Römischer Lorbeer
murmelnder
Sklaven. Sie machten Trygonion Platz, der mich durch den Vorhang in
das dahinterliegende Zimmer
zerrte.
Draußen schien
hell die Sonne, doch in diesem Raum hätte es genausogut
Mitternacht sein können. Türen und Fenster waren mit
schweren Stoffen verhängt. Das einzige Licht stammte von
einigen schwach brennenden Lampen.
Nachdem sich meine
Augen ein wenig an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich
Clodia auf einem Schlafsofa mit kunstvoll geschnitzten Beinen aus
Elfenbein und weichen Polstern ruhen. Sie war mit einer Wolldecke
zugedeckt. In dem dämmrigen Licht sahen ihr Gesicht und ihre
Hände blaß und wächsern aus.
»Trygonion?« flüsterte sie.
»Herrin!«
rief er, als wäre er ihr Sklave. Er stürzte an ihre Seite
und ergriff ihre Hand. »Ich bin so schnell
zurückgekommen, wie ich konnte.«
»Ist Gordianus
bei dir?«
»Ja. Bitte spare
deinen Atem.«
»Warum? Meinst
du, ich hätte nur noch so wenig übrig?« Sie lachte
matt. »Trygonion glaubt, ich würde sterben«, sagte
sie und richtete ihre glänzenden Augen auf mich.
»Was ist
geschehen, Clodia?«
»Es muß
wohl etwas gewesen sein, was ich gegessen habe.« Sie
krümmte sich und verzog das Gesicht.
»Hast du einen
Arzt rufen lassen?«
»Mein Bruder
kennt einen äußerst kundigen Heiler, der
zufälligerweise auch eine Menge über Gifte weiß.
Publius hat allen Grund, sich wegen Gift Sorgen zu machen, wie du
dir vorstellen kannst. Der Arzt ist gekommen, als Trygonion weg
war. Ich nehme an, er wartet jetzt vor der Tür; ich konnte es
nicht ertragen, im selben Zimmer mit ihm zu sein.«
»Was hat er
gesagt?« fragte Trygonion entsetzt.
»Er sagte:
›Ich denke, es muß etwas gewesen sein, was du gegessen
hast.‹« Sie lächelte schwach. »Er wollte
wissen, wieviel ich von dem Pulver geschluckt hätte und wann.
Ich habe ihm erklärt, daß ich es heute am frühen
Morgen zu mir genommen, doch erst gegen Mittag die Wirkung
gespürt hätte. Er sagt, ich hätte großes
Glück gehabt, nur so wenig davon zu essen. Auch so
-«
»Welches
Pulver?« fragte ich.
»Hat Trygonion
dir das nicht erzählt?« fragte sie. »Stell dir das
vor! Wie oft bin ich morgens schon vor dem Frühstück in
der Küche gewesen? Noch nie. Aber heute bin ich aus
irgendeinem Grund früh aufgewacht und hatte Hunger. Ich rief
nach Chrysis, doch sie kam nicht, also ging ich selbst in die
Küche. Du hättest Chrysis zusammenzucken sehen sollen,
als ich den Raum betrat. Sie stand an einem kleinen Tisch, auf dem
eine Schale honiggesüßten Hirsebreis stand. ›Ist
das für mich?« fragte ich. Chrysis sagte gar nichts. Ich
ging zu dem Tisch und sah, daß neben der Schale eine kleine
Dose stand, die ein krümeliges, gelbes Pulver enthielt.
»Ein Gewürz?« fragte ich. Ich hatte nicht den
leisesten Verdacht, mußt du wissen.«
»Ein
krümeliges, gelbes Pulver?«
»Ja, es
ähnelt keinem mir bekannten Gewürz. Ich befeuchtete
meinen Finger, tippte mit ihm in das Pulver und leckte ihn ab, ohne
nachzudenken. Eigentlich schmeckte es gar nicht schlecht, nur ein
wenig erdig. Dann sah ich den Ausdruck in Chrysis’ Gesicht
und wußte sofort Bescheid.«
Hinter meinem
Rücken hörte ich ein Wimmern. Ich drehte mich um. Es
schien aus der gegenüberliegenden Ecke zu kommen. Zuerst
dachte ich, es wäre ein am Boden liegender Hund. Dann nahm ich
weiter oben eine Bewegung wahr. Ich spähte in die Dunkelheit
und erkannte mit einem Mal die Umrisse eines von der Decke
hängenden Körpers. Es war eine nackte Frau, die mit einem
Seil an den Knöcheln gefesselt und aufgehängt worden war
und sich leicht drehte. Sie wimmerte erneut.
»Ruhe!«
rief Clodia. Sie richtete sich auf, sank jedoch sofort in ihre
Kissen zurück. Trygonion wuselte um sie herum, bis sie seine
sorgenden Hände mit einer Bewegung verscheuchte. »Ich
habe sofort nach Trygonion geschickt. Er eilte aus dem Haus der
Galloi an meine Seite. Er hatte auch die Idee, Clodius’ Arzt
rufen zu lassen. Ich habe auf den Mann gewartet und gewartet; wie
sich herausstellte war er auf dem Kräutermarkt, ohne daß
jemand wußte, wohin er genau gegangen war. Zunächst
machte ich mir keine Sorgen. Ich fühlte mich gut. Doch um die
Mittagszeit setzten die Beschwerden ein. Trygonion hat mich
gepflegt, bis ich auf die Idee kam, ihn zu dir zu schicken,
Gordianus.«
»Warum zu
mir?«
»Du mußt
mehr über Gifte wissen als die meisten Männer. Ich
dachte, du könntest mir etwas über das gelbe Pulver
sagen. Hol es, Trygonion.«
Er riß
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