Ro'ha: Teil 2 - Erwachen (German Edition)
Erschöpfung keine Fehler unterlaufen würden, die sie hätten vermeiden können.
Links und rechts von ihnen waren in unregelmäßigen Abständen Seitengänge abgegangen, die nach wenigen Metern wie abgeschnitten endeten. Einen dieser Gänge wählte ihr L t. Commander schließlich aus und sie zogen sich in seinen Schutz zurück.
Während die Soldaten ihr Gepäck von den Schultern gleiten ließen und die verspannten Muskeln etwas lockerten, lehnte sich Lillja schwer gegen die angenehm kühle Seitenwand und schloss für einen Moment die Augen. Sie war so erschöpft und ausgelaugt, wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Ihre Linke pochte und ein unangenehmes Gefühl von Hunger wühlte in ihrem Magen, das sie an die Zeit in den Auffanglagern auf der Erde denken ließ. Es hatte damals nicht genügend Lebensmittel für alle Menschen gegeben und sie war sehr oft sehr hungrig gewesen - das war nur einer der Gründe, warum sie sich entschlossen hatte, sich freiwillig zu melden. Auch wenn Lillja sich damals an eine schmale Hoffnung geklammert hatte, so hatte sie schon damals nichts mehr zu verlieren gehabt.
Jetzt war sie hier.
Ohne es zu merken war ihr Geist in einen seichten Schlaf gefallen, der jedoch abrupt endete, als sie zur Seite wegzurutschen drohte und sich nur mit einem schnellen Ausfallschritt auf den Beinen halten konnte. Etwas benommen rieb sie sich über das Gesicht und ließ den Blick durch die Runde schweifen, ehe er an Azarion hängen blieb. Der junge Soldat schien ihren Blick zu fühlen und kam ein paar Schritte auf sie zu.
"Gib mir mal den Diagnosescanner", verlangte er, griff jedoch fast sofort selbst an ihren Gürtel und zog das Gerät daraus hervor. Er entfernte sich ein paar Schritte und ließ sich dann nahe der Lichtquelle auf dem Boden nieder, um mit einem kurzen Messer die kleinen Schrauben aufzudrehen, die das Gehäuse zusammenhielten.
Lillja sah einen Augenblick lang unschlüssig zwischen den Soldaten hin und her, entschied sich dann jedoch dafür, sich neben Azarion auf den kühlen Steinboden zu setzen, um ihm zuzusehen. Cor schien noch immer zu geladen und aggressiv, abgesehen davon war sie noch immer weit davon entfernt, ihm wirklich zu verzeihen.
"Soll ich den Verband wechseln?", fragte der junge Mann ohne aufzusehen. Er löste die letzte Schraube und nahm die untere Verkleidung vorsichtig ab.
"Bitte. Ich... ich kann mir das noch nicht ansehen."
Er sah nun doch auf und sah ihr aufmerksam ins Gesicht.
"In Ordnung." Er legte die Einzelteile zur Seite und streckte die Hand nach ihr aus. Zögerlich reichte sie ihm die Linke und wandte den Blick ab, während er damit begann, den Stoff abzunehmen.
"Es sieht nicht mehr so schlimm aus", meinte er, nachdem er die Kompresse abgenommen hatte. Er ließ von ihr ab und sie konnte hören, wie er die Ersthelfertasche öffnete.
"Kalira hat mir vor ein paar Tagen erzählt, dass deine Leute psychisch unglaublich belastbar wären", meinte sie nachdenklich, während sie Cor musterte, der immer wieder feindselig zu Fenric sah.
"Im Vergleich mit den Daru sind wir das auch." Er sprühte etwas auf die Wunde, worauf ein kurzes Brennen folgte, das Lillja scharf die Luft einziehen ließ . Sie widerstand der Versuchung hinzusehen und sah weiter zu Cor. Er schien ihren Blick zu fühlen und sah auf, doch als sich ihre Blicke kreuzten, sah Lillja weg.
"In der Gemeinschaft können wir fast alles ertragen – aber das hier... " Er machte eine kurze Pause und seufzte schwer. "Verrat der eigenen Leute – dazu noch Fenric, der sich wirklich eigenartig verhält." Sie konnte fühlen, dass er eine neue Kompresse auflegte und damit begann, den Verband darum zu wickeln. "Die Sache mit dir und eurer Auseinandersetzung machen es für Cor nicht gerade einfacher."
Sie sah ihn zweifelnd an und zog die Augenbrauen zusammen.
"Es ist so", sagte er bestimmt und zuckte mit den Schultern. "Je instabiler das soziale Gefüge, desto weniger Stress kann verarbeitet werden."
Erneut fiel ihr die für ihn seltsame Wortwahl auf – vielleicht zitierte er hier einfach irgendeine Lehrmeinung.
"Hier ist gar nichts instabil", wehrte sie ab.
"Sogar mich stresst diese Stimmung." Er sah wieder auf ihre Hand und verknotete den Verband.
"Es ist nicht meine Schuld, dass es so weit gekommen ist", entgegnete sie unwillig.
" Es ist doch wirklich egal, wessen Schuld... "
"Ach?", unterbrach sie ihn. Er legte den Kopf schräg und betrachtete aufmerksam ihr Gesicht und ihre Körperhaltung, dann seufzte
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