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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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aus dem Nichts
tauchte ein Sklave auf und goß auf Catulls Drängen neuen
Wein in unsere Becher. Ich probierte und war versucht, ihn wieder
auszuspucken, doch Catull trank klaglos.
    »Was genau ist
denn nun heute in den Bädern des Senia vorgefallen?«
fragte er. »Als ich Lesbia in den horti erklärte, ich
wäre in den Bädern des Senia gewesen, war sie auf einmal
sehr interessiert und drängte mich, alles zu schildern, was
ich von der lächerlichen Jagd gesehen hatte. Sie wußte,
worum es ging, nicht wahr? Aber sie war genauso verschlossen wie
du.«
    Kein Wunder, daß
Clodia sich nicht die Mühe gemacht hatte, mich zu wecken, als
sie heimgekommen war. Von Catull und Barnabas hatte sie
wahrscheinlich mehr als genügend Einzelheiten über die
mißglückte Ergreifung von Licinius gehört. Oder
hatte sie die Begegnung mit ihrem Bruder so sehnsüchtig
erwartet, daß sie sich nicht mehr mit dem Bericht eines
›Miedings‹ abgeben wollte?
    »Du hast von den
Vorwürfen gegen Marcus Caelius gehört?« fragte
ich.
    »Seit ich wieder
in Rom bin, habe ich nichts anderes gehört. Man sagt, diesmal
stecke er bis zum Hals im Dreck.«
    »Deine Lesbia
und ihr Lesbius haben auf seiten der Anklage die Hand im Spiel.
Nicht offiziell, aber sie sind eifrig bemüht, Beweise wegen
versuchten Mordes gegen ihn zusammenzutragen. «
    »Das habe ich
gehört. Hat sie dich deshalb engagiert?«
    »Ja.«
    »So weit ist es
also gekommen zwischen ihr und Caelius. Ich habe sie beide geliebt.
Die glitzernde Venus der römischen Gesellschaft und den
trotzigen Adonis. Wer wäre überrascht gewesen, daß
sie einander liebten und den Bauerntrottel aus Verona aus ihren
Betten verstießen? Die beiden zusammen, ohne mich - das war
mehr, als ich ertragen konnte.« Unter dem Einfluß des
Weines hatte er ein wenig zu lallen begonnen. »Es war besser,
als ihr Mann noch lebte. Der gute Quintus Metellus Celer, der
zähe alte Bock. Damals war sie mir noch treu! Doch nach Celers
Tod wurde sie die Frau von jedem, den sie wollte. Doch selbst das
war noch besser, als daß sie sich einen neuen Liebling
auserkor und mich gänzlich ausschloß. Doch dann
entschied sie sich für Caelius, und ich war nur einer aus der
Heerschar ihrer abgelegten Liebhaber. Diese Taverne ist voll von
solchen erbärmlichen Kreaturen. Ich könnte dir ein
Dutzend Männer zeigen, die sie gehabt hat. Ich dachte, ein
Jahr weit weg von Rom würde den Schmerz lindern. Doch die
Wunde blutet noch immer, und ich verzehre mich nach wie vor nach
dem Messer, das sie gerissen hat.«
    »Sie liebt
Caelius nicht mehr«, sagte ich. »Soweit ich weiß,
hat er sie zurückgewiesen. Sie ist verbittert, und sie ist
entschlossen, ihn zu vernichten, sie ist geradezu besessen von
dieser Vorstellung, wenn dir das ein Trost ist.«
    »Ein Trost? Zu
wissen, daß ein anderer Mann wirklich zu ihr vorgedrungen
ist, daß sie für ihn genug empfindet, um Schmerz zu
fühlen, daß er sie so hat leiden lassen, daß sie
ihn vernichten will? Mich hat sie mit einem Achselzucken entlassen
- wie einen Niemand! Dann verläßt Caelius sie, und sie
spielt verrückt. Wie soll mich das
trösten?«
    »Der Wunsch, den
anderen zu vernichten, beruht offenbar auf Gegenseitigkeit,
zumindest laut Lesbia. Darum ging es auch bei dem Zwischenfall in
den Bädern. Caelius’ Freund Licinius war dort, um einem
ihrer Sklaven Gift zu überbringen, weil Caelius glaubte, er
könnte sie bestechen, ihre Herrin zu
ermorden.«
    »Clodia
ermorden?« Catull war so überrascht oder betrunken,
daß er das Pseudonym vergaß. »Nein, das
würde Caelius nie tun. Das glaube ich nicht.«
    »Sie behauptet,
er habe das Gift zunächst an einem Sklaven ausprobiert und
zugesehen, wie jener vor seinen Augen starb.«
    »Das kann ich
einfach nicht glauben. Ja, Caelius könnte ohne jeden Anflug
eines schlechten Gewissens einen Sklaven töten. Aber ich kann
mir nicht vorstellen, daß er dasselbe Gift auch gegen sie
verwenden wollte.«
    »Nicht einmal
aus Verzweiflung? Die Vorwürfe gegen ihn sind nicht so leicht
von der Hand zu weisen. Wenn er schuldig gesprochen wird, ist er
für immer erledigt. Ruiniert müßte er Rom
verlassen.«   
    »Rom verlassen -
dieses traurige Gefühl kenne ich.« Catull starrte in
seinen Becher.
    »Glaubst du
nicht, Caelius würde deine Lesbia vernichten, um sich selbst
zu retten?«
    »Lesbia
vernichten? Nein, nicht sie. Nie.«
    »Vielleicht hat
er sie nie so geliebt wie du.«
    »Keiner von
ihnen hat sie so geliebt wie ich.« Catull stierte in

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