Ro'ha: Teil 1 - Vernichtung (German Edition)
hinten ihren Arm und zog sie zwei Schritte zurück. Der Lastenheber rauschte an ihr vor bei und sie musste sich unwillkürlich fragen, warum man eine so hohe Geschwindigkeit hier erlaubte.
Dann fiel ihr Blick auf die Hand, die ihren Oberarm festhielt. Die Haut über der annähernd menschlich wirkenden Hand erinnerte sie an die einer Eidechse, warm und glatt, von dunkelgrüner Farbe, mit feinen schwarzen Musterungen. Wo Lillja Nägel besaß, endeten diese Finger in kurzen, gebogenen krallenartigen Verdickungen, die scheinbar unbeweglich waren.
Sie musste diese fremde Haut einfach berühren und fuhr mit den Fingerspitzen über den Handrücken des fremden Wesens - erinnerte sich dann jedoch schlagartig, dass zu diesem Körperteil noch eine vollständige Person gehörte, die unmittelbar und so dicht hinter ihr stand, das sie die Wärme des Körpers durch ihre Uniform fühlen konnte.
Sie drehte sich um und musterte den Fremden. Er war ein Stück größer als sie und von seiner Statur und der schwarzen Uniform ausgehend, stufte sie ihn als Soldaten ein. Im Grundlegenden war er einem Menschen ähnlich - in etwa so weit, wie es auch die Daru waren - hatte jedoch überhaupt keine Behaarung und als er blinzelte konnte sie sehen, wie sich über seinen schwarzen Augen zwei Liderpaare kurz hintereinander schlossen und wieder öffneten. Sein Gesicht wirkte seltsam ansprechend, obwohl er statt einer Nase lediglich eine leichte, quergeschlitzte Erhebung besaß und sich dort, wo die Ohren sitzen sollten, nur zwei kleine Löcher befanden.
" Danke", brachte sie schließlich hervor, als ihr bewusst wurde, dass sie ihn anstarren musste.
" Sie sind ein Mensch", sagte er mit einer unglaublich melodischen Stimme. "Ein weiblicher Mensch."
" Ja", antwortete sie und war von seinem ganzen Wesen absolut eingenommen.
" Sie sind der erste weibliche Mensch, der mir begegnet." Er lächelte. "Und scheinbar bin ich der erste Yndra, mit dem Sie Bekanntschaft machen. Ich bin Lieutenant Fenric."
" Alexandra Lillja Winter - kein Rang und bitte einfach Lillja. Fenric - ist das der Vor- oder Nachname?"
" Mein Volk kennt so eine Unterteilung nicht", antwortete er lächelnd. "Wenn nötig, stellen wir uns als Sohn oder Tochter des Familienhelden vor, aber das kommt selten vor."
Fenric, wiederholte sie in Gedanken. Der Name erinnerte sie an Fenris, den Wolf, das erste Kind des Gottes Loki, der sich zu Ragnarök von seinen magischen Fesseln befreien und Odin verschlingen wird. Keine schöne Verbindung.
"Haben Sie schon viel von der Station sehen können?", holte seine Stimme sie zurück.
" Nein, wir sind erst vor Kurzem angedockt."
" Ich habe noch etwas Zeit", fuhr er nach einem Blick auf die digitale Uhr über dem Aufzug fort. "Wenn Sie einverstanden sind, möchte ich Ihnen gerne etwas zeigen."
" Und was?" Kurz musste sie an die Warnungen denken, die man ihr gegenüber ausgesprochen hatte, war sich aber sogleich sicher, dass von Fenric keine Gefahr für sie ausging.
" Einen besonderen Ort - es dauert nicht lange und ich verspreche Ihnen, dass Sie es nicht bereuen werden."
Sie nickte und schenkte ihm ein Lächeln. Sollte er doch irgendetwas versuchen, mit dem sie nicht einverstanden war, so hatte sie noch immer den kleinen Kurzstreckenkommunikator bei sich, mit dem sie im Notfall Cor oder Azarion anrufen konnte.
Sie begaben sich auf Deck fünfzig, das in seiner tristen Art an die Docks erinnerte. Ein einzelner, schier endlos langer Gang führte im trüben Dämmerlicht immer tiefer in die Station. In unregelmäßigen und teilweise sehr großen Abständen gingen breite Schotts ab, die auf ein e oder zwei Arten beschriftet waren. Auf den meisten befand sich nur ein knapper Schriftzug der Xhar, doch auf manchen befand sich unter diesem noch ein zweiter in ihr unbekannten Sprachen und Schriften.
" Was ist das hier?", fragte sie, nachdem sie sicherlich zehn Minuten lang den Gang entlang marschiert waren.
" Dort ist es", meinte Fenric ausweichend und deutete auf einen Punkt weiter hinten. Als sie näher kamen erkannte sie unter dem Schriftzug ein einzelnes Wort 'Earth'. Erde - ihre Heimat. Sie warf dem Yndra einen fragenden Blick zu, doch er betätigte einfach wortlos die Türöffnung, woraufhin die massiven Metallblätter in den Seitenwänden verschwanden. Und Lillja blickte auf eine vertraute Landschaft. Vor ihr erhob sich ein sanfter, grasbewachsener Hügel, an dessen Seite sich ein Bach schlängelte. Ein Weg führte über Bach und Hügel tiefer
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