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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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darum.«
    »Achte nur gut auf dich, dann wird dein Kind gesund zur Welt kommen.«
    »Was wirst du sagen, was mir fehlt?«
    »Eine schwere Magenverstimmung. Daran leiden im Moment viele.«
    »Danke.« Anna hoffte nur, dass auch Thea es glauben würde.
    ***
    Anna wurde in dieser Woche umsorgt und verwöhnt. Einzig Thea schien nicht von ihrer Krankheit überzeugt zu sein. Anna spürte, dass sie von der Magd genau in Augenschein genommen wurde, doch was immer sie auch dachte, sie verlor darüber kein weiteres Wort. Mit schlechtem Gewissen hatte Anna die Fürsorge hingenommen und sich mehrmals gefragt, ob sie ihrem ungeborenen Kind einen Gefallen tat, wenn sie es zur Welt bringen würde. Es würde als Bastard geboren, geschmäht und verachtet. Wie würde ihre Mutter reagieren, wenn man sehen konnte, wie es wirklich um sie stand?
    »Wenn es dir gut genug geht, kannst du dann ein paar Äpfel schneiden, während wir weg sind?«, fragte ihre Mutter vorsichtig, als sie fertig für die Kirche an Annas Bett stand.
    »Natürlich geht es mir gut genug dafür, aber ich würde gern mitgehen.«
    »Nein, Mechthild sagte, du musst noch zwei Tage ruhen, und das solltest du auch tun. Du kannst auch nach deiner Genesung zur Messe gehen.« Ihre Mutter strich Anna über das Haar. »Wirst du dich nicht allein fühlen, wenn wir weg sind?«
    »Nein. Der Graf und die Gräfin werden mir Gesellschaft leisten. Außerdem ist Bertram da.«
    Anna kraulte ihrer Katzendame den Bauch, die es schnurrend dankte. Träge lag sie auf ihrer Decke, streckte sich genüsslich und gähnte. Sie war fett und faul geworden, und man musste täglich damit rechnen, dass ihre Jungen zur Welt kamen. Würde sie ebenso fett und faul werden? Anna schob den Gedanken fort.
    »Dann gehen wir jetzt. Mach nicht zu viel. Ein paar Äpfel schneiden und dann wieder ins Bett.« Der mahnende Zeigefinger war erhoben.
    »Ja, Mutter.« Anna lächelte. »In ein paar Tagen kann ich wieder arbeiten, da wird mir ein Gang in die Küche sicher nicht schaden.«
    »Solange du deinen Magen schonst und keine Leckereien in dich hineinstopfst.« Damit verließ Magda Olde das Zimmer.
    Sobald Anna die Eingangstür hörte, schwang sie sich aus dem Bett und lugte aus dem Fenster zur Gasse. Ihre Mutter, Thea, Claas und Klaus gingen gut gekleidet in Richtung St. Petri davon. Bis auf Bertram waren nun alle fort. Sicher war er in seiner Kammer und würde nicht mitbekommen, wenn sie sich ein Stückchen von dem Hasen gönnte, den Thea gemacht hatte. Seit Tagen hatte sie sich nur von Hühnerbrühe und etwas Obst ernährt.
    Barfuß und auf spitzen Zehen schlich sie die Treppe hinunter. Im Innenhof blieb sie erstaunt stehen. Das Wappen, an dem sie noch zu arbeiten hatte, hing an Seilen befestigt und mit dem Flaschenzug verbunden in der Luft. Genau vor der Brust des Roland hatten die Männer es platziert. Ohne die Seile hätte man angenommen, dass es dort bereits befestigt war.
    Wie schön die Figur doch geworden war. Ein leiser Seufzer kam über Annas Lippen. Mit ein klein wenig Stolz betrachtete sie das Werk, an dem so viel Schweiß und Blut klebte. Der Kopf war ebenfalls vertäut und hing über der Brust. Unterhalb fehlten die Beine und der Sockel. Letzterer war für alle verborgen in einer Ecke des Hofs untergebracht, und bisher wusste nur Claas, wie er aussah. Alle waren gespannt, was er dort so geheimnisvoll schuf.
    Sie riss sich von dem Anblick los und ging in die Küche. Schon beim Eintreten roch sie den würzigen Braten. Anna schloss die Augen und atmete tief ein. Lächelnd überlegte sie sich, dem Duft blind zu folgen, um zu dem Leckerbissen zu gelangen. Mit weit ausgestreckten Armen machte sie einen Schritt, drehte schnüffelnd den Kopf hin und her und tat einen weiteren Schritt in die Richtung, in der sie ihn wähnte. Ihr Lächeln vertiefte sich, denn der Duft wurde intensiver. Sie war auf der richtigen Fährte. Wieder ein Schritt.
    »Aua!« Mit dem Fuß war sie gegen etwas Hartes gestoßen. Enttäuscht öffnete sie die Augen. Ein Schemel stand im Weg und war schuld an ihrem schmerzenden Zeh. »Pest und Pickel!« Sie bückte sich und rieb die pochende Stelle. Es war der gleiche Zeh, den sie sich damals auf dem Schiff gestoßen hatte, und für einen Moment kehrte die Erinnerung an das Geschehen zurück. Energisch verscheuchte sie die düsteren Gedanken.
    Auf dem Tisch stand der abgedeckte Braten, verborgen unter einem Tuch. Anna lupfte es, und eine braune Kruste kam zum Vorschein. Von der Brust brach

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