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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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noch schlechteren Zustand. Die Tür hing schief in den Angeln, der Dachbalken war rußgeschwärzt, die Fensterläden waren eingeschlagen oder nicht mehr vorhanden. Durch die kaputte Tür konnte man auch einen Blick ins Innere erhaschen, ohne hineingehen zu müssen.
    Aber auch drinnen sah es wüst aus. Kaputte Möbelstücke lagen herum, und es starrte vor Dreck.
    »Das?« Heinrichs Entsetzen war nicht gespielt.
    »Joa. Was anderes findeste hier nicht, höchstens im Stall von Fokko.«
    Heinrichs Hände öffneten und schlossen sich unentwegt, und sein Kiefer mahlte. Britta beobachtete ihn grinsend und zog eine Augenbraue nach oben. Anna war gespannt, was geschehen würde, und gab sich unbeteiligt.
    »Nun, schön, dann nehmen wir es. Gibt es wenigstens jemanden im Dorf, der uns beim Herrichten hilft?«
    »Gegen Bezahlung sicher. Ich kann dir die Heike schicken. Die is ’n bisschen dumm, kann aber gut mit anpacken.«
    »Dann schick sie bitte her. So können wir hier nicht leben.«
    Britta kicherte und nickte. »Klar.« Damit eilte sie davon.
    Heinrich wartete mit finsterer Miene, bis sie außer Hörweite war, ehe er sprach: »Es tut mir leid, Anna. Das habe ich mir anders vorgestellt, aber wir werden das Beste daraus machen. Morgen besorg ich einen Handwerker, der Tür und Fenster repariert. Komm.«
    Er ging voran, entfernte dabei die dicken Spinnweben in der Tür, und Anna folgte ihm hinein.
    Es sah aus, als hätte die ganze Schlacht in diesem Haus getobt. Zerschlagenes Geschirr, abgebrochene Stuhlbeine, eine aufgerissene Federdecke.
    »Ich glaube trotz allem, dass wir hier sehr glücklich werden.« Sanft strich er ihr über die Wange.
    Anna drehte sich angewidert von ihm weg und hob die Stücke eines zerschlagenen Kumps auf.
    »Glücklich mit dir? Das erwartest du wirklich?«
    »Ja, und deine Mutter auch.« In seinem Blick lag ein bedrohliches Funkeln.
    »Hier gibt es viel zu tun, wenn du bleiben willst«, sagte sie.
    »Wenn wir hier bleiben wollen. Aber recht hast du.«
    Sie begannen, die erhaltenen Möbel wieder aufzustellen oder zurechtzurücken, und brachten die unbrauchbaren Sachen nach draußen. Schon kam ein junges Mädchen angerannt. Es trug ein einfaches braunes Wollkleid und hatte rote Zöpfe, die beim Laufen hüpften.
    »Taaag«, sagte sie. »Britta schickt mich.«
    »Du bist also die Heike. Willst du uns helfen, hier etwas Ordnung herzustellen?«
    »Jaaa.«
    Anna lächelte das Mädchen freundlich an. »Heike, wir haben keine Talglichter, weißt du, woher wir welche bekommen können?«
    »Jaaa. Britta macht welche.«
    Anna warf Heinrich einen fragenden Blick zu.
    »Geh nur und nimm ein paar Münzen mit. Vielleicht kann sie dir auch etwas zu essen verkaufen«, sagte er.
    Heinrich drückte ihr zwanzig Pfennig in die Hand und nickte, wobei sie in seinen Augen eine Warnung zu lesen glaubte.
    Es war das erste Mal, dass Anna von ihm unbeobachtet war, seit er sie aus Bremen verschleppt hatte. Als sie auf das Haus von Britta zuging, überlegte sie wegzulaufen. Doch wohin sollte sie gehen? Dies war eine Insel, und jetzt am Abend würde mit Sicherheit kein Schiff mehr fahren. Wenn Heinrich ihr jetzt bereits vertraute, würde sich bestimmt eine bessere Gelegenheit bieten; sie musste nur warten.
    Kurz darauf klopfte sie, und Britta selbst öffnete.
    »Verzeih bitte die erneute Störung, aber wir brauchen Talglichter und etwas zu essen. Kannst du uns ein paar Kleinigkeiten verkaufen?«
    Britta lächelte sie offen an, und Anna empfand Sympathie für diese Frau. »Du kannst ja doch sprechen, ich dachte, du wärst stumm. Mit Talglichtern kann ich dich totschmeißen, wenn es sein müsste, und was das Essen angeht …« Sie runzelte die Stirn. »Aber komm herein.«
    Unsicher sah Anna zum Haus zurück, in dem Heinrich und Heike aufräumten. Niemand war zu sehen, darum trat sie ein. Sven war nicht da. Anna musste lächeln. Vermutlich verbreitete er die Kunde von den Neuankömmlingen.
    Das Häuschen bestand aus zwei Räumen. Im vorderen Zimmer standen ein zerwühltes Bett, zwei große Truhen, ein Schrank und ein Tisch. Als Sitzgelegenheit dienten strohgefüllte Säcke.
    »Scheinst aber mächtig Angst vor deinem Kerl zu haben, ne?«
    »Nein, nicht direkt Angst, aber er kann sehr aufbrausend sein.«
    »Er muss ja was Gewaltiges angestellt haben, wenn es euch hierher verschlägt.« Sie begann, in einer Holzkiste zu wühlen.
    Anna war überrascht, wie aufmerksam Britta die Menschen wahrnahm. Auch wenn sie es gern wollte, sie durfte

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