Römischer Lorbeer
das gleiche, indem er
die Ankläger diverser Abscheulichkeiten bezichtigt, um ihre
Glaubwürdigkeit zu unterminieren. Eigenartig, wenn man
bedenkt, daß ich früher tatsächlich einen gewissen
Respekt, ja sogar Bewunderung für unsere Advokaten gehabt
habe. Allerdings, Gerüchte, daß Bestia seine beiden
Frauen aus dem Weg geräumt hat, habe ich auch schon
gehört Beide sind relativ jung und ohne vorherige Krankheit
gestorben, so daß die Leute natürlich vermuten, er
hätte sie vergiftet, obwohl auch Gift meist Spuren
hinterläßt.«
»Wenn er es so
gemacht hat, wie Marcus Caelius angedeutet hat, hätte es nicht
viele Spuren gegeben.«
»Und wie soll das
gegangen sein?«
Sie lehnte sich
zurück und neigte den Kopf. »Bedenke, daß dies vor
einem ordentlichen Gericht vor einem gemischten Publikum aus
Männern und Frauen gesagt wurde, nicht in einer Taverne oder
einer seiner Orgien. Marcus Caelius ist ein sehr unverfrorener
junger Mann«, fügte sie, nur halb mißbilligend,
hinzu.
»Und ein
schamloser Redner. Also, nun rück schon damit raus. Was hat er
gesagt?«
»Laut Caelius ist
Aconitin das am schnellsten wirkende Gift.«
Ich nickte. Die vielen
Jahre, die ich mit der Untersuchung schmutziger Mordmethoden
zugebracht habe, haben mich mit den handelsüblichen Giften
einigermaßen vertraut gemacht. »Aconitin, auch ›Der
Tod des Panthers« genannt, man gewinnt es aus dem Blauen
Eisenhut. Ja, die Opfer sterben sehr rasch daran. Aber wenn man es
in tödlichen Dosen schluckt, gibt es für gewöhnlich
erkennbare Reaktionen und deshalb zahlreiche Indizien für ein
Verbrechen.«
»Ja, aber laut
Caelius wurde das Gift nicht geschluckt.«
»Ich
fürchte, ich kann dir nicht folgen.«
»Laut Caelius
stirbt eine Frau, deren Genitalien mit Aconitin in Berührung
kommen, binnen eines Tages.«
Ich zog eine Braue
hoch. Selbst bei all meiner Erfahrung mit Giften war mir diese
Information neu, und ich wußte nicht, ob ich sie glauben
sollte. »Was Caelius sagt, ist möglicherweise wahr -
obwohl ich mich frage, wie irgendjemand diese eigentümliche
Wirkungsweise entdeckt haben sollte.
Andererseits gibt es
vermutlich nicht viel, was Marcus Caelius nicht über weibliche
Genitalien weiß.«
»Ha!«
Bethesdas Augen funkelten. »Auf diese Entgegnung ist nicht
einmal Cicero gekommen.«
Ich hob bescheiden die
Hände. »Caelius hat Bestia also beschuldigt, seine
Ehefrauen vergiftet zu haben, indem er…« Ich ließ
den Satz unvollendet, weil es keine taktvolle Formulierung für
die Beschreibung des Tatbestands zu geben schien.
»Er hat Bestia
nicht direkt beschuldigt. Nachdem er die Wirkungsweise von Aconitin
beschrieben und sich in Rage geredet hatte, hat Caelius mit dem
Finger auf Bestia gezeigt und gerufen: »Richter, ich erhebe
nicht anklagend den Finger der Schuld - ich weise auf den
schuldigen Finger!‹«
Ich verschluckte mich
an meinem Hirsebrei. »Skandalös! Ich hatte gedacht,
römische Redner hätten ihre Kunst schon zu den niedersten
Abgründen der Anstandslosigkeit und des schlechten Geschmacks
absinken lassen, da kommt eine neue Generation daher und treibt die
Grenzen noch weiter. O Minerva«, fügte ich leise hinzu,
als mein Blick auf die Statue im Garten fiel, »bewahre mich
vor einem Tag bei Gericht. »Ich weise auf den schuldigen
Finger.‹ Einfach
widerlich!«
Bethesda nippte an
ihrem Becher mit honiggesüßtem Wein. »Wie dem auch
sei, Bestia wurde freigesprochen, trotz Finger und
allem.«
»Ich vermute,
Cicero hat eine aufrüttelnde Rede zu seiner Verteidigung
gehalten.«
Sie zuckte mit den
Schultern. »Ich weiß es nicht mehr.«
Ciceros Rede
hätte wahrscheinlich einen nachhaltigeren Eindruck
hinterlassen, wenn sie von einem so jungen und gutaussehenden Mann
wie Marcus Caelius gehalten worden wäre… »Dann war
Fortuna Lucius Calpurnius Bestia hold«, sagte ich.
»Im Gegensatz zu
seinen Frauen«, erwiderte Bethesda trocken. Für einen
kurzen Moment blitzte in ihren Augen so etwas wie Zorn auf, doch
dann entspannte ein Lächeln ihre Lippen. »Wo wir gerade von
dem jungen Caelius sprechen, fällt mir ein weiterer Klatsch
vom Forum ein«, sagte sie.
»Geht es wieder
um Caelius?«
»Nein, um seinen
Vermieter.«
»Ich verstehe.
Und welche neue Schandtat hat Publius Clodius jetzt wieder
begangen?« Clodius war der Besitzer des Mietshauses am Ende
der Straße, in dem Caelius wohnte. Er war Mitte Dreißig
und ein Patrizier von makelloser Abstammung, hatte sich jedoch in
den letzten
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