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Rolandsrache

Rolandsrache

Titel: Rolandsrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Riedt
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ein. Am Rande nahm sie wahr, wie schlimm er aussah, aber sie blieb nie lange genug wach, um mit ihm zu sprechen.
    In ihren Träumen tauchte ihr Vater auf, der sie ermahnte, bei ihrem Mann zu bleiben. Sie sah Gudrun in der Kirche, die ihr drohte, sie solle die Finger von ihrem Priester lassen. Heinrichs Gesicht tauchte vor ihr auf.
    Nach sieben Tagen wurden die Momente, in denen sie wach war, immer länger. Anna ahnte, dass sie nach der letzten Begegnung mit Heinrich in noch größerer Gefahr waren als zuvor, doch sie war nicht in der Lage, etwas dagegen zu tun. Sie versuchte, über alles nachzudenken. War Heinrich wirklich der Mörder ihres Vaters? Hatte er versucht, die Statue und damit ihre Familie zu zerstören? Was trieb ihn dazu an? Niemand hatte ihm etwas getan. Sie kannte ihn so viele Jahre. Gut, sie hatte ihn als junges Mädchen abgewiesen, aber konnte das der Grund sein?
    Nach weiteren drei Tagen verlangte Mechthild, dass sie aufstand, damit ihr geschwächter Körper wieder zu Kräften kam. Anfangs fiel es Anna schwer, doch mit jedem Schritt, den sie tat, ging es besser. Seit sie nicht mehr im Fieber lag, hatte sie Claas nicht mehr gesehen. Er schlief seit ihrer Krankheit in der Kammer seiner Brüder und war am Tage arbeiten oder fort.
    Jetzt saß Anna mit ihrer Mutter in der Küche und beobachtete sie beim Kochen. »Es tut gut, nicht mehr im Bett liegen zu müssen. Weiß Mechthild, was dieses Fieber verursacht hat?«
    »Sie sagte, du hattest eine Lungenentzündung.«
    »Mir war ein paarmal schwindelig, meinst du, das hing damit zusammen?«
    »Ja, und du bist immer noch sehr schwach.«
    »Lass mir nur ein paar Tage, und ich bin wieder die Alte. Bei deinem guten Essen sollte das nicht lang dauern.« Sie zwinkerte, und ihre Mutter lächelte, wurde aber sofort wieder ernst.
    »Claas hat beinahe rund um die Uhr an deinem Bett gewacht. Hat keinen Handschlag mehr an der Figur getan, nur hin und wieder seinen Brüdern und Hemelings Männern Anweisungen gegeben.«
    Also war es kein Fiebertraum gewesen, er war wirklich da, als es ihr schlecht ging. Sie wusste nun, dass es ein Fehler war, die Aufhebung ihrer Ehe zu verlangen.
    »Ich weiß, Mutter. Ich werde so schnell wie möglich mit ihm sprechen, und wenn er noch will, gehen wir zum Erzbischof und machen unser Ersuchen rückgängig.« Sie hoffte, dass diese Entscheidung auch ihre Mutter versöhnen würde, doch sie reagierte anders, als Anna erwartet hatte.
    »Deine Einsicht kommt zu spät. Aber am besten, ich schicke dir Claas, er wollte sowieso mit dir reden.« Damit verließ sie das Zimmer.
    Ungeduldig wartete Anna und überlegte, was »zu spät« bedeuten konnte. Wollte Claas sie jetzt nicht mehr, hatte sie zu lange an dem Vorhaben festgehalten, nicht sein Weib zu sein? Hatte sie selbst ihn so sehr abgeschreckt? Oder würde er gar fortgehen, weil er genug hatte? Anna mochte nicht weiter daran denken.
    Kurz darauf betrat ein staubiger Claas die Küche.
    »Schön, dass es dir besser geht.«
    »Ich danke dir dafür, was du für mich getan hast. Mutter sagte, dass du mit mir reden wolltest.« Annas Herz schlug heftig, und sie versuchte, ihre Finger unter Kontrolle zu bekommen, die unentwegt mit dem Zipfel der bestickten Tischdecke spielten.
    Claas holte etwas aus dem Schrank, setzte sich und schob ihr ein Dokument hin. Anna nahm an, dass es die Urkunde vom Kaiser sei, und faltete es in freudiger Erwartung auseinander. Sie begann zu lesen und erkannte, dass es ein Schreiben des Erzbischofs war, das besagte, dass sie nun keine Eheleute mehr waren. Schneller als erwartet hatte er der Annullierung zugestimmt. Achtlos ließ sie es auf den Tisch fallen.
    »Dann gilt es jetzt.« Sie konnte die Enttäuschung in ihrer Stimme nicht verbergen und sah, dass es Claas verwirrte.
    »Ich dachte, es ist das, was du wolltest.«
    Sie konnte keine Bitterkeit aus seinen Worten heraushören, obwohl sie es erwartet hatte, er klang einfach nur traurig. Am liebsten hätte Anna ihn in den Arm genommen, doch es war ihr unmöglich, denn schließlich war es ihre Schuld.
    »Wann ist die Urkunde gekommen, und wer hat sie gebracht?«
    »Als du vier Tage im Fieber lagst, kam dieser Heinrich und gab sie ab. Er hat sich nach dir erkundigt und war sehr erschüttert, als er von deiner Krankheit hörte. Täglich schickt er seitdem einen Novizen, der ihm berichten soll, wie es dir geht.«
    Heinrich war hier gewesen. Eine Gänsehaut lief über ihren Rücken, und sie zog fröstelnd den Umhang enger. Claas

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