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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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sich von
ihr los und ging zu einem kleinen, mit Dosen und Fläschchen
vollgestellten Tisch. Über diesem hing ein polierter Spiegel
an der Wand, in dem sich das trübe Licht der Lampe spiegelte,
zusammen mit dem erschreckenden Anblick der auf der anderen Seite
des Zimmers von der Decke hängenden Chrysis. Trygonion kehrte
mit einer kleinen Pyxis zurück. Ich trat ins Licht einer Lampe
und studierte den Inhalt.
    »Ist es zu
dunkel?« fragte Clodia. »Heller kann ich die Lampe
nicht machen. Das Licht schmerzt meine Augen.«
    »Ich sehe gut
genug. Ich kann mich irren, aber ich vermute, daß dies eine
Substanz ist, die ›das Haar der Gorgonen« genannt
wird. Man gewinnt sie aus den Wurzeln einer Pflanze, die wild an
der Küste Mauretaniens wächst. Früher war sie in Rom
sehr selten, aber heutzutage sieht man sie immer öfter. Sie
ist sehr kräftig, wirkt relativ schnell und ist beinahe
geschmacklos, so daß man sie mit fast jedem Essen mischen
kann.«
    Clodia schloß
die Augen und nickte. »Siehst du, Trygonion, ich habe dir ja
gesagt, daß Gordianus es kennen würde. Der Arzt hat
dasselbe gesagt.«
    »Hat er die
Wirkung erklärt?«
    »Das war
wirklich nicht nötig. Ich habe sie ja selbst gespürt.
«
    »Schwindel,
Übelkeit, Kälteschübe und eine schmerzhafte
Lichtempfindlichkeit?«
    Sie hielt die Augen
geschlossen und nickte.
    »Wieviel davon
hast du geschluckt?«
    »Nur diese eine
kleine Fingerkuppe. Nachdem ich den Ausdruck in Chrysis’
Gesicht gesehen hatte, wußte ich, was ich da eben zu mir
genommen hatte.«
    Wieder vernahm ich aus
der anderen Ecke des Zimmers ein Wimmern. »Ruhe!«
schrie Clodia.
    »Wenn du nicht
mehr geschluckt hast -«
    »Werde ich
überleben, ja. Das hat der Arzt auch gesagt.«
    Ein Arzt, der einer
mächtigen und gefährlichen Frau erklärt hätte,
daß sie sterben würde, wenn es auch nur den Hauch einer
Überlebenschance gab, wäre töricht gewesen. Die
Mächtigen schätzen es nicht, schlechte Nachrichten zu
erhalten, vor allem, wenn sie sich hinterher als falsch
heraussteilen. Für den Arzt war es allemal besser, der
Schwester seines Herrn zu versichern, daß sie überleben
würde. Und vermutlich hatte er recht. Ich wußte ein
wenig über »das Haar der Gorgonen« und seine
Wirkung; die Dosis war gering genug gewesen, um ihr Ableben
unwahrscheinlich erscheinen zu lassen.
    »Wenn der Arzt
sagt, daß es dir bald besser geht, wirst du sicher

    »Hast du keine
eigene Meinung?« fragte sie scharf. »Du hast das Gift
erkannt. Dann mußt du auch wissen, wie es
wirkt.«
    »Ich kenne
vielerlei Gifte, doch es sind andere, die es anwenden.
«
    »Natürlich
wirst du nicht sterben!« rief Trygonion. Clodia erlaubte ihm,
an ihrer Decke herumzuzupfen und ihre Hände zu
streicheln.
    »Ich dachte, du
hättest Vorkehrungen gegen einen möglichen Giftanschlag
getroffen«, sagte ich.
    »Das habe ich
auch. Aber die Posse in den Bädern des Senia war offenbar nur
ein von Caelius inszeniertes Ablenkungsmanöver. Er wollte,
daß ich dachte, ich hätte ihn überlistet,
während die Viper schon an meiner Brust lag. Die Sklavin, der
ich mehr als allen anderen vertraut habe!«
    Chrysis wimmerte und
wand sich in der Luft. Mittlerweile hatten meine Augen sich an die
Dunkelheit gewöhnt, und ich konnte deutlicher erkennen,
daß ihre glatte, nackte Haut von Striemen übersät
war.
    »Die
verräterische Spionin weint, weil ich sie habe auspeitschen
lassen«, sagte Clodia leise. »Dabei hat ihre Bestrafung
gerade erst begonnen.«
    »Hat sie
gestanden?«
    »Noch nicht.
Aber Caelius muß Spione in meinem Haus haben, genauso wie ich
Spione in seinem habe. Wer wäre besser geeignet als Chrysis?
Und ich habe sie dabei erwischt, wie sie mein Essen vergiften
wollte! Wenn ich zufällig einen Moment später in die
Küche gekommen wäre -«
    »Wieso glaubst
du, daß das Gift von Caelius kommt?«
    Clodia bedachte mich
mit einem derart vernichtenden Blick, daß mir der Atem
stockte. Kannte Catull diesen Blick? Sie fing an zu zittern und
schloß die Augen. »Von wem sonst?« fragte sie mit
matter Stimme. »Wir wissen, daß er das Gift schon
hatte. Ich wußte nur nicht, welchen Sklaven er benutzen
würde, um das Zeug in mein Haus zu schmuggeln. Chrysis, nicht
Barnabas!«
    »Glaubst du,
daß es dasselbe Gift ist, das er an seinem Sklaven
ausprobiert hat?«
    »Natürlich.«
    »Dem ist aber
nicht so.«
    Sie biß sich auf
die Lippe und bewegte sich unter ihrer Decke. »Wie meinst du
das?«
    »Das Gift, das
Caelius seinem Sklaven

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