Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
Vom Netzwerk:
verabreicht hat, hat sehr schnell gewirkt.
Das hast du mir selbst erzählt, und ich nehme an, deine Spione
haben dich genau unterrichtet. Der Sklave verendete
erbärmlich, während Caelius zusah. ›Es hat nur
wenige Augenblicke gedauert‹, hast du gesagt. Das kann nicht
dasselbe Gift gewesen sein. Die Mauretanier sagen, ›das Haar
der Gorgonen ‹ wäre wie eine ›im Bauch
zusammengerollte Schlange‹. Wenn man es zu sich genommen
hat, braucht es seine Zeit, bevor es zuschlägt. Eine Zeitang
spürt das Opfer nichts von der Vergiftung, bevor dann
urplötzlich die Symptome auftreten. Du hast gesagt, du
hättest das Pulver am Morgen probiert, aber erst mittags die
Wirkung gespürt. Das klingt kaum wie Caelius’
»schnell wirkendes«
Gift.«   
    »Na und? Dann
hat er eben ein anderes Gift verwendet.«
    »Mag sein. Wenn
ich darf, würde ich die Reste dieses Gifts gern mit nach Hause
nehmen. Wenn ich mich recht entsinne, habe ich zufällig noch
ein wenig ›Haar der Gorgonen‹ im Haus, verschlossen
in einer Schatulle, in der ich solche Dinge aufbewahre.« Eco
hatte das Zeug vor Monaten von einem Mann bekommen, dessen Frau
versucht hatte, ihn zu vergiften, und es mir zur sicheren
Verwahrung gegeben, weil er wegen der Zwillinge kein Gift in seinem
Haus aufbewahren will. »Ich würde das Pulver gern mit
der Probe vergleichen, die ich zu Hause habe -«
    Clodia zögerte.
»Aber du mußt es mir auch bestimmt
zurückgeben«, flüsterte sie und schloß die
Augen. »Es ist Beweismaterial gegen
Caelius.«     
    Das Gespräch
schien beendet zu sein. Clodia wand sich auf ihrem Bett. Chrysis
wand sich an ihrem Seil. Doch dann beugte Trygonion sich vor und
flüsterte Clodia ins Ohr: »Die andere
Dose.«
    Sie runzelte die
Stirn.
    »Herrin, die
andere Dose«, wiederholte er.
    Die Grimasse, die sie
zog, rührte augenscheinlich nicht von körperlichen
Schmerzen her. »Ja, zeig sie ihm. Laß ihn selbst
sehen.«
    Trygonion nahm mir die
Dose mit dem Gift ab, ging zu dem kleinen Schminktisch und kehrte
mit einer anderen Pyxis zurück, mit spitzen Fingern, die Nase
gekräuselt und den Arm ausgestreckt, als wollte er das Objekt
möglichst weit von sich entfernt wissen. Ich erkannte sie
sofort.
    »Es ist dieselbe
Pyxis, die Licinius in den Bädern des Senia bei sich
hatte«, sagte ich.
    »Bist du
sicher?« flüsterte Clodia.
    »Bronze mit
erhöhten Griffen und Intarsien aus Elfenbein. Genau
dieselbe.«
    »Dieses
Ungeheuer!« sagte Trygonion und drückte mir das
Döschen in die Hand. »Los, schau
hinein.«
    »Es ist heute
morgen gekommen«, sagte Clodia. »Ein Bote hat es vor
der Haustür hinterlegt. Was hat er sich dabei gedacht? Wollte
er mich mit diesem obszönen Scherz quälen, während
ich mit dem Tode rang?« Sie zog zitternd die Luft ein und
begann zu schluchzen.
    Ich nahm Trygonion das
winzige Behältnis ab und klappte es auf. Es enthielt eine
perlenfarbig oszillierende Flüssigkeit, vielleicht eine
Tinktur oder Salbe, dachte ich. Ich berührte sie mit dem
Finger und zuckte so heftig zurück, daß ich die Dose
fallen ließ und der Inhalt sich auf den Fußboden
ergoß. Trygonion starrte mit angewiderter Faszination auf die
kleinen Kugeln klumpigen Spermas.
    »Der verdammte
Mistkerl!« Clodia schlug auf dem Bett wie wild um sich.
Trygonion eilte zu ihr. Ich wich zurück, stieß gegen den
Schminktisch, fuhr herum und starrte blind auf die Salben und
Zaubertränke. Unter ihnen fiel mir eine kleine Statue von
Attis auf, dem kastrierten Begleiter der Kybele, die den
Skulpturen, die ich im Zimmer von Lucius Lucceius’ Frau
gesehen hatte, zum Verwechseln ähnlich sah. Der blasse Schein
der Lampen fiel auf seine rote Mütze und sein erhabenes
Lächeln.
    Clodia fluchte und
stöhnte weiter, während sich Trygonion über sie
beugte. Die Pyxis lag auf dem Boden, ihr verspritzter Inhalt
glitzerte im matten Licht.
    Ich wich erneut
zurück. Eine der Lampen begann zu zischen, und der Raum wurde
noch dunkler. Ich stieß gegen etwas Festes, das trotzdem
nachgab. Hinter mir knackte das Seil, und ich hörte ein
Wimmern. Erschreckt wurde mir klar, daß ich mit
Chrysis’ herabhängendem Körper
zusammengestoßen war. Auf dem Kopf stehend wirkten ihre weit
aufgerissenen Augen und ihre Nüstern so grotesk, daß ihr
Gesicht nicht mehr dem eines Menschen ähnelte. Ihre Lippen
bewegten sich. Ich beugte mich herab und versuchte zu verstehen,
was sie sagte, doch ihr Flüstern wurde von Clodias
schluchzendem Schrei übertönt.
    »Bestraft sie!
Bestraft

Weitere Kostenlose Bücher