentlichen. Ich hätte stattdessen »Three Time Loser« genommen. Und wieder wurde mir amüsanterweise bewiesen, dass ich total falschlag — und das gebe ich nur allzu gern zu.
Nach meinen Erfahrungen mit Tom war ich Feuer und Flamme, wieder ins Studio zu gehen. Sogar während ich Atlantic Crossing promotete, trug ich kleine Papierfetzen mit potenziellen Songtiteln für das neue Album mit mir herum. Anfang 1976 waren wir erneut zusammen im Studio, diesmal in Los Angeles, und saßen an A Night On The Town , mit dem Cover, das ich so hasste – das Foto von mir mit Strohhut auf dem Kopf und kristallenem Champagnerglas in der Hand. Jeder gab Britt die Schuld, was falsch war. Britt hatte mir zwar den Hut gekauft, und wenn ich ihn trug, sagte sie zweifellos das, was sie immer sagte: »Du siehst so was von hinreißend aus, Liebling.« Aber sie war nicht dafür verantwortlich, dass ich damit affektiert für ein Albumcover posierte und mich nicht einen Augenblick lang dagegen wehrte. Ich hätte jederzeit sagen können: »Wisst ihr was? Das ist das scheußlichste Cover, das ich je gesehen habe. Lasst uns was anderes machen.« Tat ich aber nicht. Ich weiß nicht, wie ich das unbeschadet überlebt habe. Jedes Mal, wenn mir jemand das Cover für ein Autogramm reicht, schaudere ich. Und nehme die Rückseite mit dem Pseudo-Renoir-Gemälde, das ist wenigstens ganz witzig.
Trotzdem möchte ich zu meiner Verteidigung vorbringen, dass ich es immerhin ziemlich schnell bereut habe. Als wir mit der Tournee zum Album loslegten, bestand ich drauf, dass das Artwork für die Tour-Plakate und die Backstage-Pässe für Band und Crew mit einem Bild von einer Faust versehen wurde, die durch einen Strohhut schlägt. Ein Ausdruck des Ekels gegenüber dem, was ich hatte geschehen lassen – und ein Versuch, deutlich zu machen: »Ich hab’s nicht so gemeint, ehrlich. Irgendwo tief hier drinnen bin ich immer noch der Alte.«
Ungeachtet der beschämenden Hülle jedoch ein gutes Album. Und das, obwohl meine Stimme sich bei den Albumsessions in Los Angeles verabschiedet hatte. Ich versuchte zu singen – es kam nichts Richtiges dabei raus: Das Kantige fehlte. Äußerst beunruhigend. Wir fragten uns, ob es mit dem Smog in L.A. zu tun haben könnte, was eine nette Strafe für mein Exil gewesen wäre. »Rod steht voll auf Hollywood – und Hollywood geht ihm voll auf die Stimme.« Die Aufnahmen wurden von den Cherokee-Studios in Hollywood ins Caribou Ranch in Colorado verlegt. Elton hatte dort aufgenommen, die Beach Boys auch, und es war wunderschön und ländlich gelegen in einer umgebauten Scheune hoch oben in den Rocky
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