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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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irgendwie zerstritten. Woher sollte ich etwas
über die privaten Machenschaften dieser Männer wissen?
Und wen kann es schon überraschen, wenn eine alternde Hure wie
Clodia für einen attraktiven jungen Mann wie Caelius
plötzlich ihren Reiz verliert?«
    Ich hatte schon vor
langer Zeit gelernt, Bethesdas Launen über mich ergehen zu
lassen, so wie man plötzliche Stürme auf dem Meer
über sich hinwegfegen läßt, auch wenn ich bis heute
nicht gelernt habe, sie ganz zu verstehen. Irgend etwas hatte sie
reizbar gemacht, aber was? Ich versuchte mich an etwas zu erinnern,
was sie beleidigt haben könnte, doch die plötzliche
Kälte im Raum lähmte meine Gedanken. Ich beschloß,
das Thema zu wechseln.
    »Ach, wen
kümmern diese Leute schon?« Ich nahm meinen fast leeren
Becher, schwenkte ihn, um die letzten Tropfen darin kreisen zu
lassen, und starrte hinein. »Ich habe mich eben gefragt, was aus den
seltsamen Besuchern geworden ist, die einen Tag vor meiner Abreise
bei mir waren.«
    Bethesda sah mich mit
leerem Blick an.
    »Es ist erst
einen Monat her, du mußt dich doch an den kleinen Galloi und
den alten alexandrinischen Philosophen erinnern. Er hat mich um
Unterstützung gebeten, doch ich konnte ihm nicht helfen,
zumindest damals nicht. Hat er sich während meiner Abwesenheit
noch einmal gemeldet?«
    Ich wartete auf eine
Antwort, doch als ich den Blick von meinem Becher hob, sah ich,
daß Bethesda in die andere Richtung blickte.
    »Das ist eine
ganz einfache Frage«, sagte ich sanft. »Hat der alte
Philosoph noch einmal nach mir gefragt, als ich weg
war?«
    »Nein«,
sagte sie.
    »Das ist seltsam.
Ich hatte geglaubt, er würde sich noch einmal melden. Er
wirkte so verzweifelt. Ich habe mich um ihn gesorgt, als ich weg
war. Aber vielleicht wurde ihm ja anderweitig Hilfe zuteil. Hast du
durch dein weit gespanntes Netz aus Spionen und Informanten irgend
etwas über ihn gehört?«
    »Ja«, sagte
sie.
    »Und? Was hast du
gehört?«
    »Er ist
tot«, sagte Bethesda. »Ermordet, glaube ich, in dem Haus,
in dem er gewohnt hat. Mehr weiß ich auch
nicht.«
    Die kreisenden Reste
meines Weins kamen zum Stehen, der Hirsebrei in meinem Magen wurde
zu Stein, und mein Mund war plötzlich wie
ausgetrocknet.

7
    Erst einige Tage nach
meiner Rückkehr nach Rom fand ich Zeit, Meto einen Brief zu
schreiben. Ich berichtete ihm von den Begebenheiten, die sich in
meiner Abwesenheit ereignet hatten - Ciceros Sieg über Caelius
in dem Prozeß gegen Bestia, trotz des Vorwurfs des
»schuldigen Fingers« (die perfekte Anekdote zur
heiteren Erbauung von Metos Zeitgenossen), Pompeius’
peinlicher Irrtum auf dem Weg zu Milos Prozeß und das
obszöne Spottlied über Clodius und Clodia.
    Da ich aus Trygonions
und Dios Besuch eine solch große Sache gemacht hatte, als ich
bei Meto in Illyrien war, hatte ich das Gefühl, ich sollte ihm
mitteilen, was aus dem Philosophen geworden war. Nur um ihn auf dem
laufenden zu halten, sagte ich mir, als ich zu schreiben begann.
Doch beim Schreiben wurde mir klar, daß diese Geschichte der
Hauptgrund für den Brief war. Dios Ermordung hatte bei mir ein
nagendes Schuldgefühl hinterlassen, und so schmerzhaft sie
auch war, erleichterte mich doch die Niederschrift der grausigen
Einzelheiten, als ob die Beschreibung einer Tragödie ihre
Grausamkeit lindern könnte.
    Was meine
Korrespondenz anbetrifft, bin ich ganz anders als Meto; meine Prosa
wird nie die Bewunderung des großen Caesars auf sich ziehen.
Trotzdem möchte ich Abschnitte des Briefes wiedergeben, den
ich Meto am letzten Tag des Februarius schrieb:
    Du wirst dich
außerdem gewiß an die Geschichte erinnern, mein Sohn,
die ich dir über den Besuch Dios erzählt habe, des
Philosophen, den ich aus Alexandria kenne, und den kleinen Galloi
namens Trygonion. Du hast gelacht, als ich dir ihre groteske
Verkleidung beschrieben habe - Dio in den Gewändern eine Frau,
der Eunuch in einer Toga, mit der er sich als Römer auszugeben
versuchte. Die Fortsetzung der Geschichte ist, fürchte ich,
alles andere als lustig.   
    Dios
Befürchtungen bewahrheiteten sich nur wenige Stunden, nachdem
er mein Haus verlassen hatte. Am selben Abend, an dem ich die
letzten Vorbereitungen für meine Reise zu dir getroffen habe,
wurde Dio im Haus seines Gastgebers Titus Coponius
hinterhältig ermordet.
    Dies erfuhr ich am
Morgen nach meiner Heimkehr von Bethesda. Sie behauptete, keine
weiteren Einzelheiten zu kennen. Bethesda hat Dio vom ersten Moment
an nicht gemocht, und du weißt

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