Roland Hassel - 07 - Wiedergänger
Probleme.«
»Probleme? Bist du noch normal?«
Er lachte so herzlich, wie es nur ein gutgelaunter Brite kann.
»Wir verlassen jetzt das Haus, du und ich. Du gehst an meiner linken Seite, und wir plaudern fröhlich. Du schließt auf, was aufzuschließen ist, wer sollte dich daran hindern? Draußen steht ein schmuckes Auto, und dort werden wir unser angenehmes Gespräch fortsetzen.«
Heller schaute mich beinahe verliebt an und fügte hinzu: »Machst du irgendwelchen Ärger, dann schieße ich, und zwar ohne zu zögern. Und bei der Kanone hier bleibt nichts von dir übrig!«
Neuntes Kapitel
Mir kam das Ganze immer noch wie ein sonderbarer Traum vor, und ich rührte mich nicht. Heller lachte auf, als hätte ich gerade etwas Lustiges erzählt, und drückte mir den Revolver zwischen die Rippen.
»Wenn es notwendig werden sollte, mache ich zuerst dich kalt und schieße mir dann den Weg frei. Wenn es schiefgeht, spielt das auch keine Rolle. Ich habe überall Freunde. Und jetzt marsch marsch, sonst beißt du ins Gras, bevor wir auch nur angefangen haben zu verhandeln.«
Mein Gehirn übersetzte die Worte automatisch ins Schwedische, aber ich verstand trotzdem nicht. Schließlich sah ich ein, daß er tatsächlich meinte, was er sagte. Ob ich am Leben oder tot war, spielte für ihn keine Rolle. Er hatte einen Auftrag, und den würde er erfüllen. Langsam bewegte ich mich in Richtung Tür, und er gluckste anerkennend.
»Brav. Und jetzt noch ein freundliches Lächeln.«
Das schaffte ich nicht. Den Füßen kann man Befehle erteilen, den Lippen nicht. Sie verweigerten sich, und das mußte er akzeptieren. Er selbst strahlte geradezu vor guter Laune und lobte unser Polizeigebäude ob seiner Modernität.
»Das unterscheidet euch von uns in England. Wir kommen da nicht mit, haben manchmal noch den Geschmack aus Dickens’ Zeiten.«
Wir begegneten Kollegen, die uns grüßten, und ich nickte zurück.
Das konnte nicht wahr sein. Ich spazierte unter Lebensgefahr quer durch das am besten gesicherte Gebäude Stockholms. Um mich herum waren Tausende Kollegen mit Tausenden von Dienstpistolen, aber sie sahen nur den alten Rolle von der Fahndung, wie er mit einem Mann, der sich offenbar gut amüsierte, durch das Haus wanderte.
Die beiden wollten wohl an die frische Luft. Ja ja, die von der Fahndung dürfen immer raus, und wir sitzen hier eingesperrt bei dem schönen Frühlingswetter.
»Liverpool hat unter der Herrschaft der Tories sehr gelitten, finden Sie nicht auch, Mr. Hassel? Nun ja, natürlich gibt es auch Lichtblicke. Ich denke da an einen Neubau im Südteil …«
Babbel, babbel. Small talk auf original britische Art.
Konversation.
Eine Behauptung wird im Englischen immer mit einer rhetorischen Frage gekoppelt. Wasn’t it? Isn’t it? Didn’t it? Nett und höflich, verrückt und mörderisch. Wir kamen an eine Tür.
»Dann wollen wir mal schön aufmachen, und dann gehen wir weiter den feinen Korridor entlang, der so schön gestrichen ist. Man bekommt gleich gute Laune, wenn man hier arbeitet.«
Ich öffnete mit Hilfe einer Codekarte. Gunnarsson von der Gewalt war in entgegengesetzter Richtung unterwegs und stand plötzlich vor uns. Er hob die Augenbrauen und sprach mich an.
»Wir haben da ein paar Fotos, Rolle, die solltest du dir mal anschauen. Wann paßt es dir denn?«
Heller mischte sich mit einem kurzen Lachen in das Gespräch.
»Sprechen Sie englisch?«
»Was? Ja … äh … yes, I do.«
»Good. Mein Freund Mr. Hassel und ich, wir haben es ein wenig eilig. Wir hoffen, Sie nehmen es uns nicht übel, Mister …«
»Äh – ich heiße … ich meine, my name is Gunnarsson. It is okay. Yes.«
»Okay.«
Heller klopfte ihm mit der linken Hand freundschaftlich auf die Schulter.
»Bis später dann, Mister Gunnarsson. War nett, Sie zu treffen. Wollen wir nicht weitergehen, Mister Hassel?«
Ich konnte nichts tun. Wenn ich schwedisch gesprochen hätte, wäre er sicher mißtrauisch geworden und hätte vielleicht abgedrückt. Ich trottete also weiter, und er sprach über die britische Landwirtschaft und ihren beklagenswerten Rückgang.
Wie sollte ich mich verhalten? Es war Wahnsinn, sich wie ein Schlachtvieh abführen zu lassen, aber dieser Wahnsinn war Realität. Es reichte nicht aus, vorsichtig zu sein, ich mußte auch noch versuchen, mißverständliche Situationen zu vermeiden. Mein Mund war so trocken wie die Sahara, und ich war so angespannt, daß ich meinte, jeder müsse es sehen können.
Lizzie und eine
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