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Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Roland Hassel - 07 - Wiedergänger

Titel: Roland Hassel - 07 - Wiedergänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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Aber unter gewissen Voraussetzungen kann das Böse so übermächtig werden, daß das Gute unterliegt und abstirbt. Dann herrscht das Böse allein. Der betroffene Mensch entwickelt eine andere Art von Moral, die Moral des Bösen. Aus seiner Sicht sind alle seine Taten moralisch gerechtfertigt und entschuldbar. Hier unter uns können wir doch Klartext reden. Wer von euch ist denn dem absolut Bösen noch nicht begegnet?«
    Wieder hatte sie recht. Wir alle konnten nicht nur ein Beispiel anführen, das ihre Theorie unterstützte. Ein junger Polizist muß als erstes lernen, sich gegen das abzuschirmen, womit er in Ausübung seines Berufes täglich konfrontiert wird. Sonst könnte er zu der Überzeugung gelangen, die ganze Welt sei so negativ wie der Bereich, mit dem er zu tun hat. Viele schaffen das nicht. Sie blenden die schönen, angenehmen und freundlichen Seiten des Lebens aus. Übrig bleiben Elend, Ausbeutung, Härte. In dieser Welt betrügt einer den anderen, wird Güte als Schwäche angesehen und ausgenutzt, herrscht das Böse überall. Sie werden bitter, vergrämt und schwermütig, Opfer ihres Berufes.
    »Ich möchte ein paar Beispiele anführen. Die Neonazis lesen Familienanzeigen und Klatschspalten in Tageszeitungen und Magazinen. Männer, die eine nichtarische Frau heiraten oder mit einer solchen zusammenleben, werden auf verschiedene Weise schikaniert. Ebenso Frauen, die nichtarische Männer haben. Ich selbst bin Kauffrau und betreibe ein Unternehmen in der Lehrmittelbranche. Kein großes Geschäft, aber es lohnt sich und wirft einen guten Gewinn ab. Anläßlich eines längeren Aufenthaltes in Genf traf ich einen Mann, in den ich mich verliebte. Er erwiderte meine Gefühle. Ich war noch nie so glücklich gewesen. Ein wunderbarer Mensch. Er stammt aus Ghana und hat deshalb eine sehr dunkle Haut.«
    Sie trank vom Mineralwasser und ließ ihren Blick über uns schweifen. Glaubte sie, daß deshalb jemand auf Distanz gehen würde? Rechnete sie damit, abschätzigen Blicken zu begegnen? Sah sie solche Zeichen?
    »Er ist Kinderarzt und Forscher. In seiner Freizeit übersetzt er klassische Dichtungen in seine Heimatsprache. Er ist also kein Klischee-Neger, der mit den Augen rollt.«
    Vor uns konnte oder wollte sie eine gewisse Bitterkeit nicht verbergen, die sie sich sonst wohl kaum anmerken ließ.
    »Er zog zu mir nach Stockholm, und wir verlobten uns. Er bekam einen Forschungsauftrag. Als wir eine Verlobungsannonce in die Zeitung setzten, begann das mit den Briefen. Ihr könnt euch selbst überzeugen.«
    Sie reichte uns einen Stapel Kopien, die wir verteilten. Nord und Simon kannten die abscheulichen Schreiben schon und seufzten nur. Wir anderen schlossen uns an. Es handelte sich um so widerwärtige Texte und Zeichnungen, daß die Kolleginnen die Blätter schnell wieder weglegen mußten.
    »Ich kümmerte mich nicht besonders darum. Kranke Menschen gibt es überall, dachte ich. Dann kamen Anrufe mit Drohungen, was alles geschehen würde, wenn ich die Beziehung nicht abbräche. Ich heiratete ihn. Die Anzeige stand wiederum in der Zeitung. Wir gingen auf eine kürzere Hochzeitsreise. Nach einer Woche waren wir wieder zu Hause. Am neunten Tag …«
    Sie holte tief Luft, wie um Kraft zu schöpfen.
    »Wir wohnen in einem kleinen Haus in Danderyd. Mein Mann war zur Arbeit gegangen, während ich mir frei genommen hatte, um zu Hause einiges zu erledigen. Es klingelte an der Tür, und als ich öffnete, stürmten acht junge Männer herein. Sie waren zwischen zwanzig und fünfundzwanzig. Sechs von ihnen hatten kahlrasierte Schädel. Sie erklärten mir, ich würde nun bestraft werden. Ich konnte nicht entkommen. Sie vergewaltigten mich alle. Alle acht. Sie ließen sich Zeit. Drei Stunden.«
    Es wurde so still im Raum, daß es in den Ohren weh tat.
    Schließlich murmelte eine der Frauen: »Wie hat dein Mann es aufgenommen?«
    »Er weiß nichts davon. Sie hatten mir vorsorglich erklärt, was geschehen würde, sollte ich Anzeige erstatten. Wenn ich es ihm erzählt hätte, wäre er zur Polizei gegangen. Dann hätten sie ihn so zugerichtet, daß er kein Mann mehr gewesen wäre. Als er abends nach Hause kam, ließ ich mir nichts anmerken. Aber ich war nicht mehr dieselbe Frau.«
    Die Polizistin sah plötzlich ganz elend aus. Aufgebracht rief sie: »Du hättest sie anzeigen müssen! Vier Jahre Gefängnis hätten sie bekommen, alle miteinander. Es ist unerträglich, daß solche Typen frei herumlaufen!«
    »Du hast kein Recht, mich zu

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