Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
Osmege?“
Ledrea! Die verfluchte Elfe, die ihn nicht loslassen wollte, die an ihm klebte wie ein Sumpfegel und unentwegt versuchte, ihn mit ins Nichts zu ziehen, in dem sie kreiste.
„Die Fremde stammt aus der Welt, in die Taón und die anderen Überlebenden geflohen sind. Noch weiß sie nicht viel von dir und von Anevy, aber Chyvile wird ihr weiterhelfen. Mein Volk kehrt heim!“
„Du lügst! Wenn es so leicht wäre, zwischen den Welten zu wechseln, wo sind dann die anderen Elfen? Wozu bräuchte es noch eine Steintänzerin?“
„Es ist die Wahrheit, Osmege, erkenne sie, wenn sie dich bereits verbrennt. Die Fremde ist gekommen, um der Prophezeiung von Fin Marla zur Erfüllung zu verhelfen. Elys, Shesden und Anedel haben ihre Schicksale an dich gebunden. Du kannst nicht sterben und sie können nicht leben, bis die Worte der Seherin wahr geworden sind. Begreife die Natur der Magie. Sie verändert die Welt, ein jedes Mal, und die Welt wird niemals mehr die gleiche sein.“
Schreiend vor Wut schlug Osmege um sich, sodass seine Festung in den Grundmauern erschüttert wurde.
„Willst du behaupten, mir bleibt keine andere Wahl als getötet zu werden? Von ein paar winzigen Orn, die nicht einmal mehr wissen, dass ihre Seelen früher mächtigen Elfenfürsten gehörten?“
„Die Prophezeiung kann fehlschlagen, Osmege. Schon unzählige Male hast du verhindern können, dass die Gefährten mit der Steintänzerin zusammenfinden. Auch jetzt noch könntest du den Sieg deiner Feinde abwenden. Und dann würde es von vorne beginnen, ihre Seelen in neue Körper wiedergeboren werden, um dich irgendwann zu vernichten. Es wird nicht enden, Osmege, bevor die Steintänzerin nicht ihr Werk erfüllen durfte. Sie und ihre Gefährten haben sich selbst verflucht, die Magie zwingt sie, und sie zwingt dich, in diesen ewigen Kreislauf aus Leid und Tod. Genau wie ich dich fessle, indem ich mich selbst gebunden habe.“
Osmege starrte auf seine Hände nieder, blutig geschlagen von seiner Raserei. Er spürte den Schmerz nicht. Seine Seele war unentwegt von Schmerzen erfüllt, von zu starken Qualen, um solche Äußerlichkeiten noch wahrzunehmen.
„Es wäre gut, zu sterben“, wisperte Onme in ihm.
„Aber ich habe eine Aufgabe zu erfüllen! Ich muss die Orn retten!“, widersprach Ismege.
„Töte sie! Töte die Fremde, die der Tänzerin hilft!“, zischte Etwas.
„Ich wünschte, es wäre vorbei“, wimmerte Onme, und Ismege brauchte all ihre Kraft, um ihn zurückzudrängen.
Inani betrachtete das weite, grasbewachsene Land, das sich unter ihr ausbreitete. Eine schwarze Flut von Chimären wogte auf sie zu, überschwemmte die eben noch so leer erscheinenden Ebenen. Der Himmel färbte sich dunkel von fliegenden Geschöpfen aller Art und Größen. Zeit zu gehen!
Sie suchte nach Chyvile, die gerade den Kristall wieder durch das Wasser gleiten ließ. Osmege war einige Minuten lang verdächtig still geblieben, Inani war sich sicher, dass ihr Spiel zu offensichtlich gewesen war, zu leicht zu durchschauen, selbst für ein vom Wahnsinn zerfressenes Wesen.
„Wir sind bereit, komm zurück. Tarne dich erst einmal, Osmege wird uns früh genug finden“, sprach Maondny in ihr.
„Hol den Kristall, ich lenke Osmege noch ein wenig ab“, bot Chyvile augenblicklich an.
Inani öffnete die Nebelwelt, die hier genauso aufgebaut war wie daheim, schickte aber nur ihre Magie hindurch zu
Chyvile, um den Kristall zu holen. Es schmerzte, wie stets, wenn sie zur Luftmagie griff, eine Beschränkung, die sie nie hatte hinnehmen wollen. Nur einen Moment später ruhte der Kristall in ihrer Hand. Kopfschüttelnd betrachtete sie die Chimären, leidende, zerstörte Kreaturen, dann trat sie in den Nebel und suchte ihren Weg zurück zu Maondny. Ihr war bewusst, dass hunderte Geschöpfe nachfolgten, doch es kümmerte sie nicht. Die Chimären waren zu weit hinter ihr, um den gleichen Weg gehen zu können wie sie. Kein einziges dieser Wesen würde aus der Nebelwelt herausfinden, sie waren allesamt verloren. Kein gnädiges Ende. Trotzdem besser als dieses Dasein, das Osmege ihnen aufgezwungen hatte.
36.
„Begegne deinem schlimmsten Feinde stets wie deinem besten Freund. Sei höflich, höre, was er zu sagen hat, und töte ihn nur, wenn er ausdrücklich zuerst angreift. Möglicherweise wird er ja noch irgendwann einmal dein Freund. Oder er war es irgendwann einmal.“
Ehrenkodex der Nola
Leise summend schlenderte Chelsa
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