Römischer Lorbeer
seine
Schlaftunika muß doch blutgetränkt gewesen
sein.«
»Um die Wunden,
ja.«
»Aber nicht
-«
»Philo! Ich
dachte, du wolltest Gordianus zur Tür begleiten.« Am
Ende des Flurs stand mit verschränkten Armen
Coponius.
»Ja,
Herr!«
»Ich hatte noch
etwas vergessen zu fragen«, sagte ich. »Nur eine
Kleinigkeit -«
»Leb wohl,
Gordianus.«
Ich atmete tief ein.
»Leb wohl, Titus Coponius.«
Belbo wartete vor der
Tür und sonnte sich. Gemeinsam gingen wir schweigend durch die
Straßen des Palatins, rochen die Düfte mittäglicher
Mahlzeiten und lauschten den Geräuschen, die vom Forum
widerhallten. Ich ging nur, um zu gehen, ohne ein bestimmtes Ziel.
Ich mußte nachdenken.
Ich begann eine Seite
von Dio zu entdecken, die ich bei ihm nie vermutet hätte.
Außerdem war es mir gelungen, den Ablauf seiner letzten Tage
und Stunden einigermaßen genau zu rekonstruieren. Das
blutrünstige Drama seines Todes schien eigendich ganz offen
vor mir zu liegen; man mußte nur noch feststellen, wer in
jener schicksalhaften Nacht in sein Zimmer eingedrungen war.
Trotzdem wurde ich das beunruhigende Gefühl nicht los,
daß irgend etwas an der Sache sehr, sehr faul war.
14
»Das
Mädchen ist wichtig. Ich weiß nicht genau, warum, aber
ich bin mir ganz sicher.«
»Welches
Mädchen?« fragte Eco.
»Die Sklavin
Zotica. Die Dio…«
»Wichtig?«
fragte Eco. »Wie denn das? Wenn sie im Raum gewesen
wäre, als die Mörder eindrangen, wäre sie eine
Zeugin, obwohl ich bezweifle, daß sie dann noch leben
würde. Es sei denn, sie war Teil eines Komplotts, doch dann
hätten sie die Läden nicht aufbrechen müssen - sie
hätten ja mit ihrer Hilfe ins Haus gelangen können.
Andererseits hätten sie vielleicht doch die Läden
aufgebrochen und sie trotzdem umgebracht, damit sie nicht
redet… all das führt uns aber weg von dem, was wir
wissen, nämlich daß die Sklavin nicht im Zimmer war, als
Dio ermordet wurde.«
»Trotzdem…«
Ich war des
Herumlaufens und Grübelns schließlich müde geworden
und zum Essen nach Hause gegangen, um festzustellen, daß auch
Eco und seine Familie da waren. Während die Frauen und Kinder
sich im Garten des Hauses aufhielten, saßen Eco und ich in
dem kleinen Atrium hinter der Eingangshalle und sonnten uns im
warmen Sonnenlicht, das in den Hof fiel. Ich berichtete ihm
alles, was ich am Morgen bei meinen Besuchen bei Lucceius und
Coponius erfahren hatte.
»Zu dumm,
daß Cicero mit ins Spiel gekommen ist«, sagte Eco
kopfschüttelnd. »Man stelle sich das vor, Cicero
übernimmt Marcus Caelius’ Verteidigung, nach all dem
bösen Blut, das es zwischen ihnen gegeben
hat!«
»Es geht um sehr
viel«, sagte ich. »Die Anklagepunkte sind gravierend,
gravierend genug, um selbst einen so forschen Kerl wie Caelius
reumütig zu seinem alten Lehrer zurückkehren zu lassen.
Ich bin sicher, Cicero hat ihm das Versprechen abgenommen, von
jetzt an ein braver Junge zu sein und in alle Zukunft den Status
quo zu unterstützen. Muß ein ziemlicher Triumph für
Cicero gewesen sein, sein verirrtes Schaf zurück zur Herde zu
bringen.«
»Und
vorausgesetzt, Cicero haut ihn da raus, erhält Caelius erneut
Gelegenheit, seinen alten Mentor zu verraten«, bemerkte
Eco.
Ich lachte.
»Genau. Die beiden sind wahrscheinlich füreinander
geschaffen.«
»Trotzdem zu
dumm, daß Cicero die Verteidung übernommen hat. Selbst
wenn du zwingende Beweise für Caelius’ Schuld findest
-«
»- wird Cicero
sie vermutlich in Rauch aufgehen lassen, während er die
Richter über einen komplett irrelevanten Seitenpfad zum
Freispruch führt. Ja, das dachte ich auch gerade. Da wir
selbst oft genug für Cicero gearbeitet haben, wissen wir, wie
durch und durch skrupellos und verwerflich, aber auch, wie
überzeugend er sein kann. Es macht wirklich keinen Spaß,
auf der anderen Seite zu stehen.«
Eco schloß die
Augen, lehnte sich an eine Säule und ließ sich von der
Sonne das Gesicht wärmen. »Doch die wirklich schlechte
Nachricht ist die, daß Lucceius’ Küchensklaven in
die Minen von Picenum geschickt worden sind. Wenn Lucceius’
Frau recht hat, stecken sie tief in der Sache mit drin. Wenn sie
bestochen wurden, das Essen zu vergiften, müßten sie zumindest einen
Hinweis darauf geben können, wer sie bezahlt hat. Sie sind das
Glied in der Kette, das du dir als nächstes vornehmen
mußt. Aber sie sind weit weg, und egal, was sie wissen, es
klingt nicht so, als würde Lucceius sie aussagen
lassen.«
»Ja, es ist
entmutigend. Aber
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