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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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ihn zu
beruhigen.
    »Der
Venus-Wurf«, sagte Catull. »Alle vier Würfel
zeigen eine andere Augenzahl. Nicht die höchste Augenzahl,
aber die glücklichste. Warum, glaubst du, ist das
so?«
    »Weil Venus die
Abwechslung liebt?«
    »Genau wie
Lesbia. Außer wenn sie ihr eigen Fleisch und Blut
begehrt:
    Lesbius ist
schön; warum nicht ? Lesbia mag ihn lieber als dich, Catull,
samt deiner Sippe. Doch diese Schöne möge den Catull samt
seiner ganzen Sippe verkaufen, wenn er drei Bekannte findet, die
ihn küssen wollen!«
    *
    Ich lächelte und
nickte. »Clodius meinte, deine Gedichte wären besser als
die von Milos Leuten. Und gemeiner.«
    »Lesbius«,
beharrte Catull, »will mich mit solchem Lob
erniedrigen.«
    »Du wirst ja
immer redseliger.«
    »Aber ich bin so
durstig wie eh und je. Wo ist die Bedienung?« Er klopfte mit
seinem Becher auf die Bank, doch das Geräusch ging in dem
allgemeinen Radau unter.
    »Ich nehme an,
irgendwann wirst du sie doch Wiedersehen«, sagte
ich.
    Er stierte mich durch
den trüben Dunst an. »Das habe ich
schon.«
    »Ich meine, von
Angesicht zu Angesicht, um mit ihr zu reden.«
    »Ich habe heute
mit ihr gesprochen. Wir haben den Nachmittag zusammen
verbracht.«
    »Was?«
    »Heute morgen
habe ich schließlich an ihre Tür geklopft. Der alte
Sklave erklärte mir, sie wäre früh ausgegangen und
würde mit ihrer Tochter irgendeine Verwandte besuchen. Also
bin ich herumgelaufen und am Ende in den Bädern des Senia
gelandet. Es war reiner Zufall, daß ich dich dort getroffen
und dann diese lächerliche Jagd auf Caelius’ Freund
miterlebt habe. Was sollte das Ganze?«
    »Das
erzähle ich dir später. Sprich weiter über…
Lesbia.«
    »Ich habe die
Bäder schließlich wieder verlassen und bin zurück
zu ihrem Haus gegangen. Auf dem Weg habe ich ihre Sänfte vor
dem Haus eines Metelli stehen sehen. Sie kam gerade mit ihrer
Tochter aus der Tür. Bevor ich mich abwenden konnte, erkannte
sie mich. Es war schwer, ihren Gesichtsausdruck zu deuten. Aber das
war es schon immer. Ein Gesicht, das keinem anderen gleicht,
außer einem. Meinst du, Lesbia und Lesbius wissen die Miene
des anderen mit einem Blick zu deuten? So, als würden sie in
einen Spiegel blicken? Wir anderen können ihre Gesichter
stundenlang betrachten, ohne genau zu wissen, was in ihrem Inneren
vorgeht. Es hat etwas mit ihren Augen zu tun - wie ein Gesicht in
einer fremden Sprache. Aber perfekter als jedes Gedicht. Und
schmerzhafter. 
    Sie lud mich in ihre
Sänfte ein. ›Wohin?‹ fragte ich. »Nach
Hause. Ich erwarte einen Mann, der mir Neuigkeiten bringen
soll‹, sagte sie. Damit meinte sie vermutlich dich.
›Wenn noch jemand da ist, will ich nicht
mitkommen‹, erklärte ich. Sie sah mich lange wortlos
an, bevor sie schließlich meinte: ›Metella kann noch
eine Weile bei ihren Vettern und Basen bleiben. Wir beide gehen in
die horti.‹
    Das war natürlich
ein Fehler. An einem warmen Tag wie heute, wenn all die nackten
Kröten im Wasser herumhüpfen und sie lüstern
anstarren, während Lesbia zurückstarrt. Hat sie nur mit
ihnen geflirtet, um mich zu verletzen? Wenigstens war Chrysis nicht
da, um die niedlichste Kröte in ihr Zelt zu holen, eigentlich
ihr übliches Spiel. Sie hat mich zu ihrer bevorstehenden
Gesellschaft eingeladen. Sie war sehr höflich. ›Deine
Reise muß dich zu neuen Gedichten inspiriert haben, die du
uns vortragen kannst.‹ Als ob ich ein flüchtiger
Bekannter wäre, den sie auffordert, ihre Verehrer zu
unterhalten. Weißt du was?« Er lächelte grimmig.
»Zufällig habe ich wirklich ein neues Gedicht, und ich
werde es auf ihrem Fest vortragen. Etwas dem Feiertag der
Großen Mutter Angemessenes. Ich nehme an, du kommst
auch.«
    »Ich? Ich bin
nicht eingeladen worden. Seltsam, nicht wahr, wenn man bedenkt,
daß ich ihr neuer Liebhaber bin und so
weiter.«
    »Neck mich
nicht, Sucher. Ich bin für einen Tag genug gehänselt
worden. Bei Sonnenuntergang beschloß sie, daß es Zeit
wäre, die horti zu verlassen, gerade als ich so weit war, ihr
endlich zu sagen, was ich ihr unbedingt sagen wollte. Sie
müsse Metella abholen, meinte sie, und würde am Abend
ihren Bruder erwarten. ›Du kannst gerne mitkommen‹,
sagte sie - als ob ich beide gleichzeitig ertragen könnte. Ich
habe ihr erklärt, daß ich allein in die Stadt
zurücklaufen würde.«
    »Doch dann bist
du doch wieder vor ihrer Tür gelandet.«
    »Wie eine Motte
beim Licht, nur daß diese Flamme einen nicht verbrennt,
sondern erfrieren läßt.«
    Wie

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