Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
kommen.“
Abwartend blickten die anderen sie an, ahnend, dass Maondny auch für sie bereits genaue Pläne geschmiedet hatte. Niemand zweifelte an, ob sie das Recht hatte, dies zu tun, Entscheidungen zu treffen, die so weitgehend waren. Das absolute Vertrauen in sie und ihre Motive wurzelte tief in Inani und Thamar, aber auch von den anderen gab es keinen Gedanken an Zurückhaltung. Die Macht, die Maondny damit gegeben wurde, ließ sie beinahe zögern. Doch zu weit war sie gegangen, es war bereits lange unmöglich, anzuhalten oder umzukehren. Sie betete zu allen Göttern, dass sie sich nicht geirrt hatte.
„Thamar, gib Avanya den Kristall zurück. Ihr beide“, sie blickte die Nalla und Eiven an, „ihr müsst in die Tunnel unterhalb Roen Orms gehen. Niyam hat lange und gründlich gesucht, aber nicht alle Geheimnisse der Nola erforschen können. Zusammen werdet ihr den verlorenen Gedankenstein der Loy finden. Kehrt danach hierher zurück und wartet auf meine Rückkehr.“
„So schnell?“, rief Eiven verblüfft. „Wir sollen innerhalb weniger Stunden schaffen, was Niyam in Verlauf von Jahrzehnten nicht gelungen ist?“
„Wie schon gesagt, Niyam hatte keine Nola an seiner Seite. Avanya muss sich nur erinnern und das gelingt ihr, sobald du ihr alles erzählt hast, was du über den Stein weißt“, erwiderte Maondny lächelnd. Dann wandte sie sich Inani zu.
„Muss ich die Hexen auf eine Versöhnung mit Ti einschwören?“, fragte diese amüsiert.
„Nein. Ich brauche dich. Geh mit mir nach Anevy, denn der magische Strudel ist im Moment noch von einem Siegelstein verschlossen. Ohne die Nebelpfade kann ich nicht auf die andere Seite.“
„Du zögerst. Was willst du mir sagen und findest nicht die rechten Worte dafür?“ Inani musterte sie scharf.
Seufzend senkte Maondny den Blick.
„Wir werden Osmege begegnen, du hast in meinen Erinnerungen gesehen, wie gefährlich er ist.“
Janiel rührte sich besorgt, ließ sich aber von Thamar mit einer entschiedenen Bewegung zum Schweigen bringen.
„Es gibt unzählige Möglichkeiten, was genau geschehen könnte, ich kann es nicht bestimmen oder noch deutlicher sagen, was die schlimmste Alternative wäre. Du wirst lebendig heimkehren, das ist gewiss. Wie hoch der Preis dafür sein wird, nicht.“
„Inani“, begann Janiel, doch sie schüttelte den Kopf und ließ ihn mit einem Kuss verstummen.
„Ich werde mitgehen. Maondny ist seit vielen Jahren meine Freundin, ich weiß, was sie erleiden muss. Niemand zahlt einen größeren Preis als sie. Wenn ich ihr helfen kann, dann steht es außer Frage, selbstverständlich gehe ich mit ihr.“
„Komm rasch zurück und pass gut auf dich auf.“
„Das werde ich“, erwiderte sie ungewöhnlich ernst. „Ich will auch dir beistehen. Das, was dir bevorsteht, ist ein Tanz auf dem Vulkan.“
„Avanya, vielleicht könntest du Inani noch kurz einen Gefallen tun?“, fragte Maondny. Die Nalla blickte von ihrem Bleikristallanhänger hoch, den Thamar ihr gerade überreicht hatte.
„Die beiden verbliebenen Haare von Corin, hole sie hervor, Inani.“
Sie nahm Inani die kostbaren, kaum sichtbaren Haare ab und hielt sie Avanya entgegen. „Umhülle sie mit einer durchsichtigen Kristallschicht, etwa so dick wie dein eigener Anhänger. Vorsicht, du darfst sie nicht berühren, sonst löst du ihre Magie aus.“
„Und warum darf Inani oder du sie dann anfassen?“, murmelte die Nola geistesabwesend, während sie bereits nach etwas suchte, das sie als Grundlage für ihre Magie nutzen könnte.
„In dem Gefäß dort drüben wird Meereswasser aufbewahrt, du findest genügend Salzkristalle. Inani wurde von Corin zur Botin bestimmt, darum kann sie die Haare berühren. Ich selbst bin nicht ausreichend körperlich in dieser Welt, um diese besondere Magie auslösen zu können.“
Verwirrt nahm Avanya diese Erklärung hin, ließ Salz auf Maondnys Handflächen fallen und ließ ihren Kräften freien Lauf. Einige Momente später gab Maondny zwei nussgroße, durchsichtige Kristalle an Inani zurück, in denen die magischen Haare sicher verwahrt waren.
„Werde ich verstehen, was das bedeutet?“, fragte ihre Freundin lächelnd.
„Schon sehr bald, ja.“
Maondny drehte sich zurück zum Weltenstrudel und sagte entschlossen: „Anevy!“
Das wellenartige, hypnotische Funkeln veränderte sich, Ruhe kehrte in das Muster ein. Immer noch blieb es unbestimmbar, ob es Wasser, Licht oder irgendetwas dazwischen war. Auf Maondnys Geheiß rief Inani
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