Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
Vom Netzwerk:
kannst du ja deine Dienerin
zurückrufen.«
    »Brauchen wir
eine Anstandsdame?« Sie warf mir einen irritierenden Blick
zu. »Du kennst Chrysis ganz offensichtlich nicht; sie
wäre für die Rolle wohl kaum geeignet.«
    »Dann vielleicht
Trygonion.«
    Diesen Vorschlag
quittierte sie mit einem lauten Lachen, bevor sie den Mund
aufmachte, um etwas zu sagen, es sich dann aber anders
überlegte. »Verzeih mir«, sagte sie. »Wenn
ich etwas Geschäftliches mit einem gutaussehenden Mann zu
besprechen habe, necke ich ihn zuvor gern ein wenig. Eine
ungezogene Angewohnheit, aber meine Freunde haben gelernt,
darüber hinwegzusehen. Ich hoffe, das wirst du auch tun, Gordianus,
nachdem ich dir das jetzt gestanden habe.«
    Ich nickte.
    »Also gut. Ja,
ich wollte dich bezüglich des verfrühten Todes unseres
gemeinsamen Freundes Dio von Alexandria
konsultieren.«
    »Unseres
gemeinsamen Freundes?«
    »Ja, deines und
meines Freundes. Schau mich nicht so überrascht an, Gordianus.
Es gibt wahrscheinlich vieles, was du über Dio nicht
weißt, genauso wie es wahrscheinlich vieles gibt, was du
über mich nicht weißt - trotz allem, was du
gerüchteweise gehört hast. Ich werde mich bemühen,
kurz und präzise zu sein. Ich war diejenige, die Dio am Tag
seiner Ermordung geraten hat, dich aufzusuchen und um Hilfe zu
bitten.«
    »Du?«
    »Ja.«
    »Aber du kennst
mich doch gar nicht.« 
    »Trotzdem
weiß ich vieles über dich, genauso wie du zweifelsohne
vieles über mich wissen wirst. Dein Ruf reicht weit
zurück, Sucher. Ich war ein Mädchen von siebzehn und
wohnte noch zu Hause, als Cicero die aufsehenerregende Verteidigung
eines Mannes übernahm, der des Vatermordes angeklagt war. Ich
erinnere mich, daß mein Vater noch lange danach von diesem
Fall gesprochen hat. Deine Rolle dabei erfuhr ich natürlich
erst Jahre später, als Cicero selbst mir die Einzelheiten
erzählte - er hat es wirklich geliebt, diesen alten Fall immer
wieder aufzuwärmen, bis ihm sein Triumph über Catilina
schließlich etwas noch Großartigeres bescherte, womit
er sich brüsten konte! Cicero hat mit meinem verstorbenen Mann
oft über dich gesprochen; ein paarmal hat er ihm sogar
empfohlen, dich zu engagieren, aber Quintus war in diesem Punkt
immer stur und zog es vor, seine eigenen Männer
herumschnüffeln zu lassen. Ich will ganz ehrlich zu dir sein:
Cicero hat nicht immer nur gut von dir gesprochen. Das heißt,
gelegentlich gebrauchte er bei der Erwähnung deines Namens
Vokabeln, die eine anständige römische Matrone wie ich
nicht wiederholen sollte. Aber wir hatten alle unsere
Zerwürfnisse mit Cicero, nicht wahr? Wichtig ist, daß
Cicero, selbst wenn er wütend auf dich war, stets deine
Ehrlichkeit und Integrität gelobt hat. Als Quintus Statthalter
im Cisalpinischen Gallien war, hat Cicero uns einmal mit seiner
Frau Terentia besucht, und eines Abends haben wir nach dem Essen
ein Frage-und-Antwort-Spiel gespielt; weißt du, wen Cicero
genannt hat, als Quintus ihn fragte, welchem Mann er Zutrauen
würde, immer die Wahrheit zu sagen, egal, worum es ging? Ja,
Gordianus, das warst du. Als Dio uns also fragte, an wen er sich um
Hilfe wenden könnte, kam mir sofort der Name von Gordianus dem
Sucher in den Sinn. Damals wußte ich nicht, daß du Dio
bereits kanntest; davon hat mir Trygonion nach dem Besuch bei dir
erzählt.«
    »Vermutlich
sollte ich mich geschmeichelt fühlen«, sagte ich.
»Dann weißt du also, daß ich Dio Vorjahren in
Alexandria getroffen habe?«
    »Trygonion hat
es mir erzählt.«
    »Aber woher
kanntest du Dio?«
    »Durch seine
Bekanntschaft mit meinem Bruder Publius
natürlich.«
    »Was hatten die
beiden miteinander zu tun?«
    »Sie haben sich
kurz nach Dios Ankunft in Rom getroffen. Die beiden hatten viel zu
besprechen.«
    »Ich hätte
gedacht, daß Dio und Publius Clodius Probleme haben
würden, eine gemeinsame Basis zu finden, wenn man bedenkt,
daß es dein Bruder war, der die römische Übernahme
des ägyptischen Zypern organisiert hat.«
    »Das ist Wasser
unter der Brücke, wie die Etrusker sagen. Viel wichtiger war
Dio die Opposition meines Bruders gegen Pompeius. Publius hat Dio
einen dringend benötigten Verbündeten im Senat angeboten.
Und Dio hat Publius eine Möglichkeit gezeigt, Pompeius’
Ambitionen in Ägypten zu durchkreuzen.«
    »Und was war
dein Part bei alldem?«
    »Ältere
Männer mit scharfem Verstand haben für mich einfach etwas
Unwiderstehliches.« Wieder warf sie mir einen zutiefst
irritierenden Blick

Weitere Kostenlose Bücher