Roen Orm 4: Herrscher der Elemente (German Edition)
Schlange nicht unähnliche Körper lag entspannt am Boden, seine Flügel dicht angelegt. Die Beine waren kurz und mit scharfen Klauen bewehrt. Sie spürte die Mächte von Feuer, Luft und Erde in diesem Drachen, so stark, dass es ihr den Atem nahm. Die Kette, die ihn fesseln sollte, schien mehr Schmuck zu sein. Er könnte jederzeit gehen, wenn er nur wollte. Es ist wohl diese Prophezeiung, die auch ihn bindet … Pya, die Elfen haben sich alle geirrt. Es ist nicht die Natur der Magie, die unbegreiflich ist, sondern die Gabe der Sicht. Sie ist es, die Macht der Prophezeiung, die selbst die Götter in die Knie zwingt!
Wieder spürte sie den Hass, der wie eine Faust gegen ihr Bewusstsein schlug und schaute auf. Osmege war gekommen.
Der Dunkle Orn stand vor dem Siegelstein und starrte sie alle an.
„Seid ihr also zu eurer endgültigen Vernichtung hier versammelt?“, fragte er leise. „Elfen, wiedergeboren in Orn. Ein Elfenmischling, erfüllt von Leid und dem Wissen um zu viele Dinge, die vielleicht niemals geschehen werden. Eine Fremde, erwählt von den Göttern, die nicht hierher gehört und keinen Platz in der Prophezeiung besitzt. Was wollt ihr in meinem Reich?“
„Eine neue Ordnung beginnen, Osmege“, erwiderte Maondny ernst. „Die Zeit der Elfen musste enden, denn sie war Gleichgewicht, das schon zu lange anhielt. Deine Zeit war das Chaos, aus dem der Neubeginn erwachsen wird.
Die Prophezeiung muss erfüllt werden, damit nun neue Ordnung entstehen wird.“
„Muss sie nicht!“, zischte Osmege. Schatten waberten über sein zerstörtes Gesicht, als ein Kampf um das vorherrschende Bewusstsein begann.
„Zerstöre ich die Prophezeiung, kann ebenfalls eine neue Ordnung entstehen. Ich habe die Macht dazu, Elfenmischling, und das weißt du.“ Aus seinen Augen schossen Blitze, auf Chelsa gezielt. Sie regte sich nicht, versuchte weder auszuweichen noch sich zu schützen. Inani stand zu weit entfernt, um handeln zu können. Doch Jordre und Pera sprangen vor, und die vernichtenden Energien trafen sie an Chelsas Stelle. Sie versuchten beide vergeblich, sich magisch zu schützen. Stumm sanken sie zu Boden, nicht tot, aber tödlich verletzt.
Inani wollte zu ihnen eilen, um ihnen zu helfen.
„Bleib!“, befahl Maondny. Erschüttert blieb Inani stehen.
„Und nun du?“ Osmege trat zu der Elfe und musterte sie von oben bis unten. „Unverkennbar Fin Marlas Brut, nicht wahr? Wird sie weinen, wenn ich dich töte?“
„Du kannst mich nicht töten, Osmege.“ Maondny lächelte sanft.
„Deine Kräfte sind weitaus schwächer als die deiner Eltern, und ich bin in den letzten Jahrhunderten gewachsen.“ Wieder waberten Schatten über seine Gestalt, die Stimme veränderte sich leicht. „Warum sollten wir versagen?“
„Finde es selbst heraus. Aber womöglich möchtest du erst einmal meine Freundin kennen lernen?“ Sie wies auf Inani, die in diesem Moment eine gewaltige Präsenz spürte, die fast so stark wie die eines Gottes schien. Eine Stimme erfüllte Inanis Geist mit solcher Macht, dass es sie fast in die Knie zwang.
„Inani … also bist du gekommen.“ Es war der Drache, der zu ihr sprach, obwohl es kein weiteres Zeichen dafür gab, dass er erwacht war.
„Wer bist du?“, fragte Inani verblüfft. Sie fühlte starke innere Verbundenheit zu diesem Drachen, als wäre er ihr Seelenvertrauter, ein Leben lang schon an ihrer Seite. Dabei war sie sich sicher, ihn heute zum ersten Mal zu erblicken.
„Ich bin Marjcheog, der letzte Drache Anevys. In der Nacht, als du zum ersten Mal ein Seelenbündnis schließen solltest, griff Pya in das Schicksal ein und brachte meine Gedanken nach Enra. Seit Jahren bin ich dein Seelenvertrauter, obwohl du mich weder rufen noch spüren konntest. Da ich ein Geschöpf der alten Zeit bin, kannst du mir nicht so nahe kommen wie deinen üblichen Vertrauten. Wenn du stirbst, verliere ich nur einen Gedanken, nicht mein Leben. Ich sehe, du bist bereits einem anderen Wesen der ersten Schöpfung begegnet … Ich bin wie der weiße Vogel in deiner Erinnerung.
Die Allianz zwischen unseren Seelen ist noch nicht vollendet, Inani. Du musst deine Bindungsfähigkeit an die Schlangen aufgeben, denn diese Kreaturen sind mir vom Wesen her zu ähnlich, obwohl sie an die Erde gebunden sind und ich zu gleichen Teilen Feuer, Erde und Luft angehöre. Opfere sie, erst dann kann ich dir nahe sein.“
Inani stand wie erstarrt, sie wusste nicht, ob sie richtig verstanden hatte, was Marjcheog von ihr
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