Römischer Lorbeer
gesagt,
es wäre eine große Summe gewesen.«
»Gift ist nicht
billig; das Zeug muß wirklich verläßlich sein,
genau wie die Person, die es verkauft. Außerdem ist es teuer,
die Sklaven eines reichen Herrn anzustiften, ein derartiges
Verbrechen zu begehen.« Clodia sprach so, als hätte sie
in derlei Angelegenheiten Kenntnisse aus erster Hand.
»Der Zusammenhang fiel mir erst
später auf, als Dio schon tot war. Kleinigkeiten - der Tonfall
von Caelius’ Stimme und sein Gesichtsausdruck, wenn die
Sprache auf Dio kam, kryptische Bemerkungen, die er gemacht hat,
meine eigene Intuition.«
«Das alles sind
aber keine Beweise.«
»Beweise will
ich von dir, Gordianus.«
»Was immer sich
in Wahrheit abgespielt haben mag, es war nicht das Gift, das Dio
getötet hat. Was ist mit dem eigentlichen
Mord?«
»Am frühen
Abend vor dem Mord war Caelius bei mir, und mein Haus liegt nicht
weit entfernt von Titus Coponius’ Villa, wo Dio getötet
wurde. Caelius trug ein Messer, verborgen unter seiner
Tunika.«
»Wenn er es
versteckt hat, wie -«
»Ich kann dir
versichern, daß mir an jenem Abend nichts von dem verborgen
blieb, was Marcus Caelius am Leibe trug. Außerdem wirkte er
nervös und gereizt, so hatte ich ihn noch nie erlebt; und er
trank mehr, als gut für ihn war. Ich fragte ihn, was los sei;
er meinte, er hätte eine unangenehme Pflicht zu erledigen und
wäre froh, wenn sie erst hinter ihm läge. Ich
drängte ihn, mir zu sagen, worum es ging. Doch er weigerte
sich. Na ja, ihr Männer und eure Geheimnisse. Ich sagte:
›Diese unangenehme Pflicht, die du hinter dich bringen
mußt, ist hoffentlich nicht das, worum ich dich gebeten
habe.‹ »Natürlich nicht! ‹ sagte er und
beeilte sich, es mir zu beweisen. Doch unser Zusammensein an jenem
Abend verlief enttäuschend, um es vorsichtig zu formulieren.
Caelius war in etwa so einsatzfähig wie unsere
eingeschrumpelten Freunde im Fluß. Als sein Freund Asicius
ihn später abholte, wirkte er, als könnte er es gar nicht
erwarten aufzubrechen. Nun denn, dachte ich, laß die Jungen
ziehen und miteinander spielen. Wenig später am selben Abend -
kurz nachdem die beiden mein Haus verlassen hatten - wurde Dio
erstochen.«
Ich schwieg für
einige Zeit, nicht verwirrt durch die Einzelheiten von Clodias
Geschichte, sondern von ihrer Art zu reden. Ich hatte eine Frau noch
nie so freimütig und bissig über ihre sexuellen
Beziehungen sprechen hören. »Du bist dir doch
darüber im klaren, daß alles, was Caelius laut deinen
Angaben mit dem Mord an Dio in Verbindung bringt, nichts als
Indizien sind.«
»Dann höre
ein weiteres Indiz: Als mich Caelius am nächsten Abend wieder
besuchte, brachte er mir ein kleines Geschenk mit - eine silberne
Kette mit eingefaßten Lapislazuli und Karneolen - und
prahlte, er könnte mir jetzt das Geld, das ich ihm geliehen
hätte, bis auf die letzte Sesterze
zurückzahlen.«
»Und hat er das
getan?«
Sie lachte.
»Natürlich nicht. Aber so, wie er redete, hatte ich
keinen Zweifel, daß er irgendwie zu Geld gekommen war. Er hat
seine Pflicht erfüllt, verstehst du, und ist dafür
großzügig entlohnt worden.«
»Ist das
lediglich eine Vermutung von dir?«
Doch Clodia hörte
mir nicht zu. Sie starrte in Erinnerungen versunken an die
Zeltdecke. »Unser Liebesspiel in jener Nacht war genau das
Gegenteil der jämmerlichen Vorstellung am Vorabend. Caelius
war ein wahrer Minotaurus - die Hörner zum Angriff gereckt,
mit feurigem Blick, die Flanken glänzend vor
Schweiß…«
Ich öffnete den
Mund, um etwas zu sagen, doch bevor ich sie unterbrechen konnte,
hörte ich das nahende Lachen eines Mannes, tief und kehlig,
begleitet von platschenden Schritten. Clodia wurde aus ihrem
Tagtraum gerissen, beugte sich auf ihrem Sofa vor, und der Ausdruck
auf ihrem Gesicht spiegelte erwartungsvolle Freude.
Ich drehte mich um und
sah einen Mann mit großen Schritten ans Ufer waten und auf
das Zelt zukommen. Wie die anderen Männer im Fluß war er
nackt. Hinter ihm glitzerte das Wasser im Licht der sinkenden
Sonne, eine schimmernde Silhouette; die Wassertropfen auf seinen
Schultern und Gliedmaßen funkelten wie die Spitzen kleiner
weißer Flammen, die die massige dunkle Gestalt seines
Körpers noch betonten. Als er ans Ufer
trat, strich er sich mit beiden Händen das Wasser aus den
Haaren, wobei man das Muskelspiel seiner geschmeidigen Arme und
Schultern bewundern konnte. An Land wurden seine Schritte zu einem
fast prahlerischen Schlendern, und obwohl
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