Roeslein tot
nämlich jeden Monat zur Maniküre. Und die Handschuhe trage ich nur im Moment. Der Hirschlederbezug meines Lenkrads muss erneuert werden. Solange begnüge ich mich mit einem gewöhnlichen Lederlenkrad. Und das heizt sich in der Sonne auf, verstehen Sie?« Der Buchenwalder zieht feixend die Handschuhe wieder an. »Und, wo ist jetzt Ihr todsicherer Beweis für meine Verwicklung in den Mordfall? Hat sich in Luft aufgelöst, was? Sie sollten in Ihren Ermittlungen ein bisschen sorgfältiger vorgehen. Wenn Sie so scharf auf Handschuhe sind, dann kann ich Ihnen mitteilen, dass Sie hier welche übersehen haben.« Er zeigt mit spitzem Finger in den offenen Giftschrank.
Tatsächlich. Hinter einer neongrünen Flasche lugt der Finger eines gelben Gummihandschuhs hervor.
Der Stuhlinger zuckt zwar kurz zusammen, kümmert sich aber im Moment nicht weiter um den Handschuh, sondern geht zum Frontalangriff über.
»Herr Buchenwalder, das Warten auf Ihre Liste der verschenkten Urkunden hat uns ein bisschen zu lange gedauert. Deshalb haben wir selbst nachgeforscht. Und wir mussten feststellen, dass die Aufgabe gar nicht so schwer war, wie sie Ihnen vorgekommen ist. Sie haben nämlich die Urkunden alle an eine einzige Person geliefert. Noch dazu an eine, die Sie angeblich gar nicht kennen: Herrn Sprenger. Da Herr Sprenger aber nur an Originalen interessiert ist, haben Sie die Faksimiles brav in die Archive gebracht und Herrn Sprenger das überlassen, wofür zu zahlen er bereit war. In einem Archiv wird ja nicht gerade jede Woche die Echtheit der Dokumente überprüft. Und so hätten die Faksimiles dort friedlich bis in alle Ewigkeit verstauben können, wenn nicht der Herr Schladerer mit seiner fast richtigen Mutmaßung dazwischengekommen wäre. Sie sind wegen dringenden Tatverdachts auf Betrug und Diebstahl vorläufig festgenommen. Und der dringende Mordverdacht wird bald dazukommen. Die Angst vor der Entdeckung krimineller Machenschaften ist ein altbewährtes Tatmotiv.«
»Das können Sie doch nicht machen. Ich habe ein Alibi!«
»Ach, aber bisher hatten Sie kein Alibi. Das dürfen Sie uns auf dem Kommissariat erklären. Herr Kriminalhauptmeister Wellmann wird Sie über Ihre Rechte und Pflichten als Beschuldigter belehren.«
Sie führen den Buchenwalder zum Polizeifahrzeug, und der Wellmann setzt sich mit ihm hinein. Der Stuhlinger kommt noch mal kurz zurück.
»Verzeihung«, murmelt er und greift an der Anni vorbei in den Giftschrank. Er zuppelt erst einen, dann einen zweiten Gummihandschuh hinter der neongrünen Flasche hervor und stopft beide missmutig in ein Plastiktütchen. Die kenne ich doch? Das sind die vom Jens. Seit dem Tag, an dem er dem Sprenger damit die Hand schütteln wollte, sind sie noch schmuddeliger geworden.
Natürlich, der Sprenger! Das war es also, was er neulich am Giftschrank gemacht hat. Sicher ist er in die Gärtnerei gekommen, um zu sehen, woraus er dem Jens einen Strick drehen könnte. Er hat die Handschuhe vom Kassentisch genommen, die offene Türe des Giftschranks bemerkt und gleich kapiert, dass das ein prima Versteck wäre. Denn warum sollte der Jens seine Handschuhe wegschließen, wenn er nicht der Mörder ist? Man muss doch annehmen, dass er das getan hat, um ein ihn belastendes Beweisstück vor den Polizisten in Sicherheit zu bringen. Der Sprenger wusste, dass irgendjemand den Schrank bald wieder zusperren würde, wahrscheinlich ohne groß hineinzugucken. Und jetzt hat er seinen Kumpel Buchenwalder losgeschickt, um die Polizei mit der Nase auf die Handschuhe zu stoßen. Das mit dem Spritzmittelkauf war nur eine billige Posse. Aber vielleicht wird es den beiden Schuften gar nichts nützen. Was beweist schon ein Paar Handschuhe in einer Gärtnerei? Die gehören hier doch zum Alltag.
»Schon wieder Handschuhe«, murrt der Stuhlinger leise. »Hier muss irgendwo ein Nest sein. Wie konnte es passieren, dass wir die übersehen haben? Ist denn niemand auf die Idee gekommen, den Schrank aufschließen zu lassen? Oder sind die Handschuhe erst später hineingelegt worden?«
Nachdem der Stuhlinger von der Anni erfahren hat, dass die Handschuhe dem Jens gehören, der sie aber eigentlich nicht im Giftschrank aufbewahrt, sondern sie nach der Arbeit im Gewächshaus auf dem Tisch neben der Kasse liegen lässt, steigt er zu den beiden anderen in das Fahrzeug. Mit seinen drei Insassen entfernt es sich zügig aus Reindlfing.
Am Freitagvormittag schlendert der Wellmann um die Gewächshausecke zum Rosenbeet. Kurz
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