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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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bemerkbar, mein Herz raste, und die Muskeln verkrampften sich. Die Signale wurden ans Gehirn weitergegeben, und ich reagierte unmittelbar – ich wollte Blut sehen! Falls er bewaffnet war, würde ich mein eigenes Blut sehen, aber das spielte in diesem Moment keine Rolle. In bestimmten Situationen gibt es keine Bedenken – im Krieg, wenn man seinen Partner in flagranti ertappt oder wenn man nur wenige Meter von einem Massenmörder getrennt ist.
    Ich rammte die Tür mit der Schulter auf und stürmte hinein, die Fäuste geballt. Die Gardinen flatterten im Luftzug, und ich sah, daß sich jemand dahinter versteckte. Mit zwei Schritten war ich heran. In meinem Schlag lag die ganze Wut, die sich seit dem vergangenen Donnerstag in mir aufgestaut hatte. Meine Faust erwischte die Magengegend, drang in den Körper ein, passierte die Wirbelsäule und krachte gegen die Wand. Wenigstens schien es mir so. Mit einem Stöhnen, das nicht mehr menschlich klang, sank der Mann zu Boden, wobei er die Gardine herunterriß.
    Im nächsten Moment hatte ich eine Wildkatze am Hals. Nägel gruben sich in meinen Nacken und kratzten an meinen Ohren, während ihre Beine unablässig nach mir traten. Sie war stark und wie rasend, aber ich war stärker und noch wütender. Ich ertastete eine schmale Hüfte und schleuderte die Frau gegen die Wand. Es gab einen dumpfen Laut, der mich aber nicht befriedigte, denn noch hatte ich kein Blut gesehen. Keuchend schnappte ich nach Luft.
    Die Wildkatze war keine Frau, sondern ein etwa fünfzehnjähriges dürres, blasses Mädchen. Auch mein erster Gegner war kein ausgewachsener Mann, sondern ein Junge im selben Alter. Beide trugen schmutzige T-Shirts, verwaschene Jacken, Turnschuhe und verschlissene Jeans, doch die konnten absichtlich so hergerichtet sein.
    Es waren erbärmliche Gestalten, aufgrund ihrer Jugend noch keine Wracks, doch vom Abgrund nicht mehr weit entfernt. Junge Körper sind stark, aber nur bis zu einer gewissen Grenze. Der Bursche wand sich wie ein Wurm und preßte die Hände auf den Magen. Er jammerte so herzzerreißend, daß sich das Mädchen neben ihm niederließ und ihn wie ein Kind wiegte.
    Das Adrenalin begriff, daß es umsonst durch die Adern gekreist war, und zog sich wieder zurück. Auch Herz und Lunge beruhigten sich. Diese beiden waren nicht meine Feinde, nicht einmal richtige Gegner. Sie waren einfach da. Mit Fingern, deren Nägel bis auf die Haut abgekaut waren, strich sie ihm eine Haarsträhne aus der Stirn und streichelte seine hohlen Wangen.
    »War doch, verdammt, nicht notwendig, ihn zu schlagen«, sagte sie mit klangloser, müder Stimme. »Er hat dir doch nichts getan.«
    Sie beugte sich über ihn und küßte seine welken Lippen, die aussahen wie die eines alten Mannes.
    »Hadde, wie geht es dir? Hat er dich verletzt?«
    Sie öffnete seinen Mund und schaute hinein. Der Junge hatte schlechte Zähne.
    »Du blutest nicht; es ist wohl noch mal gutgegangen, nicht so schlimm wie letztes Mal. Hadde, verdammt, hör auf zu heulen.«
    Ich hockte mich neben die beiden und untersuchte ihn flüchtig. Er weinte; ob vor Schmerz oder aus Verzweiflung, war nicht festzustellen.
    »Er hat nicht viel abbekommen«, konstatierte ich.
    »Ein Glück auch! Du hättest ihn totschlagen können.«
    Mit der Handfläche wischte sie ihm den Schweiß von der Stirn, und er schien sich allmählich von meinem Schlag zu erholen. Der hatte ihn sicher hart getroffen, aber es war doch nur ein einziger Fausthieb gewesen, und ich wußte aus eigener Erfahrung, daß man alles einmal aushalten kann. Es sind die Wiederholungen, die einen verletzen, kaputtmachen, töten.
    »Wer bist du?« erkundigte ich mich.
    Ihr Blick bekam etwas Lauerndes, und die Zunge glitt nervös von einem narbigen Mundwinkel zum anderen.
    »Eva. Eva-Britt heiße ich. Meistens nur Eva.«
    »Bist du Haddes Freundin?«
    Ihre schmalen Schultern unter der Jeansjacke zuckten.
    »Wir sind zusammen, Hadde und ich. Zusammen, ja. Hadde ist ein feiner Kerl.«
    »Steht er auch auf dich?«
    »Was soll die Frage?« brauste sie auf. »Das geht dich wohl gar nichts an.«
    »Entschuldige. Ich wollte dich nicht verletzen.«
    Kein Grund für mich, hochnäsig zu sein, bloß weil ich das Glück hatte, ein Stück weiter weg vom Abgrund zu stehen. Das verdankte ich Leuten, die mich am Kragen gepackt und kräftig durchgeschüttelt hatten, so daß ich wieder zur Vernunft gekommen war.
    »Kannst du Wasser für Hadde holen?«
    In der Küche, die ich eigentlich nie wieder

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