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Roland Hassel - 14 - Piraten

Roland Hassel - 14 - Piraten

Titel: Roland Hassel - 14 - Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olov Svedelid
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ich würde zu nichts taugen.«
    Strahl donnerte ein Lachen heraus, und Machec stimmte ein.
    »Gut, Odler! Eine ausgezeichnete Idee. Bereite dich auf eine Strafpredigt vor, auf die selbst Kaiser Nero stolz gewesen wäre.«
    Ich hatte wenige Aufgaben an Bord und somit viel freie Zeit. Hiller war sogar auf die Idee gekommen, ich könnte Verbindung zu einer Universität aufnehmen und nebenbei promovieren. Aber ich habe mir nie etwas aus akademischen Titeln gemacht, deshalb machte ich mich lieber daran, das Schiff zu erkunden.
    Von Deck aus konnte ich auf der einen Seite das inselreiche Mittelmeer bewundern; die gezackte griechische Küste erstreckte sich zur Rechten beziehungsweise steuerbords, wie wir Seeleute sagten. Ich hielt mich an der Reling fest und schaute auf meine Hände. Der Ringfinger backbords war leer, von dem Symbol der Ehe war nicht einmal ein hellerer Streifen Haut geblieben. Maritime Ausdrücke schwirrten mir durch den Kopf, alte Begriffe, die ich aus Filmen und Büchern aufgeschnappt hatte; war es nicht Zeit, die Bille zu brassen, die Schote einzuholen und raumschots zu segeln? Und dabei hatte sich Hiller so viel Mühe geben müssen, mir beizubringen, daß ein gewöhnlicher Eimer an Bord Pütz hieß.
    Aber selbst ein Laie wie ich konnte erkennen, daß die »Carla« nicht mehr viel taugte. Von weitem wirkte sie wegen des neuen Anstrichs noch ganz passabel, doch von nahem sah man die vielen Roststellen auf Deck und anderswo. Die vierstöckigen Aufbauten waren wohl einmal weiß gewesen, jetzt aber war das Metall wie von einer Krankheit zerfressen, so daß sich die neue Farbe als Spinngewebe über die Löcher legte. Auf den Schornstein hatte man ein weißes Feld mit einem schwarzen Kreis gemalt; das Symbol der neuen Reederei. Die Arbeit war so nachlässig ausgeführt, daß der Kreis eher einem Oval glich, aber das schien niemanden zu stören.
    Langsam tastete ich mich an der Reling entlang, fühlte mich aber trotzdem nicht sicher. Die Beschläge der Luken zum Frachtraum waren verrostet und hätten wohl sicherer gesessen, wenn sie mit Klebeband befestigt gewesen wären. Zwischen den Ladeluken standen Kräne, deren Masten deutliche Risse zeigten. Als ich den vorderen Teil des Schiffes, in der Seemannssprache sinnigerweise Back genannt, erreicht hatte, stellte ich mich an die Luke für die Ankerkette und lehnte mich über die Reling. Ich betastete die Bordwand und es war, als faßte ich in Sand. Das Metall war vom Rost pulverisiert und hielt nur aus alter Gewohnheit zusammen.
    Der Bug war zu gewölbt, um erkennen zu können, was darauf stand. Ich schaute mich um. Niemand schien an mir Interesse zu nehmen. Aus der Tasche zog ich einen kleinen Spiegel und hielt ihn in der ausgestreckten Hand. Jetzt konnte ich erkennen, daß das »n« des früheren Namens »Farlon« mit grauer Farbe flüchtig übermalt und das »o« in ein »a« geändert worden war. Aus dem »F« hatte man ein »C« gemacht; darunter stand »San Lorenzo« in schwarzen Buchstaben, denen man ansah, daß sie mit der Schablone gezogen waren.
    Der Himmel war bleigrau; schwere Wolken trieben dahin und ich hoffte, daß es keinen Sturm geben würde. Machec hatte zwar gutes Wetter verkündet, aber seit wann konnte man den Meteorologen vertrauen? Vielleicht war ja das, was ich für einen Sturm hielt, nur eine sanfte Brise in ihren Augen.
    Ebenso unauffällig schlenderte ich über Deck zurück. Da ich mir theoretische Kenntnisse eingepaukt hatte und in Stockholm an Bord eines ähnlichen Schiffes gewesen war, fand ich mich ganz gut zurecht. Ganz oben in den Aufbauten befanden sich Funk- und Navigationsraum; darüber drehten die Radarantennen ihre ewigen Kreise. Dann kamen die Kapitänskajüte und nach der Rangordnung die Räumlichkeiten der anderen Offiziere. In vielen schwarzweißen Seemannsfilmen hatte ich Massenunterkünfte für die Mannschaft gesehen, aber diese Zeiten waren laut Hiller längst vorbei. Heutzutage hat jeder Seemann seine eigene Kabine, jedenfalls in der Handelsflotte. Noch früher hatten die Matrosen unter freiem Himmel in Hängematten auf dem Vorderdeck genächtigt. Was hatte ich nicht alles gelernt; nicht nur von Hiller, sondern auch aus Harry Brandelius Schlagern über die blauen Jungs.
    Als ich die Aufbauten betrat, schlug mir sofort der allgegenwärtige Dieselgestank entgegen. Man kann ihm nur entkommen, wenn man sich an Deck begibt. Dazu gesellte sich der unangenehme Geruch alter, vergammelter Matten, die den Boden bedeckten.

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