ROD - Die Autobiografie
The Clash sangen: »No Elvis, Beatles or the Rolling Stones in 1977«. Das galt offensichtlich auch für mich.
Es war nicht gerade hilfreich, dass ich in einem Interview mit dem New Musical Express den Spruch fallen ließ, der mich noch einige Zeit verfolgen sollte: »Immerhin rieseln mir keine Sicherheitsnadeln aus den Klamotten.« Was reaktionär und hämisch klang – und durchaus so beabsichtigt war. Es stimmte ja auch: Während Punks zerrissene T-Shirts und Bondagehosen mit Barhandtuch-Flicken trugen, war ich gerade in meiner Rudolf-Nurejew-Phase – Haremshosen, Seidenslipper, Silberspangen um die Fesseln und eine kleine Schärpe um die Taille. Rückblickend wird mir klar, wie sehr das so einem Jungspund mit E-Gitarre und Punk-Attitüde auf den Wecker gegangen sein muss. Ziemlich bequem allerdings – muss ich schon sagen. Wenn möglich, sollte jeder Mann mal eine kurze Rudolf-Nurejew-Phase haben.
Außerdem fühlten sie sich wohl betrogen. Offenbar waren die Sex Pistols große Fans der Faces gewesen. Bei Bandproben spielten sie immer »Three Button Hand Me Down« – ein Song, den der alte Sack mit Ian McLagan geschrieben hatte. Die Pistols mochten die Publikumsnähe der Faces, dass jeder Auftritt als große Party verstanden wurde, die alle zusammen feierten – nicht wie die unnahbaren Stones beispielsweise, die ihr Publikum schon sehr früh auf Distanz hielten. Man hatte vielleicht das Gefühl, die Stones zu lieben, nicht aber sie zu kennen. Den Pistols war es zuwider, was letztendlich mit den Faces passiert und wie ich daraufhin zum Star geworden war. John Peel, der Radio-1-DJ, hatte dieselben Schwierigkeiten mit mir. Als ich berühmt wurde, meinte er, er sei enttäuscht. Er hatte das Gefühl, mich an den Ruhm verloren zu haben – unsere Wege hörten auf, sich zu kreuzen, nachdem ich nach L.A. gezogen war – und dass ich mich selbst an den Ruhm verloren hätte.
Doch alles wird größer. Es wächst auf eine Art und Weise, die man nicht immer unter Kontrolle hat. Die Konzerte werden größer – und wie man von allen Seiten hört, ist das ein Zeichen dafür, dass man es richtig macht. Sobald die Shows größer werden, steht man im ständigen Kampf, diese Nähe zum Publikum zu bewahren – ein Kampf, in dem ich mich im Großen und Ganzen ziemlich gut geschlagen habe, würde ich sagen. Ich glaube, mein Publikum hat das Gefühl, mich zu kennen, und ich glaube, mein Publikum liegt richtig damit.
Ein ebenso großer Kampf ist es, sich das Ausmaß seines Erfolgs nicht zu Kopf steigen zu lassen. Jeder, der im Musikgeschäft erfolgreich ist, verliert diesen Kampf von Zeit zu Zeit. Ich verlor ihn Mitte der Siebziger – wofür das Strohhut-Foto auf dem Cover von A Night On The Town ein erstklassiges Beweisstück darstellt. Selbst den Faces ging es am Ende so. Die Faces mögen zwar wie eine Bande von Kneipenbrüdern herumgeblödelt haben, aber glaubt mir, das Gezanke um Limousinen und Hotelzimmer, das unter den Bandmitgliedern schließlich ausbrach, stellte wahrscheinlich sogar die Eagles in den Schatten. Wenn der Veranstalter Ian McLagan nicht, wie vertraglich vereinbart, einen Steinway hinstellte, wartete Mac das Ende der Show ab – und zerlegte das stattdessen bereitgestellte Klavier. Erinnert euch das an irgendeinen bodenständigen Kneipenbruder in eurem Bekanntenkreis?
In gewisser Hinsicht bekamen Leute wie Elton und ich durch den Punk das, was wir verdienten – einen Tritt in den Hintern. In meinem Fall in einen Hintern in Haremshose. Ich kann nicht sagen, dass ich musikalisch gesehen etwas vom Punk gelernt hätte. Das, was ich gesehen und gehört habe, sprach mich kaum an. Ich mochte allerdings die Haltung – die »Steh auf und mach einfach«-Attitüde. Auf eine Art ähnelte das den Faces. Und die Musik? Eher weniger. Ich liebte noch immer die Musik, die ich seit jeher geliebt hab: Soul, Rhythm and Blues, Folk und dazu eine Prise Rock’n’Roll. Gleichzeitig war Punk eine Erinnerung an früher, ein Augenöffner. Auf einmal gab es eine Insel des Widerstands. Auf einmal war da eine Provokation: eine sehr öffentliche und obendrein sehr laute.
Ich traf eine Grundsatzentscheidung. Ich lief nicht weg, um mich zu verstecken. Im Juni 1977 brachte ich eine Doppel-A-Single heraus: »I Don’t Want To Talk About It« gepaart mit »The First Cut Is The Deepest«. Natürlich zwei Balladen. Die Single stand den gesamten Juni 1977 auf Platz 1 in Großbritannien. Und die Single, die von ihr auf Nummer 2 in Schach
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