Ro'ha: Teil 2 - Erwachen (German Edition)
seinem Blick lag so viel Trauer und Sehnsucht, dass sie in diesem Augenblick wirklich glaubte, dass er seine verlorene Rajan in ihren Augen erkannte.
Nach einigen Sekunden senkte er fast schuldbewusst den Blick, zog die Hand zurück und trat einen Schritt nach hinten.
Schließlich gingen sie zu den drei Soldaten zurück, die so angestrengt in eine andere Richtung blickten, dass Lillja klar war, dass sie zumindest den größten Teil der Unterhaltung gehört haben mussten. Es war ihr egal. Sie ließen sich auf den Boden sinken, Lillja zog die Beine an den Körper und schlang die Arme darum. Erschöpft lehnte sie den Kopf gegen die Felswand hinter ihr und schloss die Augen.
"Alles in Ordnung?", fragte der Yndra irgendwo vor ihr. Immer diese Frage. Konnte de nn hier wirklich jemand glauben, dass auch nur irgendetwas in Ordnung war?
Lillja atmete schwer aus und ließ den Kopf auf Cors Schulter neben sich sinken, während sie leise sagte:
"Nein, nichts ist in Ordnung."
Jemand berührte ihre verletzte Hand, aber sie hatte längst die Augen geschlossen und konnte sich nicht erinnern, wer rechts von ihr saß.
Das Schicksal war reichlich grausam gewesen, als es beschlossen hatte, nicht nur den Antrieb der Ro'ha zu beschädigen, sondern ihnen auch noch diesen Planeten als mögliche Rettung vor die Füße zu werfen - ihn dann aber mit feindlichen Personen zu besetzen.
Ihr Geist dämmerte in einen seichten Schlaf und spann aus den letzten Erlebnissen, den offenen Fragen, düsteren Gedanken und hoffnungslosen Aussichten einen wirren und grausamen Traum.
Bilder der zerberstenden Erde vermischten sich mit den gequälten Gesichtern der Menschen in den Versuchslaboren ihrer Verbündeten. Unter ihnen erkannte sie auch Chris, der sie vorwurfsvoll anstarrte, während seine Lippen lautlos ein verständnisloses Warum?, formten. Plötzlich erkannte sie, dass sie selbst Teil des wissenschaftlichen Stabs war. Sie trug weiße Schutzkleidung, ein Haarnetz, Mundschutz und ein doppeltes Paar Handschuhe, während sie über lange Flure schritt und die Menschen in den Glaskästen links und rechts neben sich argwöhnisch musterte. Schließlich blieb sie vor einem besonderen Exemplar stehen, einer jungen Frau mit dunklem Haar und einer Narbe auf der Wange. Der kleine Finger ihrer linken Hand fehlte und das Schild in der rechten oberen Ecke bezeichnete sie als Standard-Klasse-III-Mensch. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie hinter der Frau mit den traurigen blauen Augen sich selbst und war für einen Moment erschrocken. Was war nur aus ihr geworden? Ein Xhar tauchte hinter ihr auf und der sanfte Griff seiner Hände, die sich um ihre Taille schlossen, holte sie zurück in die vermeidliche Realität.
"Halte dich nicht mit solchen Banalitäten auf", sagte Cor leise hinter ihr und drehte sie zu sich um. Sie erkannte nun, dass er eine hellgraue Uniform trug, die sich auf unbestimmbare Art von den Standardschnitten unterschied, die sie bislang kennengelernt hatte. Sein Rang zeichnete ihn als Captain aus und er wirkte jung, unbekümmert und so voller Kraft und Vitalität, dass sie sich seiner Erscheinung nicht entziehen konnte.
Eine Hand tauchte aus dem Nichts auf und schloss sich sanft, aber so bestimmt um ihre Schulter, dass ihr Geist aus dem Traum driftete und hart auf die Realität prallte.
Lillja schlug die Augen auf und war für mehrere Sekunden verwirrt und desorientiert, bis sie sich erinnerte und ihr Herz zu einem langsameren Takt zwang. Es war Cor gewesen, der sie geweckt hatte und nun eindringlich ihren Blick suchte.
"Wir brechen auf…"
Ank'Ra
Man hatte ihn in einen fensterlosen Raum im Inneren des unversehrten Gebäudes gegenüber der gesprengten Anlage gesperrt und ihm darüber hinaus jedoch keine weitere Beachtung geschenkt.
Das war vor ein paar Stunden gewesen.
Sirans Kontaktlinsen, die das natürliche Nachtblau seiner Augen verbargen, waren trocken geworden und hatten zu jucken begonnen, doch er widerstand tapfer dem Drang, die Augen zu reiben. Zu groß war die Gefahr, dass er die Linsen verschob und damit auch dem dümmsten seiner Gegner offenbarte, dass er nicht Rakazar Sintez war. Vermutlich quälte er sich aber umsonst – irgendwann würde man mit dem Verhör beginnen, ihn foltern oder zumindest unter Drogen setzen und letztlich dazu zwingen, alles zuzugeben.
Niedergeschlagen ließ er den Kopf auf seine gefalteten Hände sinken und schloss die Augen. Er hätte die Bombe einfach selbst zünden sollen, dann
Weitere Kostenlose Bücher