Römischer Lorbeer
Jahren eher als Unruhestifter und durch das
Schüren populisuscher Ressentiments hervorgetan. Als Tribun
hatte Clodius hinter dem Plan zur römischen Übernahme
Zyperns gesteckt, um seine Idee zu finanzieren, kostenlos Getreide
an die Bevölkerung Roms zu verteilen. Als ehemaliger Freund
Ciceros hatte er dessen Vertreibung ins Exil fast im Alleingang
bewerkstelligt und galt jetzt als dessen Erzfeind. Seine politische
Strategie war grobschlächtig, gnadenlos und wenn nötig,
gewalttätig. Während Männer wie Caelius die Grenzen
der vor Gericht zulässigen Rhetorik überschritten,
erweiterten Männer wie Clodius das Repertoire gängiger
politischer Einschüchterungsmethoden. Daher war es nicht
überraschend, daß die Beziehung der beiden weit mehr war
als nur die zwischen Mieter und Vermieter - sie waren politisch und
persönlich auf vielfältige Weise verbunden. Es war
allgemein bekannt, daß Caelius der Liebhaber oder zumindest
einer der Liebhaber von Clodia war, der älteren Schwester von
Clodius.
»Na ja, ich habe
den Zwischenfall selbst nicht miterlebt, aber auf dem Fischmarkt
davon gehört«, sagte Bethesda. »Offenbar war
Pompeius auf dem Forum, er kam mit seinem Gefolge zu irgendeinem
Prozeß, der an dem Tag eröffnet wurde.«
»War es das
Verfahren gegen Pompeius’ Verbündeten Milo wegen
Störung der öffentlichen Ordnung?«
Bethesda antwortete
mit einem Achselzucken.
»Mit Clodius als
Ankläger?« fragte ich weiter.
»Ja, das war es
wohl, weil Clodius mit einem großen eigenen Gefolge da war,
das zum Teil aus ziemlich rauhen Burschen bestand.«
Clodius’
berüchtigte Bande von Unruhestiftern als »ziemlich
rauh« zu beschreiben, war eine glatte Untertreibung. Es
handelte sich um Schläger der primitivsten Sorte, einige
bezahlt, andere Clodius aus anderen Gründen verpflichtet und
einige auch aus freien Stücken in seinen Diensten, um ihren
Hunger nach Gewalt zu stillen.
In der Tatsache,
daß ein Mann wie Clodius irgendjemand wegen Störung der
öffentlichen Ordnung anklagte, lag eine gewisse Ironie, obwohl
seine Anschuldigungen in diesem Fall wohl berechtigt waren. Der
Angeklagte, Milo, hielt sich eine Bande von Schlägern, die
durch die Straßen tobten, um jeweils die politische Sache zu
unterstützen, die ihr Herr und Meister gerade
begünstigte. Während Männer wie Pompeius, Caesar und
Crassus einander mit finanziellen und militärischen Mitteln
befehdeten und um die Weltherrschaft rangen, kämpften Clodius
und Milo um die unmittelbare Kontrolle über die Straßen
Roms. Die Stärkeren verbündeten sich aus reinem
Selbstzweck mit den Schwächeren und umgekehrt. Zur Zeit war
Milo Pompeius’ starker Arm in Rom, so daß Pompeius
verpflichtet war, zu deren Verteidigung beizutragen. Clodius
wiederum schien Milo vor allem deshalb zu bekämpfen, um auf
diesem Wege Pompeius zu treffen, egal ob er dabei in Caesars,
Crassus’ oder eigenem Auftrag handelte. Er schien wild
entschlossen, jeden Versuch Pompeius’ zu hintertreiben, die
Kontrolle über die ägyptische Situation zu
erringen…
Diese Gedankenkette
rief mir Dios Besuch im vergangenen Monat wieder ins
Gedächtnis, und plötzlich wurde mir unbehaglich zumute.
»Erinnerst du dich an das seltsame Paar, das mich am Tag vor
meiner Abreise nach Illyrien aufgesucht hat?« sagte ich.
»Ich habe mich gefragt, ob du von ihnen gehört hast oder
ob du weißt…«
Bethesda bedachte mich
mit einem Medusenblick, keinesfalls gewillt, sich in ihrer
Geschichte unterbrechen zu lassen.
»Zu Milos
Prozeß hatte sich eine große Menschenmenge versammelt, zu
viele für den offenen Platz, auf dem der Prozeß
abgehalten wurde, so daß sich die Menge bis weit in die
umliegenden Straßen erstreckte. Als Pompeius auftauchte, gab
es großen Jubel. Du weißt ja, wie die Leute Pompeius
bewundern.«
»Der Eroberer des
Ostens.«
»Genau. Doch dann
tauchte Clodius auf einem hohen Gebäude auf und fing an, auf
die Menge hinabzuschreien, die offenbar von seinen Anhängern
durchsetzt war. Die meisten Leute waren zu weit entfernt, um zu
verstehen, was er brüllte, aber jedesmal, wenn Clodius eine
Pause machte, rief der Pöbel unter ihm wie mit einer Stimme:
›Pompeius!‹ Auch diejenigen, die zu weit entfernt
standen, um Clodius zu hören oder auch nur zu sehen,
hörten, wie Pompeius’ Name gerufen wurde. Es war wie ein
langsamer Gesang: ›Pompeius!‹ Pause.
›Pompeius!‹ Pause. ›Pompeius!‹ Nun,
offenbar hörte Pompeius, daß sein Name gerufen wurde,
denn dem
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