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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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hatte er hier noch nicht besucht.
    Er beugte sich über sie, und seine Alkoholfahne schlug ihr entgegen. Angewidert drehte sie den Kopf zu Seite.
    »Ekelst du dich so sehr vor mir?« Seine Lippen wurden zu einem schmalen Strich, und er setzte sich auf die Bettkante. »Komm, lass mich die Fesseln lösen.«
    Langsam drehte sie sich wieder zu ihm um, und er nahm ihr auch den Knebel aus dem Mund. Seine glasigen Augen suchten die ihren. Er musste dem Alkohol sehr zugesprochen haben, denn selbst im Sitzen wankte er leicht.
    »Anna«, hauchte er, und seine Lippen näherten sich ihr.
    »Wage es nicht«, fauchte sie, und er erstarrte.
    »Wagen?« Er lachte. »Du solltest nett zu mir sein. Immerhin habe ich soeben eine Botschaft an Rudolfus geschickt und ihm versichert, dass alles in Ordnung ist. Damit wird er deiner Mutter vorerst nichts zuleide tun.«
    Erschrocken sah sie ihn an, und er schien sich daran zu weiden. Sie hasste ihn dafür. Seine Nähe war für sie unerträglich, und so rückte sie demonstrativ an die Wand.
    »Verwehre dich mir nicht.« Er kroch auf ihr Bett und zog sie am Arm zu sich her.
    »Lass mich, Heinrich, oder willst du, dass wir zu Sündern werden?« Sie hoffte, mit ihren Worten den letzten Funken Anstand zu erreichen, den er vielleicht noch besaß; immerhin war er ein Priester.
    »Sind wir das nicht schon längst? Kannst du dir nicht vorstellen, welch lüsterne Gedanken du in mir weckst?«
    »Das war nie meine Absicht.«
    Er berührte sie fordernd an der Schulter, riss dann mit einem Ruck ihr Kleid auf. Gierig starrte er auf ihre nackten Brüste und leckte sich die Lippen.
    Anna war bemüht, sich zu bedecken, und hielt sich ihren Umhang vor die Blöße. Sein Gesicht zeigte Enttäuschung. »Bitte nicht, Heinrich«, flehte sie wimmernd.
    Er kam noch näher. Sein Mund streifte ihre Wange. Dann umfasste er ihre Handgelenke mit einer Kraft, dass sie glaubte, sie würden brechen. Brutal warf er sich auf sie.
    »Anna, sei endlich die Meine«, gierte er und presste seinen Unterleib gegen den ihren.
    »Niemals!« Sie spürte seine widerwärtige Erregung an ihren zusammengepressten Schenkeln. Verzweifelt schlug sie nach ihm und wand sich unter seinem Griff, doch er war zu stark. Mit einem Handstreich spreizte er ihre Beine auseinander, drängte sich mit seinem Bein dazwischen. Anna schrie, bäumte sich auf, und dann stach sie ihm den Finger ins Auge. Für einen Moment ließ seine Zudringlichkeit nach, und sie konnte ihr Bein unter seinen Körper bekommen. Bewusst trat sie zu. Sie traf seine empfindsame Stelle, die unter der Kraft ihres Knies nachgab. Heinrich heulte auf und rollte mit schmerzverzerrter Miene vom Bett. Die Hände vergrub er zwischen seinen Beinen, und sein Gesicht lief rot an. Anna schnappte sich ihren Umhang, sprang über ihn hinweg und rannte zur Tür.
    Nach Luft schnappend rief er ihr nach: »Bleib stehen!«
    Draußen sah Anna sich hektisch um. Sollte sie zu Britta laufen und ihr alles erzählen? Würde sie ihr glauben?
    Annas Blick fiel auf den kleinen Hafen. Seeleute beluden ein Handelsschiff, indem sie Säcke und Kisten über den Steg schleppten. Etwas rumpelte hinter ihr in der Hütte. Zu gefährlich. Sie nahm den entgegengesetzten Weg und rannte, so schnell sie konnte, ohne zurückzusehen. Im Laufen zog sie ihren Umhang über und suchte in der Tasche nach dem Geld. Viel war es nicht, doch vielleicht würde es sie von der Insel fortbringen. Sie ertastete zwei Münzen. Die zwanzig Pfennig waren noch da. Und sie fühlte noch etwas Kaltes, Raues: das Messer.
    Der sandige Untergrund der Dünen machte das Vorankommen schwer, doch sie stolperte weiter und weiter. Einige Basstölpel begleiteten sie mit lautem Geschrei, beinahe als würden sie lachen. Dann endete ihre Flucht abrupt. Überall um sie herum waren jetzt die großen Vögel, die empört mit den Flügeln schlugen. Anna stand am Rand einer steilen Klippe, sah hinunter, suchte nach einem Weg, aber hier war kein Weiterkommen möglich. Sie musste zurück.
    Als sie sich umdrehte, erstarrte sie. Heinrich war bereits ganz nah. Der Sand und das Geschnatter der Vögel hatten die Geräusche seiner Schritte verschluckt. Sein Gesicht war von Hass gezeichnet. Beschwichtigend hob Anna die Hände, doch mit einem Sprung stürzte er sich auf sie. Gefährlich nahe an den Klippen gingen sie beide zu Boden. Zielsicher umschlossen seine Hände ihre Kehle, er drückte zu. Erneut überkam sie eine Welle der Panik.
    »Das … hättest du … nicht tun

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