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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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natürlich
stockfinster. Die Sklaven hielten Lampen hoch. Überall tanzten
Schatten. Ich kann mich daran nicht erinnern, Blut gesehen zu haben
- ich weiß nicht, wieviel es war. Spielt das eine
Rolle?«
    »Wahrscheinlich
nicht. Du hast nicht zufällig noch die Schlaftunika, die Dio
getragen hat, oder die Kissen?«
    »Natürlich
nicht. Sie wurden verbrannt.«
    Ich sah mich im Zimmer
um und stellte mir Dio auf dem Sofa vor, in stummem Entsetzen; doch
irgend etwas an dem Bild schien nicht zu stimmen. »Dein
Wächter hat schließlich doch etwas gehört und ist
gekommen, um nachzusehen.«
    »Ja.«
    »Dürfte ich
mit ihm sprechen?«
    »Natürlich.«
Coponius rief einen Sklaven, einen kräftigen jungen Griechen
namens Philo, der ziemlich aufgeweckt wirkte. Ich fragte ihn, was
er in der Nacht von Dios Tod genau gehört hatte.
    »Ein
Geräusch aus seinem Zimmer.«
    »Was für
ein Geräusch?«
    »Eine Art
Poltern.«
    »Keinen Schrei
oder ein Stöhnen?«
    »Nein.«
    »Berstendes
Holz, aufbrechende Riegel?«
    »Eher so, als ob
etwas umgestoßen worden wäre -«
    »Als wir
hinzukamen«, unterbrach Coponius ihn, »war alles
durcheinander. Tische und Stühle waren umgestürzt, und
die Schriftrollen, die Dio neben dem Bett aufbewahrte, lagen im
Zimmer verstreut.«
    »Wann hast du
das Poltern gehört«, fragte ich Philo, »und wie
schnell warst du hier?«
    »Ich bin sofort
losgerannt. Als ich den Flur hinunterlief, hörte ich weitere
Geräusche.«
    »Woher
wußtest du, woher die Geräusche kamen?«
    »Als ich mich
näherte, hörte ich, daß sie aus seinem Zimmer
kamen.«
    »Also hast du
versucht, die Tür zu öffnen?«
    Der Sklave
zögerte. »Nicht direkt.«
    »Weil du Angst
hattest?«
    »Nein…«
    »Nicht? Ich
hätte Angst gehabt. Es braucht viel Mut, eine Tür zu
öffnen, hinter der man seltsame Geräusche hört, vor
allem mitten in der Nacht.«
    »Ich hatte keine
Angst. Ich war schon irgendwie aufgeregt, mein Herz raste, aber ich
hatte keine Angst.«
    »Warum hast du
dann nicht versucht, die Tür zu öffnen,
Philo?« 
    »Ich habe statt
dessen Dios Namen gerufen.«
    »Hat er
geantwortet?«
    »Nein. Man
hörte nur ein erneutes Poltern.«
    »Hast du dann
versucht, die Türe zu öffnen?«
    »Nicht
sofort…«
    »Worauf hast du
denn noch gewartet?«
    »Daß sie
fertig wurden!« rief Philo verzweifelt.
    »Fertig mit dem
Mord an Dio?«
    »Natürlich
nicht! Darauf, daß Dio das zu Ende brachte, was ich
vermutete, was er tat.« Der Sklave verzog das Gesicht und
wandte den Blick ab. »Der Herr weiß, was ich
meine.«     
    Ich sah Coponius an,
der meinen Blick mit nichtssagender Miene und geschürzten
Lippen erwiderte. »Philo meinte, daß solche
Geräusche nicht notwendigerweise Gefahr
bedeuteten.«
    »Jedenfalls
nicht für Dio«, murmelte Philo.
    »Das reicht,
Philo«, sagte Coponius scharf. »Geh wieder an deine
Arbeit.«
    Nachdem der Sklave
gegangen war, wandte ich mich an Coponius. »Diese
Geräusche -«
    Er seufzte.
»Kurz nachdem Dio sich hier einquartiert hatte, hat er - wie
soll ich mich ausdrücken - persönlichen Gebrauch von
einem meiner Sklaven gemacht.«
    Ich nickte. »Der
letzte Sklave, den er besaß, ist beim Vorkosten von Dios
Essen gestorben.«
    »Das meine ich
nicht.« Coponius schüttelte den Kopf. »Er war ein
geplagter Mann, sehr verzweifelt. Wenn je jemand Ablenkung von
seinen Problemen gebraucht hat, dann war es Dio. Ein junges
Sklavenmädchen hat seine Aufmerksamkeit erregt. Er
beschloß, sie zu benutzen. Zu seinem Vergnügen. Fast
jede Nacht.«
    »Mit deiner
Erlaubnis?«
    »Er hat mich
nicht gefragt. Es war natürlich anmaßend von Dio, sich
einfach zu nehmen, was er wollte, aber unter den gegebenen
Umständen entschied ich, daß ich ein egoistischer
Gastgeber wäre, wenn ich einem Gast den Gebrauch einer Sklavin
verweigern würde, zumal ich selbst keine diesbezüglichen
Absichten hatte.«
    »Ich verstehe.
Dann hat Philo angenommen, daß er nur hörte, wie Dio das
Mädchen nahm.«
    »Genau.«
    »Das ganze
Gepolter - du hast es doch bestimmt auch
gehört.«
    »Irgendwann bin
ich davon aufgewacht. Zunächst habe ich dasselbe vermutet wie
Philo. ›Schon wieder!« dachte ich. Ich schloß
die Augen und versuchte wieder einzuschlafen.«
    »Hat Dio immer
solchen Lärm gemacht?«
    »Nicht
immer.«
    »Was um alles in
der Welt hat er mit dem Mädchen gemacht?«
    »Ich
wüßte nicht, warum dich das etwas angeht, Gordianus.
Schon was ich dir bisher erzählt habe, war äußerst
indiskret. Möge Dios Schatten mir

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