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Roemisches Roulette

Roemisches Roulette

Titel: Roemisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Caldwell
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mich von meinen Eltern trösten zu lassen. Dafür waren Nick und ich fast ausnahmslos selbst zuständig – sogar nachdem wir uns gegenseitig verletzt hatten.
    Ich konzentrierte mich wieder auf die Gegenwart und stellte fest, dass Nora schon dabei war uns vorzustellen. “Bereit?”, flüsterte Nick und strich mir über den Rücken.
    Ich sah zu ihm auf und starrte auf die Sommersprossen auf seiner Nasenwurzel. Diese Sommersprossen waren seit jeher da gewesen – von dem Tag, als ich ihn in jener Galerie traf, über die ersten, unbeschwerten Tage des einander Umgarnens, die wir bei den Baseballspielen der Chicago Cubs in der Sonne verbracht hatten, bis zu den langen, grauen Tagen, die seiner verhängnisvollen Geschäftsreise gefolgt waren. Und jetzt saßen wir hier, Nick und ich, und Nick hatte immer noch diese jungenhaften Sommersprossen, denen es egal war, dass das Gesicht, zu dem sie gehörten, seine Unschuld längst verloren hatte.
    Ich nickte. Gemeinsam betraten wir das Podium.
    Nick räusperte sich und eines der Mikrofone löste eine durchdringend klingende Rückkopplung aus. Nick nahm den Kopf ein Stück zurück, und während seine Hand noch immer auf meinem Rücken lag, begann er zu sprechen. “Ich bin Dr. Nick Blakely, und das ist meine Frau Rachel.”
    Einige der Presseleute veränderten ihre Position. Aber ihre Mienen blieben teilnahmslos bis gelangweilt.
    “Rachel und ich sind heute hier”, fuhr Nick fort, “um uns zu den Anschuldigungen zu äußern, die das Chicago Police Department gegen uns erhoben hat. Wir sind es weder gewohnt in der Öffentlichkeit zu stehen, noch möchten wir uns daran gewöhnen, also entschuldigen Sie bitte, wenn wir nicht so geschliffen auftreten wie meine geliebten Eltern.” Dieser Satz stammte direkt aus Noras Feder und löste bei einigen Reportern ein Kichern aus. “Wir werden beide ein paar Fragen beantworten”, sprach Nick weiter, “doch zuvor möchte ich Ihnen etwas über meine Frau erzählen.”
    Das stand nicht im Drehbuch, und ich musste an mich halten, um die Augen nicht vor Erstaunen aufzureißen.
Was machst du da, Nick? Was willst du jetzt sagen?
Er sollte eigentlich mit einfachen Worten die Presse begrüßen und mich vorstellen. Dann hätte erst ich meine einstudierten Sätze vorgetragen und anschließend Nick die seinen. Wir hätten Fragen mit sorgfältig zurechtgelegten Phrasen “beantwortet”, und danach wären wir gegangen. Was also hatte er vor?
    Nick holte tief Luft, als läge eine schier unüberwindbare Aufgabe vor ihm. Oh Gott, dachte ich. Oh nein.
    “Meine Frau Rachel Goldin Blakely hat es in der letzten Zeit wahrlich nicht leicht gehabt.”
    Ich kniff ihm verstohlen in den Arm.
Was zum Teufel machst du da, Nick?
Ich sah Peter Blakely im hinteren Teil des Raumes stehen, der seinen Kopf langsam von einer Seite zur anderen bewegte und so versuchte, seinen Sohn zu stoppen.
    “Aber Rachel ist eine Kämpfernatur”, fuhr Nick fort, “und sie ist zäh. Ihr Verhalten hat mich erstaunt.” Er sah mir in die Augen. Sein Blick war zärtlich und liebevoll. “Sie hat mich schon erstaunt, als wir uns das erste Mal getroffen haben, aber mit jedem Jahr entwickelt sie sich zu einer schöneren, einer klügeren und stärkeren Frau. Sie ist das Blut, das durch meine Adern fließt, und ohne sie wäre ich nichts. Ich wollte diesen Rahmen nutzen, um ihr in aller Öffentlichkeit dafür zu danken. Dafür zu danken, dass sie so ist, wie sie ist.”
    Ich war den Tränen nahe, und so schlug ich die Augen nieder, um mich zu sammeln. Als ich wieder aufsah, schaute Nick mich an. “Danke”, hauchte ich kaum hörbar.
    Nick wies aufs Podium und überlies mir seinen Platz. Es war an der Zeit für meine Zeilen.
    Während ich mich in Position stellte, wirbelten in meinem Kopf Nicks Worte und das Bild von dem liebevollen Ausdruck in seinem Gesicht durcheinander. Einen langen, seltsamen Moment wunderte ich mich darüber, wie sehr mein Ehemann mich manchmal verblüffte. Doch vielleicht war es gerade das, was eine Ehe ausmachte – die unterschiedlichen Phasen von Bestürzung, Erleichterung und Wohlgefühl, die einer beim anderen auslösen konnte. Mit Sicherheit gehörte zur Ehe die Fähigkeit zu vergeben, und diese Kraft machte eine Ehe nur noch stärker.
    Mit diesen Gedanken im Kopf holte ich tief Luft und sprach die ersten Worte in die Mikrofone: “Nick und ich haben Kit Kernaghan nicht umgebracht.”
    Nach der Pressekonferenz flogen Nora und Peter mit dem Versprechen nach

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