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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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ziemlich rauher Burschen versammelt, die mit
den traditionellen Knöcheln würfelten, hergestellt aus
den rechteckigen Sprungbeinen von Schafen, auf deren vier
Längsseiten die Zahlen I, II, III und IV gemalt waren. Die
Männer gaben die Würfel abwechselnd in einen Becher,
schüttelten ihn, riefen den Namen einer Gottheit oder ihrer
Geliebten und warfen sie auf den Tisch. Ein Schiedsrichter wertete
die Zahlenkombination aus und gab den Namen des Wurfes lauthals
bekannt, was jeweils mit begeisterten oder zornigen Rufen quittiert
wurde.
    »Als ich jung
war, wurden die Gesetze gegen das Glücksspiel noch strenger
kontrolliert«, sagte ich, »außer an den
Saturnalien natürlich.«
    »Hier sind immer
Saturnalien«, meinte Catull trocken.
    »Herkules!« rief einer
der Spieler. Knöchel klapperten im Becher. »Ein
Stier!« verkündete der Schiedsrichter - drei Einser und
eine Sechs.
    Der nächste
Spieler rief den Namen einer Frau und warf die Würfel.
»Hunde!« schrie der Schiedsrichter. »Vier
Einser - schlechter geht es
nicht!« Der Spieler stöhnte über so viel Pech und
verfluchte die Geliebte, die er als Glücksbringerin angerufen
hatte.
    Catull stierte mit
schweren Lidern in die Menge. Die Luft war so dick, daß ich
die Gesichter kaum ausmachen, geschweige denn erkennen konnte.
»Du wolltest reden«, sagte ich.
    »Ich habe meine
Zunge verschluckt. Ich will mehr Wein.«
    »Dann werde ich
reden. Bist du mir vor zwei Nächten die Rampe hinauf
gefolgt?«
    »Ja.«
    »Wer hat dich
geschickt?«
    »Niemand.«
    »Warum bist du
mir dann gefolgt?«
    »Ich bin dir
schon vorher gefolgt. Vielleicht bist du doch nicht so schlau, wie
du denkst. Ich war vor ihrem Haus, als du sie an jenem Nachmittag
zusammen mit Trygonion besucht hast. Ich war gerade nach Rom
zurückgekehrt.«
    »Du bist gleich
nach deiner Rückkehr zu Clodias Haus
gegangen?«
    Er legte einen Finger
auf seine Lippen. »Nenne sie an diesem Ort lieber
Lesbia.«
    »Warum?«
    »Es ist mein
geheimer Name für sie. In Gedichten. Oder an Orten wie
diesem.«
    »Warum
›Lesbia‹?«
    »Lesbos war die
Insel der Sappho, die die Liebe besser verstanden hat als irgendein
Dichter vor oder nach ihr. Und Homer nennt die Frauen von Lesbos
›die schönsten Frauen der
Welt‹.«
    »War Homer nicht
blind?«
    Er warf mir einen
säuerlichen Blick zu. »Es ist Agamemnon, der diesen Vers
spricht.«
    »Also gut:
Lesbia. Hat man dir, als du an jenem Tag zu Lesbias Haus gekommen
bist, nicht gesagt, daß sie ausgegangen
war?«
    »Nein. Ich habe
nicht an die Tür geklopft. Ich habe gewartet und alles
beobachtet. Ich war noch nicht bereit, sie wiederzusehen, nicht von
Angesicht zu Angesicht.«
    »Von wo aus hast
du alles beobachtet? Die Straße ist eine
Sackgasse.«   
    »Es gibt genug
Hauseingänge, in denen man sich verstecken kann. Dann kamst du
mit deinem Leibwächter und dem kleinen Galloi vorbei. Ich war
nahe genug, um das Wort horti zu verstehen, also bin ich euch
gefolgt. Was habt ihr beide allein in ihrem Zelt
getrieben?«
    »Ich glaube
nicht, daß dich das etwas angeht.«
    »Oder, um
genauer zu sein, was habt ihr drei getrieben, nachdem Lesbius sich,
nackt und tropfnaß aus dem Fluß kommend, zu euch
gesellt hat?«
    »Lesbius?«
    »Du weißt
schon, wen ich meine.«
    »Du hast ihn das
Zelt betreten sehen?«
    »Ich habe mich
bei den Bäumen und Sträuchern am Ufer versteckt.«
Er grinste freudlos. »Du mußt mich für einen
kompletten Idioten halten.«
    »Bist du mir
gefolgt, als ich gegangen bin?«
    »Den ganzen Weg
bis zu deinem Haus, dann zu dem anderen Haus in der Subura und
zurück. Bis zur Rampe hast du es gar nicht bemerkt, oder? Dann
habt ihr mir oben auf dem Berg eine Falle gestellt, du und dein
Leibwächter, also bin ich abgehauen. Ich dachte, wenn du bist
wie die anderen Halbwelttypen, die sie sich als Liebhaber nimmt,
könnte es ziemlich gefährlich werden.«
    »Ich habe dir
doch schon gesagt, daß ich nicht ihr Liebhaber bin. Nur ihr
›Mietling‹ wie Clodius mich nennt.«
    »Lesbius!«
verbesserte er. Der billige Wein begann seine Wirkung zu tun.
»Wie dem auch sei, du könntest ihr Liebhaber und ihr
›Mietling‹ sein. Sie steht weit über
deinesgleichen, aber für die Liebe hat sie sich
bekanntermaßen schon zu einigem
herabgelassen.«     
    »Der
Venus-Wurf!« rief der Schiedsrichter und löste am
Nebentisch einen Tumult aus. Jemand hämmerte mit der Faust auf
den Tisch, daß die Würfel sprangen, und brüllte
etwas von Betrug. Die anderen bemühten sich,

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