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Römer im Schatten der Geschichte

Römer im Schatten der Geschichte

Titel: Römer im Schatten der Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Knapp
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bemerkenswert. Sehr viele Kinder starben im Alter von unter zehn Jahren; die Hälfte der Bevölkerung wurde nicht älter als zwanzig; die Lebenserwartung lag unter fünfzig – doch die »Normalität« des Todes im Licht der Statistik war ganz offenkundig kein Trost, die Menschen beklagten sie unaufhörlich. Es sollte allerdings nicht der Eindruck entstehen, und das gilt auch für die Probleme, die im Folgenden zur Sprache kommen, dass die Römer in ständiger Angst, hier vor dem Todesengel, jammerten und Trübsal bliesen. Aber der Tod war so nah, so unvorhersehbar und für die Lebenden ein so unbarmherziger Schlag, dass es nicht überrascht, wenn er ihre Gedanken beherrschte.
    Auch Krankheiten waren ein ständiger Gegenstand der Sorge. Trotz oder wegen der Qualität der damals verfügbaren pflanzlichen und medizinischen Heilmittel waren Krankheiten, die leicht zu empfindlicher Schwäche oder zum Tod führen konnten, eine permanente Bedrohung des Wohlbefindens.
    Beispiele für Krankheiten finden sich bei Artemidor ebenso häufig wie Verweise auf den Tod, und natürlich ist beides oft miteinander verknüpft:
     
    … vermag man aber nicht hinauszugehen oder findet man nicht den Ausgang in seinem Haus oder in dem, wo man sich aufzuhalten glaubt, so prophezeit das Leuten, die ein Reise planen, Hindernisse, denen, die etwas unternehmen wollen, Schwierigkeiten, einem Leidenden langwierige Krankheit und einem seit langem Bettlägrigen den Tod. (
Traumbuch
2,2)
     
    Auch im
Carmen
ist Krankheit als Schicksal präsent. Ein Beispiel:
     
    Steht Saturn im Quadrat des Mars, während Saturn im 10. Zeichen steht, wird der wenig medizinische Behandlung haben, sein Körper wird schwach sein und durch Fieber unaufhörlich von Krankheit betroffen, er wird zittern … (
Carmen
2,15)
     
    Oder:
     
    Wenn Saturn und Mars im selben Zeichen sind, und der Mond ist zwischen ihnen, dann wird dieses Landeskind ein Leprakranker sein, und Krätze und Juckreiz werden ihn befallen. (
Carmen
4,1)
     
    Zwar hatte der normale Römer sein Auskommen, doch beschäftigte ihn die Frage, ob ihm weiterer Besitz zufallen und sein Leben verbessern würde oder ob weniger Ertrag und damit die Gefährdung seiner Existenz in Aussicht stand. Die Bandbreite der Verdienstmöglichkeiten war natürlich beträchtlich. Artemidor führt die verschiedensten auf: vom Arbeiter, Seemann, Handwerker und Gastwirt bis zu Beschäftigungen, die wohl Händler und Großhändler bezeichnen.
    An oberster Stelle auf der Wunschliste stand finanzieller Erfolg. Wohl sagt Artemidor: »ein reicher Schatz … prophezeit Kummer und Sorgen« (
Traumbuch
2,59) und: »der Reiche muss großen Aufwand treiben und hat mit Anschlägen und Neid zu rechnen« (
Traumbuch
4,17), aber darin zeigt sich nur ein Stück Populärphilosophie oder der Mythos vom unglücklichenReichen, der bei den gewöhnlichen Menschen aller Jahrhunderte beliebt war. Schneller Reichtum war kaum zu erhoffen. Es gab nur wenig Gelegenheit, die eigene wirtschaftliche Lage mit einem Schlag erheblich zu verbessern. Aber wer hart arbeitete, konnte Erfolg haben; wie vielen das gelang, entzieht sich allerdings unserer Kenntnis. Artemidor erzählt vom Sohn eines Bauern, der es bis zum Schiffsherrn brachte und sogar zu denen gehörte, die sich »einen Namen gemacht haben« (
Traumbuch
5,74). Eine ähnliche Geschichte erzählt ein Bauer aus Maktar (Tunesien), der, aus ärmlichen Verhältnissen stammend, bis zum lokalen Magistraten aufstieg:
     
    Ich wurde in eine arme Familie geboren. Mein Vater hatte weder Besitz noch ein eigenes Haus. Seit dem Tag meiner Geburt habe ich immer mein Land bearbeitet; weder ich noch mein Land haben jemals geruht. Wenn die Erntezeit kam und das Korn reif war, war ich der Erste, der seine Halme schnitt. Wenn die Scharen der Erntearbeiter aufs Land kamen, die sich um Cirta herum verdingen, die Hauptstadt der Numidier, oder in der fruchtbaren Ebene des Jupiter, dann war ich der Erste, meine Felder zu ernten. Dann verließ ich mein Land und brachte zwölf Jahre lang unter brennender Sonne für andere Männer die Ernte ein. Elf Jahre führte ich eine Schar von Erntearbeitern an und erntete Getreide auf den Feldern der Numidier. Durch meine Arbeit und weil ich mit wenig auskam, wurde ich endlich Besitzer eines Hauses und Landguts. Heute entbehre ich nichts. Ich bin sogar zu Ehren gekommen: Ich wurde als Magistrat meiner Stadt registriert, und meine Kollegen haben mich gewählt, mich, der sein Leben als armer

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