Roen Orm 3: Kinder des Zwielichts (German Edition)
war.
Janiel saß allein in seiner engen Schlafkammer, Rynwolf hatte ihm nicht gestattet, am Gebet teilzunehmen. Sein Meister war besorgt um ihn, er hatte tatsächlich um Vergebung gebeten dafür, dass er die Macht der Gefangenen so unterschätzt hatte.
„Ich hätte wissen müssen, dass es eine wahrhaft gefährliche Hexe braucht, um dir solche Zeichen des Finsterlings einzubrennen“, hatte er gesagt. „Ich hätte ahnen müssen, dass nur eine wirklich mächtige Tochter der Dunkelheit fähig ist, die gesamte Priesterschaft herauszufordern und die Folter so leichtherzig zu ertragen. Ruh dich aus, Janiel, ich bin froh, dass wir dich nicht verloren haben.“
Janiel seufzte und strich über Inanis Flammenschrift. Ob sie wirklich gestorben wäre, wenn er sich ihr nicht zugewandt hätte, um den Bund zu vollenden? Was hatte sie nur dazu getrieben? Was sollte er tun? Wohin sollte er gehen? Was bedeutete es tatsächlich für ihn, mit Leib und Seele an eine Hexe gebunden zu sein ?
16.
„Erzähle deinem Freund, du hast eine Krähe gesehen, und am Ende des Tages fragt dich dein Nachbar, wann du den Angriff der Drachenhorden überlebt hast. Die schlichte Wahrheit ist nun mal zu langweilig, als dass es da nicht Raum zur Verbesserung gäbe. So etwas würde ich mit meinen Texten natürlich niemals tun!“
Zitat aus „Zwischen den Welten“, Reiseerinnerungen, von Erim Hargalt, Adliger aus Roen Orm
Avanya sah, wie der junge Loy zögerte, sich beinahe gewaltsam überwinden musste, um den dunklen Eingang des Bergwerks passieren zu können. Sie war froh, dass er ihr unhöfliches Verhalten gelassen hingenommen hatte – einen Loy als Feind, das konnte sie sich nicht leisten, auch wenn Eiven deutlich schlanker und kleiner als Niyam war.
„Noch ein paar Schritte, gleich wird es heller“, versicherte sie ihm, während sie langsam vorausging. Sie hatte den ehemals schmalen, grob in den Fels geschlagenen Tunnel verbreitert. Eigentlich nur aus Mitleid, das gewaltsam beschlagene Gestein hatte ihr Herz bluten lassen. Mit heilender Kraft hatte sie die Schrunden geglättet, die rohen Krater gefüllt, natürliche Wuchsformen und Granulierungen hervor gearbeitet. Jetzt war sie froh darüber. Natürlich, Eiven konnte diese Schönheit wohl weder erkennen noch würdigen, doch zumindest musste er seine breiten Schultern und die Flügel nicht durch einen engen Spalt quetschen, sondern konnte aufrecht gehen. Vermutlich wäre er ihr sonst gar nicht erst gefolgt, sie spürte sein Unbehagen deutlich. Ein wenig Sorge bereitete Avanya der Übergang in die Haupttunnel, dort war es völlig finster und die Decke sehr niedrig. Tatsächlich blieb er dort stehen und starrte mit weit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit.
„Eiven?“
Er kämpfte gegen die Panik. Eiven wusste, es gab nichts zu befürchten, es waren nur Felsen. Totes Gestein, sonst nichts. Aber dieses Wissen war nutzlos, es erreichte seine Instinkte nicht, die zu ihm schrien, dass er fliehen musste, sofort, sonst würde der Berg ihn begraben. Die Wände schienen auf ihn herabzudrücken, es war so eng hier, wie sollte er atmen?
„Eiven?“ Er riss erschrocken die Lider auf, als sich eine winzige Hand auf seinen Arm legte, hatte nicht einmal gespürt, sie überhaupt geschlossen zu haben. Voller Staunen sah er, dass es gar nicht mehr dunkel um ihn war. Avanya leuchtete matt, von innen heraus.
„Ist das Magie?“, flüsterte er. So etwas Schönes hatte er noch nie gesehen. Fast wie ein Stern am Nachthimmel.
„Was meinst du? Oh – hm, ich weiß es nicht. Alle Nola leuchten ein bisschen in der Dunkelheit, es sei denn, wir unterdrücken es. Den kleinen Kindern wird erzählt, wir seien aus einem leuchtenden Kristall erschaffen worden, von einem Wesen der Urzeit, das nicht länger allein auf der Welt sein wollte, die der Schöpfergott erschaffen hatte. Aber die Kristallstatuen waren leblos, und das Wesen weinte viele Tage lang, voller Kummer, weil es immer noch allein war. Aus den Tränen ist das Meer entstanden. Der Sonnengott blickte zufällig auf Enra herab und sah das funkelnde Wasser, und gemeinsam mit seiner Mondschwester stieg er hinab auf die Welt, um zu sehen, woher es kam. In den Tiefen der Erde fanden sie schließlich das klagende Geschöpf, und aus Mitleid erweckten sie die Statuen zum Leben. Weil die göttlichen Geschwister gemeinsam ihre Kraft gaben, leben wir Nola im Schoß der Erde, wo wir Pya spüren, sind allerdings trotzdem Wesen des Lichts, und leuchten deshalb aus
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