Rohypnol - Hutchinson, A: Rohypnol - Rohypnol
entgegenkommt, als wären seine Informationen topsecret und wir von potenziellen Spionen umgeben.
Thorley mietet einen Van, er benutzt dazu einen falschen Ausweis auf den Namen Ethan Wells, schwingt sich in den Fahrersitz und streicht mit der Hand über das Lenkrad. Der Mietwagen riecht nach Zitrusfrüchten, und auf dem Boden liegen Begrüßungsmatten aus dünnem Papier. Thorley hat eine einzige graue Plastikkiste ins Heck gepackt und mit Seilen gesichert. In der Kiste befinden sich Tequilaflaschen sowie Pillen in allen Formen und Farben. Thorley kneift die Augen zusammen und betrachtet den Verkehr.
»Pass auf, die Nummer läuft so: Wir arbeiten für Hamilton, eine große Logistikfirma. Jemand hat wegen eines Pakets angerufen, das bis morgen früh neun Uhr auf seinem Schreibtisch in Queensland stehen müsse, sonst kriegt unser Manager in Hamilton von seinem Vorstand Feuer unter dem Arsch, dem wiederum die Aktionäre die Hölle heiß machen würden. Um den wertvollen Kunden nicht zu verlieren, verspricht er ihm, er könne die Zustellung garantieren. Was er aber nicht kann, wenn man Pausen und Schichtwechsel mit einkalkuliert.«
Thorley schüttelt den Kopf.
»Und hier kommen wir ins Spiel. Wir haben gerade einen hohen Kredit für unseren Truck aufgenommen, und wir müssen es unbedingt schaffen, das Paket rechtzeitig zuzustellen, weil wir sonst keine Aufträge mehr kriegen und unsere Kinder von der
Schule nehmen und mit unseren Frauen und Kindern auf dem Rücksitz der Familienkutsche leben müssen. Kapiert? Also müssen wir die ganze Nacht durchfahren. Wir dürfen nicht anhalten, ehe wir dort sind.« Wieder schüttelt er den Kopf. Er wirkt vollkommen ernst.
»Hast du Schiss?«, fragt Thorley und lässt den Motor an, lässt ihn ein-, zweimal aufheulen.
Ich sage Nein.
»Ich habe vier Tage nicht geschlafen«, sagt er. »Hast du Schiss?« Er grinst mich an wie ein Irrer, seine Augen scheinen sich in seinem Schädel verkriechen zu wollen, Schutz zu suchen vor dem Tageslicht und all der anderen Scheiße.
Ich sage noch mal Nein.
»Musst du auch nicht.«
Er rammt den Gang rein und fädelt sich ruckartig in den Verkehr ein. Ich schaue zurück auf die anderen Mietwagen, die weiß und sauber darauf warten, gefahren zu werden.
Und ich denke: Dieser Van wird nie mehr hierher zurückkehren.
»Wir sind gottverdammte Trucker!«, brüllt Thorley, schluckt eine graubraune Tablette und spuckt auf die Autos neben uns.
Nach fünf Stunden auf der Straße, in denen Thorley, »Nur um sie aufzuschrecken!«, immer mal wieder
auf die Fahrbahn der entgegenkommenden Autos geschwenkt ist, fahren wir auf eine Raststätte. Inzwischen ist die Sonne untergegangen. Irgendwie ist das keinem von uns aufgefallen, bevor wir ausgestiegen sind und die kühle Nachtluft gespürt haben. Steifbeinig gehen wir durch den Tankstellenmarkt, das beschissene Neonlicht saugt die Farbe von Thorleys Haut, sie wirkt, als wäre sie aus Papier. Jedes Mal, wenn wir einem richtigen Trucker begegnen, reckt er die Brust raus und zeigt ihm verstohlen seine Duromine-Pillen.
Dann geht er auf einen von ihnen zu, einen älteren Typen, der ein schmutziges Basecap und eine rotschwarz karierte Winterjacke trägt. Der Typ hat dicke Knöchel, auf denen dünne Kratzer zu erkennen sind. Graue Flecken in seinem schmutzigen Fünftagebart. Thorley bietet ihm eine Tablette an, sagt ihm, damit könne er die ganze Nacht durchfahren.
»Den ficken wir«, flüstert Thorley mir zu. »Wir machen sie fertig, die verfickten Tucken.«
Wir stützen uns gegenseitig, um nicht in die Regale voller Chips und eingeschweißter Zeitschriften zu fallen. Dann stolpern wir zurück in die kalte Nachtluft.
Thorley beginnt zu laufen, rennt rüber zum Parkplatz, wo normale Autos und die Trucks stehen.
»Das ist doch unserer, oder?«, sagt er und zeigt auf einen riesigen Kühllaster.
Plötzlich lähmt mich die Paranoia; ich krieg Schiss, einer der echten Trucker könnte auftauchen und uns erwischen, wie wir um ihre Sattelschlepper herumschleichen, ihre Macks. Aus dem Kino weiß ich, dass Trucker ihre Kisten lieben. Deshalb flüstere ich Thorley, so laut es geht, zu, dass das nicht unserer sei.
Thorley klettert ins Führerhaus, er ist nicht mehr zu sehen. Der Motor dröhnt und springt an. Ich renne zur Beifahrertür des Kühllasters und springe hinein, um ihn aufzuhalten. Thorley starrt mich an, als ich neben ihn auf den Sitz klettere. Sein Gesicht ist leer und ausdruckslos.
»Hast du die Fracht
Weitere Kostenlose Bücher