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Röslein stach - Die Arena-Thriller

Röslein stach - Die Arena-Thriller

Titel: Röslein stach - Die Arena-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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ist letztendlich zu zweit unglücklich. Nur die Unterhaltungsindustrie suggeriert den Leuten was anderes. Und die sind dann frustriert, wenn sie nicht kriegen, was ihnen die ganzen Schmonzetten jeden Abend versprechen.«
    »So habe ich das noch nie gesehen«, gestand Antonia.
    »Und außerdem ist dieses Zweisamkeitsglück total egoistisch. Die Beschränkung darauf macht die Menschen gleichgültig gegenüber den ganzen Ungerechtigkeiten der Welt. Sie schauen gar nicht mehr über ihren Gartenzaun, engagieren sich nicht mehr für andere oder für ihre Umwelt. Aber wir brauchen Engagement, sonst sieht die Welt in fünfzig Jahren echt düster aus.«
    Antonia schwieg nachdenklich. Sie fand, Robert klang wie ein vom Leben enttäuschter alter Mann. Bestimmt hatte ihn ein Mädchen, in das er verliebt gewesen war, abblitzen lassen und Robert hatte daraufhin der Liebe komplett abgeschworen. So hörte er sich zumindest an. Antonia bekam einen Kloß im Hals, den sie vehement herunterschluckte. Aber vielleicht hatte Robert auch recht. Ihre Eltern jedenfalls waren nicht einmal so lange zusammengeblieben, bis sie geboren war, und wenn sie an ihre Mutter dachte… Bis heute nahm Antonia ihrer Mutter übel, dass sie Ralph offenbar lieber mochte als ihre eigene Tochter. Das erschien ihr falsch. Hieß es nicht immer, Mutterliebe stünde über allem? Oder war das auch nur so ein kitschiges Klischee? Je länger Antonia über Roberts Worte nachdachte, desto klarer wurde ihr, was für ein festgefügtes Weltbild sie besaß: Frauen und Männer sollten einander ewig lieben, bis ans Ende ihrer Tage. Gleichzeitig durfte eine Mutter ihren Mann nicht mehr lieben als ihr Kind. Das alles konnte ja nicht funktionieren!
    Aber war das überhaupt Liebe, was ihre Mutter mit Ralph verband? War es nicht vielmehr genau das, was Robert als »Kompromiss« bezeichnete? Das und die Unfähigkeit, allein zu sein? Jedenfalls ist es irgendetwas Krankes, was meine Mutter mit Ralph verbindet, dachte Antonia.
    Da lenkte Robert ein: »Versteh mich nicht falsch. Natürlich können sich zwei Menschen ineinander verlieben, ganz klar. Das ist aber nur ein hormoneller Ausnahmezustand, der wieder vorbeigeht. Man sollte es nicht gar so ernst nehmen und nicht erwarten, dass es für die Ewigkeit ist.«
    Antonia dachte noch über das Gesagte nach, da blickte er sie lächelnd von der Seite an und fragte: »Habe ich dir jetzt ein paar Illusionen geraubt?«
    »Wir müssen da vorne rechts abbiegen«, antwortete Antonia.
    Sie erreichten das Dorf, das in der Nachmittagssonne döste. Seltsam, dachte Antonia, während sie die Hauptstraße entlangfuhren, ich bin erst ein paar Tage weg und schon kommt mir hier alles so klein und eng vor. Als wäre ich Jahre fort gewesen.
    »Ist ja putzig hier«, bemerkte Robert.
    »Halt mal bitte kurz an der Bäckerei an.«
    Sie hatte gehofft, dass ihre Mutter im Laden sein würde. Irgendwie scheute sie sich davor, Ralphs Haus noch einmal zu betreten. Aber es stand nur Frau Laumer, die Bäckersfrau, hinter dem Tresen, der um diese Uhrzeit schon fast leer war. Schweren Herzens dirigierte Antonia Robert in die enge Sackgasse, an deren Ende sich, hinter einer Zypressenhecke, das kleine Haus befand. Die Wetterseite hatte man mit Eternitplatten verkleidet, die braune Haustür mit dem scheußlichen Riffelglas saß nicht in der Mitte, was das Haus irgendwie missgestaltet wirken ließ, die Kunststofffenster waren wie tote Augen. Der nachträglich ans Wohnzimmer angeklatschte Wintergarten sah aus, als wollte das Gebäude etwas ausspeien, und Antonia fragte sich zum wiederholten Mal, was ihre Mutter hier festhielt.
    Ralphs roter Audi war zum Glück nicht zu sehen. Hoffentlich machte er nicht ausgerechnet heute früher Feierabend. Sie hatten die Sitze umgeklappt, aber Antonia war nicht sicher, ob ihr Fahrrad in den Wagen passen würde.
    »Hier hast du also gelebt…«
    »Von ›leben‹ kann da überhaupt keine Rede sein«, entgegnete Antonia, der es auf einmal peinlich war, das Robert ihr altes Zuhause in seiner ganzen Dürftigkeit und Düsternis zu sehen bekam.
    Er hielt auf der Wendeplatte und stellte den Motor ab. »Ich warte hier, okay?«
    Das war Antonia recht. »Bin gleich wieder da.«
    Er stieg die steile Treppe hinauf, so langsam, als hätte er Blei an den Füßen. Es kostete ihn Überwindung, die Tür zu öffnen, aber er musste es dennoch tun. Der Geruch dieses Dachzimmers traf ihn – wie schon beim letzten Mal – wie eine Faust in den Magen. Sofort

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