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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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dann kann mir das gleiche bei jedem anderen
auch passieren. Ich esse nichts, es sei denn, ich habe die
Zubereitung mit eigenen Augen verfolgt oder es selbst auf dem Markt
gekauft, wo es unmöglich schon mit etwas versetzt worden sein
kann.«
    »Einige Menschen
haben Sklaven, um ihr Essen vorzukosten«, sagte ich, wohl
wissend, daß diese Praxis vor allem in Alexandria verbreitet
war, wo inzüchtige rivalisierende Monarchen und ihre Agenten
ständig versuchten, einander heimlich aus dem Weg zu
schaffen.
    »Natürlich
haben wir einen Vorkoster!« sagte Dio. »Wie glaubst du,
habe ich wohl den Versuch, mich zu vergiften, überlebt? Doch das Problem
mit Vorkostern ist, daß sie ersetzt werden müssen, und
der Aufenthalt in Rom hat meine Rücklagen erschöpft. Ich
habe nicht einmal genug Geld, um nach Alexandria
zurückzukehren, wenn das Wetter sich so weit gebessert hat,
daß man wieder per Schiff reisen kann.« Er stolperte
und fiel fast über den Kohlenrost.
    »Du bist ja
schon ganz schwach vor Hunger!« wandte ich ein, faßte
Dio am Arm und lenkte ihn zu seinem Stuhl. »Ich bestehe
darauf, daß du etwas ißt. Das Essen in diesem Haus ist
vollkommen sicher, und meine Frau -« Ich wollte ein
überschwengliches Loblied auf Bethesdas Kochkünste
anstimmen, doch nachdem ich eben als ein Mensch gepriesen worden
war, der sich der Wahrheit verpflichtet fühlte, sagte ich nur:
»Meine Frau ist gar keine so schlechte Köchin, vor allem
wenn sie alexandrinische Gerichte zubereitet.«
    »Deine Frau
kocht?« sagte Trygonion. »In einem so prachtvollen
Anwesen wie diesem?«
    »Das Anwesen ist
beeindruckender als meine finanziellen Rücklagen.
Außerdem kocht sie gern und hat stets eine Sklavin als Hilfe.
Da ist sie ja«, fügte ich hinzu, weil in der Tür
auf einmal Bethesda aufgetaucht war.
    Ich wollte sie
förmlich vorstellen, doch der Ausdruck in ihrem Gesicht
ließ mich innehalten. Sie blickte von Dio zu Trygonion und
wieder zu Dio, der sie in seiner Beinahe-Ohnmacht kaum zu
registrieren schien, bevor sie mich mit einem derart finsteren
Blick bedachte, daß ich mir auch nach dreißig Jahren
des gemeinsamen Zusammenlebens keinen Reim darauf machen konnte.
Was hatte ich jetzt wieder falsch gemacht?
    »Diana hat mir
erzählt, daß du Besuch hast«, sagte sie
schließlich. Ihr alter ägyptischer Tonfall machte sich
wieder bemerkbar, und ihr Tonfall war noch herablassender als
gewöhnlich. Sie musterte meine Besucher so streng, daß
Trygonion nervös die Augen niederschlug und auch Dio, der sie
endlich bemerkt hatte, blinzelte und zurückwich, als
hätte er in die Sonne gestarrt.
    »Irgendwas nicht
in Ordnung?« fragte ich, während ich ihr von der Seite
heimlich eine Grimasse zuwarf, von der ich gehofft hatte, ihr damit
ein Lächeln zu entlocken. Ein Irrtum, wie sich
herausstellte.
    »Ich nehme an,
ihr wollt etwas zu essen«, sagte sie mit flacher Stimme. Die
Art, wie sie dabei ihren Mund verzog, hätte das Aussehen einer
weniger schönen Frau ruiniert.
    Ah, das war es, dachte
ich - sie hatte schon länger in der Tür gestanden, als
ich ahnte, und mein nicht eben enthusiastisches Lob ihrer Kochkunst
mit angehört. Trotzdem hätte ein leichtes Heben der
Augenbraue genügt, ihr Mißfallen kundzutun. Vielleicht
war es die Tatsache, daß ich für eine Reise am
nächsten Tag packen mußte und ihr die Arbeit
überließ, während ich in meinem Arbeitszimmer
Besucher empfing- äußerst dubiose Besucher zudem. Ich
warf einen Blick auf Dio, unbeholfen geschminkt und in seiner
zerknitterten Stola, und Trygonion, der an seinem gefärbten
Haar herumzupfte und unter Bethesdas strengem Blick nervös an
den Falten seiner Toga nestelte, und erkannte, wie die beiden auf
Bethesda wirken mußten. Bethesda hat sich schon vor langer
Zeit mit der Parade zwielichtiger Gestalten durch unser Haus
abgefunden, aber sie hat aus ihrer Verachtung denen gegenüber,
die sie nicht mochte, nie einen Hehl gemacht. Und es war
offensichtlich, daß sie ausgesprochen wenig von dem
ägyptischen Botschafter und seinem Begleiter hielt.
    »Etwas zu essen
- ja, ich denke schon«, sagte ich, die Stimme hebend, um die
Aufmerksamkeit meiner Besucher zurückzugewinnen, die von
Bethesdas Blick wie gebannt waren. »Für dich,
Trygonion?«
    Der kleine Galloi
blinzelte und brachte ein Nicken zustande.
    »Und was dich
angeht, Meister - ich bestehe darauf! Ich werde nicht zulassen,
daß du dieses Haus wieder verläßt, ohne eine
Stärkung zu dir genommen zu haben.«
    Dio senkte den

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