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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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Claas fuhr mit dem Finger weiter die Karte entlang. »Wenn Heinrich sich ein wenig auskennt, dann sind sie nach Wulsdorf gegangen. Da gibt es einen Hafen.«
    »Damit könntest du recht haben, aber bedenke, von dort fahren Schiffe in alle Richtungen. Ich möchte dich nicht entmutigen, aber sie könnten jetzt sonst wo sein.«
    »Auch das weiß ich, doch wenn ich nichts tue, werde ich ihr auch nicht helfen können, und vielleicht habe ich ja Glück.«
    »Gegen diese Entschlossenheit vermag ich nichts zu sagen. Und ich verstehe dich. Wäre es meine Frau, ich würde hier auch nicht länger herumsitzen und warten.«
    »Der Medicus meinte, dass die Wunde gut verheilt ist. Ich werde morgen früh aufbrechen.«
    »Ich stell dir eine Kutsche und ein paar Männer zur Verfügung. Somit bist du schneller und hast Hilfe, falls du sie brauchst.«
    Claas nickte. »Danke.«
    »Ich habe übrigens jemanden mitgebracht, der mich in den letzten Tagen mehrfach bedrängte, euch zu helfen.«
    Claas sah auf. »So, wen denn?«
    »Warte.« Hemeling ging zur Tür und winkte jemanden herein. Als Friedrichs im Zimmer erschien, verschlug es Claas für einen Moment die Sprache. Mit allen anderen hätte er gerechnet, aber nicht mit ihm.
    »Claas.« Mit schnellen Schritten war der große Mann bei ihm und schüttelte seine Hand. Sein Lächeln war offen und ehrlich, und Claas erwiderte den Handschlag.
    »Ich hörte, was euch widerfahren ist, und habe unseren Ratsherren lange bedrängt, euch helfen zu dürfen. Das heißt, wenn ihr meine Hilfe wollt. Ich bin nie so gut gewesen wie Jacob, das wisst ihr, aber hier und da stelle ich mich geschickt an.«
    »Das kommt wirklich gelegen, doch weiß ich nicht, wie wir dich entlohnen sollen.«
    Hemeling winkte ab. »Eurer Familie ist wegen der Figur so viel Leid geschehen, dass es selbstverständlich ist, dass ich ihn entlohne.«
    Das war wirklich gerissen vom Ratsherren. So war die Arbeit gesichert, falls Claas nicht zurückkehren würde. Aber es war gut so, dann konnte er in Ruhe nach Anna suchen, und die Statue würde ebenfalls weiter bearbeitet. Friedrichs kannte sich aus.
    Als Magda Olde von Claas’ Vorhaben erfuhr, war sie erfreut, dass es ihm gut genug ging, um Anna zu suchen. Magdas Schwester war da und kümmerte sich um sie, auch Thea umsorgte die gebeutelte Frau.
    Claas und seine Brüder erklärten Friedrichs, was an der Statue als Nächstes zu tun war, und dieser versprach, sein Bestes zu geben. Als Friedrichs ihn auf den Sockel ansprach, sagte Claas, dass er den selbst machen wolle.
    Dann packte er seine Sachen.
    ***
    Heute war Annas zwanzigster Geburtstag. Sie hatte nie damit gerechnet, ihn fernab ihrer Familie und bei einem Wahnsinnigen zu verbringen.
    Bereits seit einer Woche lebte sie mit Heinrich in dem kleinen Haus auf Helgoland. Seit er sie am ersten Abend allein zu Britta geschickt hatte, ließ er sie nirgendwo mehr hingehen. All ihre Versprechen, nicht wegzulaufen, nützten nichts. Abends, wenn sie sich schlafen legten, wurde sie von ihm gefesselt. Auch wenn er ihre Bleibe verließ, fesselte und knebelte er sie im Bett ihrer Butze. Während er fort war, hatte Britta zweimal an die Tür geklopft und leise nach Anna gerufen, doch sie konnte sich nicht bemerkbar machen.
    Heinrich war früh an diesem Morgen fortgegangen und noch nicht zurückgekehrt. Die Glocke der kleinen Kapelle auf den Klippen läutete zur Hora Tertia, und langsam fragte sie sich, wo er sein mochte. Ihre Handgelenke waren bereits vom dauernden Fesseln wund gescheuert und schmerzten von dem strammen Seil. Sie versuchte, eine entspanntere Haltung einzunehmen. Viel Platz hatte sie nicht, und es dauerte eine Weile, bis sie eine sitzende Position erreicht hatte. Mit den Ellenbogen schob sie ihren Umhang zurecht und legte ihren Kopf darauf. Doch nun wurde sie von einem Sonnenstrahl geblendet, der durch den Schlitz der Fensterläden fiel. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, auf ihrer Wiese an der Weser zu liegen und mit Claas Schach zu spielen. Aber das Wohlbefinden, das sie dort immer gefühlt hatte, wollte sich hier nicht einstellen.
    Anna hörte Schritte. Die Tür wurde aufgesperrt, und Heinrich trat ein. »Verzeih, dass ich mich verspätet habe, doch da waren Männer von einem Handelsschiff, die meinten, ein richtiger Helgoländer müsse bereits am Morgen einen Selbstgebrannten vertragen.«
    Anna war überrascht, wie schnell er sich in das einfache, wenn nicht gar sündige Leben ohne die Kirche einfand. Denn die Messe

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