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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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zu.     
    »Und was hat Dio
in dir gesehen?« fragte ich freimütig.
    »Vielleicht war
es meine wohlbekannte Liebe zur Poesie.« Clodia zuckte
anmutig mit den Schultern, so daß die fließende Seide
sich an ihren Brustwarzen kräuselte.
    »Wenn du und
dein Bruder so große Freunde und Unterstützer Dios wart,
warum hat er dann nicht in eurem Haus gewohnt, wo er sicher gewesen
wäre, anstatt, dem Mörder nur mit Mühe einen Schritt
voraus, von einem dubiosen Gastgeber zum nächsten zu
ziehen?«
    »Bei mir konnte
Dio aus den gleichen Gründen nicht wohnen, aus denen du die
Plane des Zeltes nicht herunterlassen durftest, Gordianus. Ein Mann
und eine Frau zusammen, du verstehst. Dios Position gegenüber
dem Senat war auch ohne den Makel sexueller Anspielungen
prekär genug. Und bei Publius konnte er auch nicht bleiben;
stell dir die Gerüchte vor, die das ausgelöst hätte:
Der ägyptische Unruhestifter hat sich mit dem
berüchtigten Anführer zusammengetan! Prominenz hat ihren
Preis. Manchmal muß man Freunde zu ihrem eigenen Besten auf
Distanz halten.«
    »Nun gut, Dio
war dein Freund, Verbündeter oder was auch immer, und du hast
ihn auf der Suche nach Unterstützung geschickt. Ich
mußte ihn abweisen. Ein paar Stunden später war er tot.
Du und dein Bruder, ihr beide habt ihn nicht gerade besonders
erfolgreich beschützt, was?«
    Ihre Lippen spannten
sich, und ihre Augen funkelten. »Genausowenig wie du«,
erwiderte sie eisig, »der du ihn viel länger kanntest
und ihm sehr viel tiefer verpflichtet gewesen sein mußt als
ich.«
    Ich verzog das
Gesicht. »Mag sein. Aber wenn ich Dios Bitte erfüllt
hätte, wäre es trotzdem zu spät gewesen, ihn zu
retten. Als ich am nächsten Morgen aufwachte - nein, sogar
noch bevor ich an jenem Abend einschlief -, war er bereits
tot.«
    »Aber was
wäre gewesen, wenn du ja gesagt hättest? Was, wenn du eingewilligt
hättest, dich vom nächsten Morgen an um seine Sicherheit
zu kümmern und ihm bei der Entscheidung zu helfen, wem er
trauen durfte und wen er fürchten mußte? Hättest du
dich nach seiner Ermordung nicht verpflichtet gefühlt, seine
Mörder der gerechten Strafe zuzuführen?«
    »Vielleicht…«
    »Und empfindest
du diese Verpflichtung jetzt nicht schlicht aus Respekt für
einen alten Freund? Warum zögerst du mit deiner
Antwort?«
    »Weiß
nicht jeder, wer hinter dem Mord an Dio steckt?«
    »Wer?«
    »König
Ptolemaios natürlich.«
    »Hat König
Ptolemaios in Lucceius’ Haus Gift in Dios Suppe getan? Hat
sich Ptolemaios persönlich in Dios Zimmer geschlichen und ihn
erstochen?«
    »Nein,
natürlich nicht. Es war jemand, der im Auftrag des Königs
gehandelt hat -«
    »Genau. Und
fühlst du dich nicht verpflichtet, dafür zu sorgen,
daß diese Person bestraft wird, und sei es nur, um Dios
Schatten zu trösten?«
    »Asicius wurde
des Verbrechens bereits angeklagt -«
    »Und
freigesprochen, das Schwein!« Ihre Augen blitzten wütend
auf. »Nemesis wird sich auf ihre Art mit ihm befassen
müssen. Doch es gibt einen anderen Mann, der weit schuldiger
ist als Asicius und noch zur Rechenschaft gezogen werden muß.
Du könntest dabei helfen, Gordianus.«
    Obwohl es
ausgeschlossen war, daß die Männer im Fluß uns
hören konnten, senkte ich meine Stimme. »Wenn du
Pompeius meinst -«
    »Pompeius!
Glaubst du, ich würde dich gegen Pompeius ins Feld schicken?
Das wäre, als würde man einen einarmigen Gladiatoren zum
Kampf gegen einen Elefanten in die Arena jagen.« Ihr Lachen
war wie ein Schlag in mein Gesicht. »Nein, Gordianus, was ich
von dir möchte, ist ganz einfach und durchaus im Rahmen deiner
Möglichkeiten. Wie oft hast du schon die Umstände eines
Mordes untersucht? Wie oft hast du einem Anwalt geholfen, die
Beweise zusammenzutragen, die belegten, daß ein Mann eines
Verbrechens schuldig oder unschuldig war? Das ist alles, was ich
von dir verlange. Ich bitte dich nicht, einen König von seinem
Thron zu stürzen oder einen Koloß zu Fall zu bringen. Du
sollst mir nur helfen, den Zorn des Gesetzes auf den Mann zu
lenken, der Dio ermordet hat. Hilf mir, den kaltblütigen
Mörder zu bestrafen, der den Dolch in Dios Brust
gestoßen hat!«
    Ich atmete schwer aus
und wandte mich ab, um das Sonnenlicht auf dem Fluß zu
betrachten.
    »Warum
zögerst du, Gordianus? Ich werde dich für deine Arbeit
natürlich großzügig endohnen. Doch ich hatte
erwartet, daß du diese Gelegenheit aus Hochachtung für
Dio begierig ergreifen würdest. Flüstert sein Schatten
dir nicht bis

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