Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
Vom Netzwerk:
Hauptsache, ich kam davon.
    »Wenn mein Bruder euch einen Gefallen tun wollte, dann soll es mir recht sein«, brummte ich onkelhaft. »Ich reise sowieso für ein paar Monate auf die Kanaren. Wenn ihr versprecht, daß ihr die Bude in Ordnung haltet, könnt ihr bleiben.«
    Sie versprachen es und hatten dabei möglicherweise Tränen in den Augen. Wenn sie Geld brauchten, würden sie trotzdem nicht zögern, alles zu verkaufen, was nicht niet- und nagelfest war. Was ging es mich an? Meinetwegen konnten sie die Tapeten von der Wand reißen. Wenn die kommunale Wohnungsbaugesellschaft die Räume in Kürze wieder übernahm, würde sie ohnehin alles renovieren müssen.
    Während die U-Bahnstationen an mir vorüberzogen, grübelte ich über Marks eigentümlichen Idealismus, Drogensüchtigen eine Unterkunft zu verschaffen. Man hätte an sein gutes Herz glauben können, aber so einfach war es sicher nicht. Er gehörte zu den Gierigsten der Gierigen; er war das Vorbild seines Bruders, in dessen Rolle ich geschlüpft war. Ein gieriger Mensch hat kein Herz; ihm fehlen alle Voraussetzungen für Idealismus. Also mußte es einen anderen, handfesteren Grund geben.
    Eine Beteiligung am Drogengeschäft hätte viel besser zu seinem Charakter gepaßt. Die freiwillige Hilfsorganisation wäre eine gute Möglichkeit gewesen, in direkten Kontakt mit den Konsumenten zu kommen. Hatte er sich mit Hilfe der barmherzigen Samariter einen profitablen Rauschgifthandel aufbauen können? Hardy und Eva waren vielleicht Untervertreter, die ihren eigenen Bedarf aus dem Weiterverkauf finanzierten.
    Die Frage war, ob es sich dabei um eine eigene Geschäftsidee handelte oder ob Leon und seine Leute als Initiatoren oder sogar Teilhaber dahinterstanden. Mark könnte ein kleines Rädchen im großen kriminellen Getriebe gewesen sein. An einem Tag versenkt man ein Schiff, am anderen importiert man Heroin – schnelles Geld, große Gewinne. Für den Gierigen spielt es keine Rolle, woher die Scheine stammen; Hauptsache, die kommen. Das führte mich zu einem neuen Gedanken. Man könnte die Signalements von verdächtigen Personen innerhalb der Drogenimperien, also von Leuten, die noch nicht angeklagt oder verurteilt waren, mit unseren Phantombildern vergleichen. Leon hatte die Tablettenschachtel in der Hand gehalten, als er den Namen des Arztes kontrollierte. Vielleicht ließen sich Fingerabdrücke nehmen? Das konnte etwas bringen. Ich mußte herzhaft gähnen, und eine Dame schaute mich vorwurfsvoll an. Aber ich war müde, und sie konnte froh sein, daß ich nicht schnarchte.
    Am Sonntagnachmittag rief Simon an und fragte, ob wir uns für eine Stunde treffen könnten. Es war Zeit, die Operationen in Gang zu setzen, und wir mußten uns über die Formen verständigen. Er schlug die Bar des Sheraton vor. Dort lief man nicht Gefahr, daß einem die Leute vom Nachbartisch auf der Pelle saßen und mithörten, wie es in Kneipen oft der Fall war.
    »Warum nicht in deinem Büro?« erkundigte ich mich.
    »Bist du verrückt? Wenn ich schon am Sonntag arbeite, möchte ich wenigstens einen Wodka auf Rechnung meines Arbeitgebers trinken.«
    Ich verließ Frau und Kind, und sie schienen darüber hinwegzukommen. Während der kurzen Promenade am Norr Mälarstrand stellte ich fest, daß trotz des trüben Wetters viele Spaziergänger unterwegs waren, um sich den richtigen Appetit für ihre Kalbsschnitzel zu holen. Wohlgenährte, gutgekleidete, fröhliche Kinder rannten herum und ließen sich von Eltern erhaschen, die keine sozialen Probleme kannten. Für Leute, die gesund sind und eine gute Stelle haben, ist Schweden immer noch ein Paradies, auch wenn die Wolken dunkler geworden sind.
    In der Bar des Sheraton, die um eine künstliche Feuerstelle gebaut ist, saßen zumeist Hotelgäste und dösten vor sich hin oder sehnten sich heim nach Preisen, bei denen man eine Runde spendieren konnte, ohne die Lebensversicherung beleihen zu müssen. Ich hätte es mir natürlich denken können – Simon war nicht allein gekommen. Neben ihm saß Carl Hiller auf dem bequemen Sofa. Jeder hatte einen Longdrink vor sich. Auf dem kleinen Tischchen standen außerdem drei Schalen mit Nüssen, die allerdings nur noch Reste enthielten. Simon hatte garantiert nicht mehr als fünf Minuten gebraucht, um den Inhalt in sich hineinzustopfen. Eine Sekunde lang dachte ich daran, auf dem Absatz kehrt zu machen, aber solche kindischen Reaktionen waren nicht mein Stil, jedenfalls nicht mehr. Statt dessen nickte ich kurz und

Weitere Kostenlose Bücher