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Römischer Lorbeer

Römischer Lorbeer

Titel: Römischer Lorbeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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»Seinen Namen weiß ich
nicht.«
    Ich nickte. »Nur
um sicherzugehen, daß ich alles richtig verstanden habe. Als
ihr die Tür aufgebrochen habt, war Dio alleine und tot. Zotica
war nicht bei ihm.«
    »So ist
es.«
    »Und was
passierte früher an diesem Abend?«
    Er sah mich an und
spähte erneut in den Flur. »Also gut, warum soll ich es
dir nicht erzählen? Sie ist jetzt weg, das arme Kind. Ja,
zuerst war Zotica bei Dio. Er kam in dieser lächerlichen
Aufmachung nach Hause, in einer Stola, wenn du mir das glauben
kannst, und hatte miserable Laune, sogar noch übler als sonst.
Er schnippte mit den Fingern nach Zotica und befahl ihr, mit auf
sein Zimmer zu kommen und sich um ihn zu kümmern. ›Um
ihm beim Abschminken zu helfen‹, lästerte eine der
anderen Sklavinnen. ›Nicht nur das…!‹ sagte
eine andere. Sie waren immer gemein zu Zotica, weil sie die
jüngste und schönste von ihnen war, aber ich glaube, sie
waren auch froh, daß Dio sich für Zotica und nicht
für sie entschieden hatte.«
    »Dio ist also
auf sein Zimmer gegangen und hat das Mädchen
mitgenommen.«
    »Ja, aber
später muß er sie fortgeschickt haben.«
    »Wie kommst du
darauf?«
    »Der Rest des
Hauses war schon schlafen gegangen. Ich hielt an der
Eingangstür Wache. Ich hörte etwas im Flur und sah nach.
Es war Zotica, die aus Dios Zimmer kam. Sie war nackt, hielt ihr
Gewand zusammengeknüllt in den Händen und
weinte.«   
    »Ihr Gewand
hielt sie in den Händen? Warum hat sie es nicht
angehabt?«
    »Was glaubst du
wohl? Ich vermute, der alte Mann hatte es ihr vom Leib gerissen und
so zerfetzt, daß sie es nicht mehr tragen konnte. Ich fragte
sie, was los war, doch sie schüttelte nur den Kopf und rannte
zu den Sklavenunterkünften. Ich dachte, er wäre früher
als gewohnt fertig geworden und hätte sie dabei noch
übler zugerichtet.«
    »War das lange
vor den Geräuschen, die du gehört hast, als die
Attentäter kamen?«
    »O ja, eine
ganze Weile vorher.«
    »Aber eben hast
du mir doch erzählt, daß du gedacht hättest, es
könnten Dio und Zotica sein, die die Geräusche
verursachten …«
    Er zuckte die Achseln.
»Ich dachte, sie hätte sich vielleicht noch einmal aus
dem Zimmer geschlichen, doch das hatte sie eben nicht. Als wir die
Tür zu Dios Zimmer aufbrachen, war Zotica bei den anderen
Sklavinnen im Quartier. Das steht außer Frage. Sie hat beim
Hereinkommen mit ihrem Schluchzen ein paar der anderen Sklavinnen
aufgeweckt, die wegen des fortwährenden Weinens nicht wieder
einschlafen konnten. Sie haben ihr gedroht, sie zu schlagen, aber
sie konnte nicht aufhören. Es besteht kein Zweifel daran,
daß sie bei den anderen war, als Dio erstochen
wurde.«
    »Trotzdem
möchte ich mit ihr reden. Nachdem du die Tür aufgebrochen
hattest, was genau hast du da gesehen?«
    Philo sah mich
nachdenklich an. »Stühle und Tische waren
umgestoßen. Die Fensterläden standen offen. Dio lag tot
auf dem Sofa.«
    »Woran hast du
erkannt, daß er tot war?«
    »An seinem
Gesichtsausdruck!« Die Erinnerung ließ Philo blaß
werden. »Dieser Blick - Augen und Mund vor blankem Entsetzen
weit aufgerissen, als hätte er das Antlitz von Zerberus
persönlich gesehen.«
    »Blankes
Entsetzen - und trotzdem hast du ihn nicht schreien
gehört?«
    »Nein.«
    »Aber bei einem
solchen Gesichtsausdruck muß er doch gewußt haben,
daß er angegriffen wurde, er muß die Stiche
gespürt haben. Warum hat er nicht geschrien?«
    »Ich weiß
es nicht. Ich weiß nur, daß ich ihn nicht gehört
habe.«
    »Hast du seine
Wunden gesehen?«
    »Ganz deutlich.
Als später die Männer von der Nekropole kamen, habe ich
geholfen, ihn auszuziehen.«
    »Wie oft haben
die Täter zugestochen?«
    »Sechs- oder
siebenmal, glaube ich. Alle Stiche in die Brust, dicht
nebeneinander.«
    »Wie
dicht?«
    Er legte seine
gespreizten Hände nebeneinander. »Man hätte seine
Wunden mit zwei Händen bedecken können.«
    »Aber er
muß sich doch gewehrt haben. Ein ängstlicher, aus dem
Schlaf hochgeschreckter Mann, panisch. Man sticht zum ersten Mal
auf ihn ein - da muß er doch schreien und sich wehren, um den
nächsten Stich zu
verhindern.«     
    »Vielleicht
wurden ihm die Arme fest- und der Mund
zugehalten.«
    »Wie viele
Männer würde das erfordern?«
    »Das Zimmer war
völlig verwüstet. Vielleicht hat eine ganze Bande dort
drinnen herumgetobt.«
    »Vielleicht. Ich
nehme an, Teppiche und Wände waren
blutverschmiert.«
    Philo runzelte die
Stirn. »Eigentlich nicht.«
    »Aber

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